Eine Podiumsdiskussion in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften über "Wege zu einem zukunftsfähigen Gesundheitssystem"
Wie viel Mündigkeit wollen wir im Gesundheitssystem? Dies war eine der zentralen Fragen bei der Podiumsdiskussion "Wege zu einem zukunftsfähigen Gesundheitssystem", zu der die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften und die Hertie School of Governance am 30. Oktober 2006 in das Akademiegebäude am Gendarmenmarkt eingeladen hatten. "Was wir brauchen", so Akademiepräsident Günter Stock, "ist Transparenz über die Leistungserbringung und die Kosten, ein zunehmendes Maß an Eigenverantwortung und eine grundlegende Reorganisation des Versicherungswesens mit erhöhten Wahlmöglichkeiten für die Bürger. Insgesamt benötigen wir mehr private Initiativen."
Kurt Biedenkopf, Kuratoriumsvorsitzender der Hertie School of Governance, bezeichnete das bestehende Gesundheitssystem als "planwirtschaftliches System", in dem der Staat eine zu starke Rolle spiele und deshalb eine Vielzahl von Lobbyisten schaffe. "Eine sternförmige Organisation, die dem Staat im Zentrum die Aufgabe überträgt alle Verteilungskonflikte zu entscheiden, muss ihn überfordern." Der Philosoph Carl Friedrich Gethmann bedauerte, dass sich die derzeitige politische Diskussion nur noch auf Finanzierungsfragen konzentriere. Als Sprecher einer Autorengruppe der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, die vor kurzem das "Manifest Gesundheitssystem" veröffentlichte, verwies er darauf, dass die beteiligten Wissenschaftler dringend ein "Ausdehnen der Sozialen Marktwirtschaft auf den Gesundheitsbereich" anraten. "Wir wollen die Kräfte des Marktes in kanalisierter Form für den Gesundheitsbereich nutzen", so Gethmann, "wobei Kanalisierung bedeutet, dass jeder versichert sein muss und die Krankenkassen jeden aufnehmen müssen." Klaus Theo Schröder, Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit, entgegnete auf die Forderung nach mehr Mündigkeit der Bürger, dass der aktuelle Entwurf der Großen Koalition zur Gesundheitsreform sehr viel mehr Wahlmöglichkeiten enthalte als der frühere. Er verwies aber gleichzeitig auf die Notwendigkeit zur finanziellen Absicherung der derzeitigen Finanzierungssysteme und machte außerdem deutlich, dass der Staat nicht darauf verzichten könne, einen Ordnungsrahmen für das Gesundheitssystem zu schaffen. Eine Forderung, die im "Manifest Gesundheitssystem" in der These mündete, dass der Staat hier eher Gewährleistungs-Verpflichtungen habe als unmittelbare Versorgungsfunktionen.
Die sehr engagierte Diskussion wurde von Kurt Biedenkopf mit dem Hinweis beschlossen, dass die Menschen sich in der Vormundschaft, die in 40 Jahren Sozialstaat entstanden sei, wohl fühlten. Die Bürger müssten davon überzeugt werden, dass nur mehr Mündigkeit und Privatisierung auf lange Sicht die Qualität des Gesundheitswesens in Deutschland sicherstellen können. Es sei ein mühsamer und lohnender, aber auch langer Weg zu einem nachhaltigen Gesundheitssystem.
Pressekontakt:
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
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Jägerstraße 22/23, 10117 Berlin
Tel. 030/20370-657; Fax: 030/20370-366, E-mail: glerch@bbaw.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Politik, Recht, Wirtschaft
überregional
Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
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