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09.02.2000 11:32

Hessische Hochschulpräsidenten zum HHG-Entwurf

Sabine Gerbaulet Science Communication Centre - Abteilung Kommunikation
Technische Universität Darmstadt

    Als Reaktion auf den von der Hessischen Landesregierung vorgelegten Referentenentwurf zu einem neuen Hessischen Hochschulgesetz (HHG) hat die Konferenz Hessischer Universitätspräsidenten (KHU) unter dem Vorsitz des Präsidenten der TU Darmstadt, Prof. Dr.-Ing. Johann-Dietrich Wörner, folgende Stellungnahme erarbeitet:

    Stellungnahme der KHU zum Referentenentwurf des HHG vom Dezember 1999

    Die KHU erkennt den Willen des Gesetzgebers, durch einen Paradigmenwechsel die Leitungsstruktur an hessischen Hochschulen zu verändern. Insofern werden auch die in § 37 ausgedrückten Grundsätze bejaht, soweit sie die Trennung zwischen Leitungs- und Aufsichtsfunktionen, die Zurechenbarkeit von Verantwortung und die doppelte Legitimation betreffen. Ein Maßstab in der Beurteilung des Referentenentwurfs muss deshalb auch die sachgerechte Umsetzung dieser Prinzipien sein.

    Die KHU orientiert sich in ihrer Bewertung des im Dezember 99 vorgelegten Referentenentwurfs zur Novellierung des Hessischen Hochschulgesetzes insbesondere an den von der Landesregierung in Koalitionsvereinbarung und Regierungserklärung formulierten Zielen:

    Zu den Merkmalen bundesweiter Reformbestrebungen gehört die Neubestimmung zwischen Staat und Hochschule. Auch in Hessen wollen daher die Koalitionspartner den Hochschulen möglichst große Freiräume eröffnen und ihre institutionelle Autonomie zu stärken. (Koalitionsvereinbarung)

    Der Staat wird sich aus der Fachaufsicht und der Detailsteuerung der Hochschulen zurückziehen und sich auf die Rechtsaufsicht beschränken. (Regierungserklärung vom 22.4.99)

    Die Verwirklichung dieses Anspruchs muss als Maßstab an das Gesetz gelegt werden. Zugleich aber muss geprüft werden, ob die gefundenen Regelungen auf der jeweiligen Ebene sachgerecht sind und dem Wesen einer Universität entsprechen, das auf Kollegialität, Sachverstand und Akzeptanz in allen Gruppen der Universität gegründet ist.

    Unter Zugrundelegung der oben genannten Maßstäbe sind die Funktion des Senats und die ihm zugewiesenen Aufgaben kritisch zu prüfen. In der derzeitigen Konstruktion, die dem Präsidium den Senat mit eigenständigem Vorsitzendem und dem Recht der Entscheidung über die Entwicklungsplanung gegenüberstellt, ist durch überschneidende Kompetenzen (z.B. Zielvereinbarungen gegen Entwicklungsplanung), unabhängige Autoritäten (Präsident gegen Senatsvorsitzenden) und unklare Trennung von Entscheidungs- und Aufsichtskompetenzen des Senats eine Quelle potenziell schwerwiegender und lähmender Konflikte zu sehen.

    Wenn der Senat Aufsichtsorgan sein soll, und die Führung der Universität beim Präsidium liegt, so können Aufgaben der strategischen Führung nicht von der Leitungsfunktion und den operativen Entscheidungen getrennt werden. In keinem Unternehmen ist es denkbar, dass strategische Planungen in der Aufgabenteilung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat nicht beim Vorstand angesiedelt sind. Operative und strategische Planung können nicht wie in § 37 getrennt werden, sondern sind ineinander übergehende Aufgaben. Deswegen muss die Initiative der Entwicklungsplanung beim Präsidium verankert sein, da auch nur hier eine enge Abstimmung mit der Planung der Zielvereinbarungen möglich ist. Selbstverständlich ist die Entwicklungsplanung vom Senat zu bestätigen. Schließlich gehören auch Berufungen zu den wichtigsten Entscheidungen der Hochschulentwicklung. Hier ist dem Präsidenten das Recht zum Sondervotum im Hinblick auf die Entscheidung des Senats einzuräumen, ebenso wie ihm das Recht der Beanstandung hochschulpolitischer nicht tragbarer Beschlüsse eingeräumt werden sollte.

