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14.02.2000 17:34

Auf der Suche nach einem Impfstoff gegen AIDS -

Dipl.Pol. Justin Westhoff UKBF-Pressestelle / MWM-Vermittlung
Universitätsklinikum Benjamin Franklin

    UKBF-Forscher experimentieren mit "dendritischen Zellen"
    Mediendienst Nr. 66 - Aus der Forschung - 14.2.2000

    Ist es möglich, einen Impfstoff (Vakzine) gegen den Erreger von AIDS - das Humane Immundefekt Virus (HIV) - zu entwickeln, in dem man Menschen bestimmte Immunzellen entnimmt, diese mit HIV-Bestandteilen "auflädt" und zurück injiziert? Dieser Frage gehen Forscher vom Institut für Infektionsmedizin des Universitätsklinikums Benjamin Franklin (UKBF) der FU Berlin in einem von der Europäischen Gemeinschaft auf zunächst drei Jahre geförderten internationalen Projekt experimentell nach. Dabei arbeiten sie mit Rhesus-affen, die mit dem sehr ähnlichen "Affen-Virus" SIV (simian immunodeficiency virus) infiziert werden können.
    Die Forscher experimentieren mit dendritischen Zellen, die dem körpereigenen Abwehrsystem krankmachende "Eindringlinge" (Antigene) so darbieten, dass andere Bestandteile des Immunsystems (T-Lymphozyten) zu einer Bekämpfung zum Beispiel von Viren befähigt werden. Dendritische Zellen sind bei Mensch und Tier gleichermaßen die wohl wirksamsten antigenpräsentierenden Zellen. Wie jetzt Dr. Ralf Ignatius vom UKBF bei der Internationalen Tagung über Retroviren und Opportunistische Infektionen in San Francisco bekannt gab, ist es der Gruppe erstmals gelungen, eine Aktivität von dendritischen Zellen gegen SIV nachzuweisen.

    Die Entwicklung eines Impfstoffes gegen HIV ist eines der vordringlichsten Ziele in der AIDS-Forschung. Eine wirklich ursächliche Behandlung steht nicht zur Verfügung. Das wahrscheinlich beste Tiermodell zur Untersuchung der menschlichen HIV-Infektion sind Rhesusaffen mit SIV. Beide Viren sind eng verwandt. Die Infektionen ähneln sich stark hinsichtlich der Auslösung von Krankheitsabläufen: SIV-infizierte Rhesusaffen entwickeln ebenfalls eine Immunschwäche und versterben schließlich - so wie AIDS-Patienten - an opportunistischen ("aufgepfropften") Infektionen oder Tumoren.
    Die Charakterisierung der dendritischen Zellen war eine der herausragenden Entdeckungen der Immunologie. Sie sind in besonderer Weise befähigt, Immunantworten, also die Abwehr krankmachender Faktoren, hervorzurufen. Dendritische Zellen sind im Organismus weit verbreitet und patrouillieren auf der Suche nach eindringenden Fremdorganismen im Gewebe. Von dort wandern sie zu den Lymphknoten, wo sie in der Lage sind, Antigene der "Eindringlinge" jenen Immunzellen (den T-Lymphozyten) zu präsentieren, die maßgeblich an der Bekämpfung von Mikroorganismen beteiligt sind.
    Derzeit sind viele Bestrebungen im Gange, diese Eigenschaften von dendritischen Zellen für Immuntherapien oder Impfstoffentwicklungen zu nutzen. In den vergangenen drei Jahren hat Dr. Ignatius in der Gruppe um Prof. Ralph Steinman (Rockefeller University, New York) dendritische Zellen von Rhesusaffen isoliert und Testverfahren erarbeitet, um Immunantworten zu erfassen.
    Auf diesen Arbeiten basiert die jetzige Studie, bei der unter anderem untersucht wird, in wie weit dendritische Zellen als Anstoß für antivirale Immunantworten eingesetzt werden können. Beteiligt an der "Multi-Center-Studie" sind das Bernhard-Nocht-Institut (Hamburg), die Universität Leipzig und das deutsche Primatenzentrum (Göttingen) sowie Wissenschaftler aus den USA, der Schweiz, Österreich, Island und Italien. Eine der experimentellen Herangehensweisen besteht darin, große Mengen dendritischer Zellen aus dem Blut von Rhesusaffen zu entnehmen, sie mit verschiedenen Unterarten des Virus zu "beladen" und zurück zu injizieren. Dabei wird am lebenden Modell untersucht, welche Virustypen und welche Form der Injektion die Infektionsabwehr am besten anregt. Schon die bisherigen Versuche haben gezeigt, dass "geladene" dendritische Zellen eine stärkere und länger andauernde Immunantwort hervorrufen können.
    Aber auch andere Ansätze, etwa die Anwendung von abgeschwächten Virusstämmen, werden in dem internationalen Verbundprojekt verfolgt. Die Forscher setzen ein neu entwickeltes Infektionsmodell ein, bei dem die Tiere über die Rachenmandeln infiziert werden, was der Infektion beim Menschen über die Schleimhäute entspricht. Daneben bietet dieses Modell in besonderem Maße die Möglichkeit, die weitere Ausbreitung des Virus im Körper nach der Infektion zu verfolgen.
    Die Wissenschaftler erhoffen sich von diesen Studien Aufschlüsse darüber, ob mit dendritischen Zellen schützende Immunantworten gegen SIV erzeugt werden könnten. Die zu erwartenden Ergebnisse sind für eine mögliche Impfstoffentwicklung gegen HIV von großer Bedeutung. "Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg", sagt Ralf Ignatius, "den Impfstoff wird es nicht morgen in der Apotheke geben".

    Ansprechpartner:
    Dr. Ralf Ignatius
    Institut für Infektionsmedizin der FU Universitätsklinikum Benjamin Franklin (UKBF) Hindenburgdamm 27, 12203 Berlin
    Tel.: (030) 8445-3620/-3679/-3656; Fax: -3830
    E-Mail: ignatius@ukbf.fu-berlin.de

    Ca. 75 Zeilen à 60 Zeichen - ca. 4.500 Anschläge
    Abdruck frei Belegexemplar erbeten an:
    UKBF-Pressestelle / MWM-Vermittlung
    Kirchweg 3 B, 14129 Berlin
    Tel.: (030) 803 96 86; Fax: 803 96 87
    E-Mail: ukbf@mwm-vermittlung.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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