Computerisierung, Molekularisierung und Miniaturisierung - die drei großen Trends in der Medizintechnik
Biomedizinische Technik und Bioengineering sind wichtige Treiber des medizinischen Fortschritts und bestimmen Qualität und Kosten der Patientenversorgung maßgeblich mit. Das interdisziplinäre Zusammenwirken von Ärzten, Ingenieuren und Naturwissenschaftlern eröffnet neue Möglichkeiten in Diagnose und Therapie. Dabei entwickelt sich die Medizintechnik, in der Deutschland mit einem Welthandelsanteil von 15 Prozent eine sehr gute Position besitzt, entlang von drei Fortschrittslinien: Die Computerisierung hält aufgrund der Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnik unvermindert an. Daneben etabliert sich die Molekularisierung, die besonders durch Biotechnologie, Zell- und Gewebetechnik repräsentiert ist. Immer noch in großen Schritten verläuft zudem die Miniaturisierung, die durch Mikrosystemtechnik, Nanotechnologie und Optische Technologien vorangebracht wird. Wissenschaft und Forschung bearbeiten im Bereich der Medizintechnik mehr als 100 aktuelle Themenfelder und -schwerpunkte. Davon sind einige von besonderer Brisanz und werden auf den Fachtagungen der Deutschen Gesellschaft für Biomedizinische Technik (DGBMT) im Rahmen des diesjährigen VDE-Kongresses "Innovations for Europe" in Aachen eine hervorgehobene Rolle spielen. Sie wurden im Übrigen auch für eine fokussierte Unterstützung durch das BMBF vorgeschlagen.
Schon heute sind viele Fachleute davon überzeugt, dass die Computerunterstützung insbesondere bei der Bildverarbeitung, Modellierung und Simulation weiter deutlich zunehmen wird. Mit Hilfe von neuen modellbasierten Methoden der Biosignalverarbeitung lassen sich die physiologischen Ursachen von Krankheiten immer gezielter aufdecken. Implantate werden aufgrund verbesserter Hardware immer leistungsfähiger. Durch den Aufbau modellbasierter Regelkreise erhalten Therapiesysteme, die z. B. in Dialyse oder Beatmung eingesetzt werden, eine noch intelligentere Steuerung. Eine modellbasierte Bildverarbeitung erlaubt darüber hinaus die Darstellung wichtiger funktioneller Informationen für eine optimierte Therapieplanung. Bei der Patientenbehandlung werden alle vergleichbaren Fälle der Vergangenheit analysiert und daraus konkrete Diagnostik- und Therapievorschläge abgeleitet.
Ein zweites Feld sind E-Health, Telemedizin und TeleMonitoring sowie die erforderliche Vernetzung. Eng verbunden mit diesen Ansätzen ist die Vision einer europaweiten elektronischen Patientenakte. Datenstrukturen werden so entworfen, dass der größtmögliche Vorteil für die Patienten entsteht und der Datenschutz gesichert ist. Telemedizin und adaptives Workflow Management sollen zu Kosteneinsparungen und Qualitätsverbesserungen führen. Personal Healthcare zur Versorgung chronisch Kranker und alter Personen in ihrem häuslichen Umfeld wird flächendeckend eingeführt. Erste Ansätze dazu sind bereits vorhanden, die wirtschaftlichen Vorteile der Telemedizin sind erheblich.
Nanopartikel für die gezielte Medikamentenfreisetzung
Viele Experten erwarten, dass die Medizintechnik für die Regenerative Medizin deutlich an Gewicht gewinnt. Eine Ursache dafür liegt darin, dass die Zell- und Gewebetechnik in den kommenden Jahren den Schritt von der Grundlagenforschung zur Anwendung vollziehen kann. Die Entwicklung von neuen funktionellen Biomaterialien muss dabei einbezogen werden. Sie sollen bessere biomimetische (also natürliche Vorgaben nachahmende) Eigenschaften besitzen, die eine einfachere Zellbesiedlung und Integration in den Körper ermöglichen. Implantate sollen zusätzliche Funktionalität im Sinne von "Regeneration der biologischen Funktion" erhalten. Forschergruppen in vielen Teilen der Welt arbeiten bereits daran, Nanopartikel für das Drug Delivery zu entwickelt und zu nutzen.
Bei BioMEMOS (Bio Microelectromechanical and Optical Systems) handelt es sich um die Anwendung von Mikrosystemen in der Medizintechnik, die immer weiter zunimmt. Neben Aspekten der Bioverträglichkeit beziehen sich weitere wichtige Teilbereiche auf Implantierbare Mikrosysteme, die aktiv oder passiv, sensorisch, telemetrisch oder mit Nervenankopplung funktionieren können. Von großer Bedeutung ist auch die In-vitro Diagnostik z. B. mit DNA- oder Protein-Chips sowie Lab-on-a-Chip-Systemen. Weitere Ansatzpunkte sind die Mikrofluidik, die Point-of-Care Diagnostik, also Laboruntersuchungen direkt vor Ort beim Arzt, die Zeit und Geld sparen, sowie die Zelldiagnostik. Mikrosystemtechnik in Form von Mikrozerstäubern, -dosierern, und -injektion dürfte das Drug Delivery maßgeblich beeinflussen.
Angestrebtes Ziel innerhalb des Forschungsfeldes funktionelle und zellbiologische Bildgebung ist es, Krankheiten früher zu entdecken, ihren molekularen Ursprung zu erkennen und die Therapie besser zu kontrollieren, die im Allgemeinen minimal-invasiv oder molekularbiologisch erfolgt. Teilbereiche des Forschungsfeldes sind die molekulare, funktionelle und optische Bildgebung. Hinzu kommen Marker und Sonden sowie die 4D-Bildgebung.
Interventionen werden künftig noch häufiger mit minimal-invasiver Chirurgie ausgeführt werden. Schlagworte hierbei sind: bildgeführt, katheterbasiert, endoskopisch und stereotaktisch. So sollen Sonden präzise navigiert im Körper platziert werden, um vor Ort eine detaillierte Diagnostik und Therapie durchführen zu können.
Der VDE Kongress in Aachen findet unter dem Motto "Innovations for Europe" vom 23. bis zum 25. Oktober 2006 statt. Erwartet werden 1.500 Teilnehmer aus dem In- und Ausland. Auf dem umfangreichen Veranstaltungsprogramm stehen Fachtagungen zur Informations-, Mikro- und Nano-, Energie-, Automations- und Medizintechnik.
Pressekontakt: Melanie Mora, Tel. + 49 (0)69 6308-461, melanie.mora@vde.com
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer
Deutsch
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