    Soll der Senat jedoch tatsächlich das höchste Gremium der Universität sein, das endgültige Entscheidungen trifft, kann die Trennung der Leitung des Senats durch einen eigenen Vorsitzenden von der Leitung der Universität im Präsidium zu widerstrebenden Entscheidungen und Konflikten führen. Die Leitung eines Entschei-dungsorgans im Gegensatz zu der eines Kontrollorgans darf nicht von der Leitung der Universität getrennt werden. Gerade die Aufgabe des Präsidiums, die zeitgerechte innere und äußere Entwicklung der Universität gemeinsam mit den Organen, den Fachbereichen, den Mitgliedern und Angehörigen zu fördern, erfordert eine einheitliche Leitung der daran beteiligten Organe, insbesondere aber des einzigen Organs, in dem die Mitgliedsgruppen der Universität repräsentiert sind.

    Die KHU ist der Auffassung, dass ein Mitglied des Präsidiums den Vorsitz im Senat innehaben sollte. Zu den Aufgaben des Senats gehört die Entwicklungsplanung auf Vorschlag des Präsidiums. Weiterhin kann zu den im Referentenentwurf genannten Aufgaben auch die Stellungnahme des Senats zu dem vom Präsidium aufgestellten Wirtschaftsplan aufgenommen werden.

    Die erheblich eingeschränkte Rolle der Wahlversammlung wird eine sachgerechte Entscheidung bei Wahlen erschweren. Kontrollorgan und Wahlorgan sind getrennt, was in parlamentarischen Strukturen unüblich ist. Das Organ, das den Präsidenten und die Vizepräsidenten wählt, sollte auch den Rechenschaftsbericht des Präsidiums entgegennehmen und beraten. Entstehung und Amtszeit des Organs sind im Gesetz zu regeln.

    Hinsichtlich der Aufgabenverteilung im Präsidium zwischen Präsident, Vizepräsidenten und Kanzler spricht sich die KHU dafür aus, die Entscheidung über die Zuordnung ggf. mit klarem Ressortprinzip in die Kompetenz des Präsidiums zu geben.

    Die Regelungen auf der Fachbereichsebene sind auf ihre Funktionalität und auch auf ihre Akzeptanz hin zu überprüfen. Die doppelte Funktion des Dekans in der Leitung des Fachbereichs und als Vermittler zwischen Fachbereich und Hochschulleitung verlangt eine starke Verankerung und hohe Akzeptanz im Fachbereich. Die Wahl des Dekans sollte den Fachbereichen überlassen sein. Dem Prinzip der doppelten Legitimation in Leitungsfunktionen kann dadurch Rechnung getragen werden, dass die Wahl des Dekans durch das Präsidium bestätigt wird. Die im Referentenentwurf vorgesehene Trennung zwischen Dekan und Fachbereichsleitung wird von der KHU unter Berücksichtigung der Bedeutung der Aufgaben der Dekane und die notwendige Akzeptanz der Beschlüsse auf dieser Entscheidungsebene nicht als sinnvoll angesehen. Eine Verankerung des Dekans im Fachbereichsrat würde helfen, Konflikte zu vermeiden, und deren Vermittlungsfähigkeit zwischen Hochschulleitung und Fachbereichen erhöhen. In diesem Sinn plädiert die KHU für die Streichung des § 41a und Aufnahme der dort beschriebenen Aufgaben in die Regelungen des § 41 Präsidium.

    Die KHU unterstützt ausdrücklich die von der Hessischen Landesregierung angestrebte Selbstständigkeit der Hochschulen. Um diesem Ziel näher zu kommen, sieht die KHU in dem vorgelegten Referentenentwurf eine Reihe von Änderungsnotwendigkeiten. Als Beispiel werden hier die Regelungen in § 91 (5) zum Verhältnis Zielvereinbarungen und Zielvorgaben genannt. Zielvereinbarungen sollen das Verhältnis zwischen einzelnen Hochschulen und dem Land regeln, während Zielvorgaben allenfalls als Instrument des Landes in der Aufgabe der Planung und Gestaltung des gesamten Hochschulangebotes des Landes dienen sollten. Zielvorgaben dürfen nicht als Instrument der Regelung von Angelegenheiten einzelner Hochschulen individuelle Eingriffe in die Autonomie der Hochschulen ermöglichen.

    Die Konferenz Hessischer Universitätspräsidenten konzentriert sich in dieser Stellungnahme auf wenige, ausgewählte Aspekte und wird im Rahmen der weiteren Diskussion über die Gesetzesnovellierung Änderungsvorschläge zu einzelnen Punkten einbringen.

    he, PM 9/2/2000 vom 9.2.2000


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    regional
    Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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