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09.02.2000 11:16

"Wem gehören die Organe?"

Dr. Gerhard Trott Medien und News
Universität Bielefeld

    "Wem gehören die Organe?"

    Vortrag von Prof. Dr. Hartmut Kliemt, Duisburg
    am Donnerstag, 17. Februar 2000, 18.00 Uhr

    Plenarsaal des Zentrums für interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld

    Transplantierbare Organe sind Mangelware. Wenn ein Organ zur Verfügung steht, muß entschieden werden, wer von den vielen Menschen, die auf den Wartelisten stehen, das Organ erhalten soll - und wer nicht. Derartige Rationierungsentscheidungen sind moralisch schwierig. Wer soll sie treffen? Der einzelne Arzt? Ein unabhängiges Gremium? Nach welchen Kriterien?

    Eins der vielen moralischen Probleme, die sich dabei stellen, ist das Solidaritätsproblem. Kein Mensch ist dazu verpflichtet, seine Organe im Fall des Todes zur Transplantation freizugeben. Die Organspende ist moralisch wünschenswert, aber keine Gerechtigkeitspflicht. Es ist nicht ungerecht, nicht spenden zu wollen. Was aber, wenn einer, der selbst nicht spenden will, in die Lage kommt, ein Organ zu benötigen? Soll er die gleichen Chancen haben wie ein anderer Mensch, der spendenbereit ist? Oder wäre das unsolidarisch?

    Das deutsche Organtransplantationsgesetz legt fest, daß die Zuteilungsentscheidung allein nach medizinischen Kriterien zu geschehen hat. Eine Entscheidung nach rein medizinischen Kriterien ist aber letztlich gar nicht durchführbar, und de facto wird ganz anders entschieden. Viele Entscheidungen werden von den Ärzten vor Ort nach nicht weiter explizierten Kriterien getroffen; bei sehr wenigen Organen ist das Verfahren objektiviert.

    Eine Besonderheit ist das Verfahren bei der Zuteilung von Nieren. Es geschieht hierzulande nach den Richtlinien der Eurotransplant, einem Zusammenschluß von Transplantationszentren verschiedener europäischer Länder. Dabei wird ein Verfahren zugrundegelegt, das verschiedene objektive Kriterien zu einem Punktwert kombiniert. Der Patient mit dem höchsten Punktwert erhält das Organ; den Ärzten bleibt keine eigene Entscheidungsfreiheit. Die wichtigsten Kriterien nach diesem sogenannten "Wujciak-Opelz-Algorithmus" sind die Gewebeübereinstimmung des Patienten mit dem zur Verfügung stehenden Organ und die Länge seiner Wartezeit.

    In diesen Algorithmus gehen auch die Austauschbilanzen der beteiligten Länder ein: Länder, die selbst viel gespendet haben, erhalten auch mehr Organe. Dies ist das kollektive Äquivalent des Solidaritätsprinzips auf der Ebene der Individuen.

    Professor Kliemt wird in seinem Vortrag dartun, daß das derzeit praktizierte Gesamtsystem der Verteilung von Organen irrational, contra legem (also rechtswidrig), ungerecht und in hohem Maße ineffizient ist. Er wird auch darstellen, wie man das System auf einfache Art schrittweise verbessern kann.

    Im letzten Teil des Vortrags geht es dann um die Details des "Wujciak-Opelz-Algorithmus". Es handelt sich um ein Verfahren der Entscheidungsfindung (choice making), das Gegenstand von Untersuchungen in der derzeitigen Forschungsgruppe "Making Choices" am Zentrum für interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld ist.

    Der Vortrag ist öffentlich und richtet sich an ein breites Publikum. Wir laden herzlich dazu ein.

    Kontakt: Prof. Dr. Hartmut Kliemt, Telefon (privat): 0211/758 222, E-Mail: Hartmut.Kliemt@t-online.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Philosophie / Ethik, Religion
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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