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07.11.2006 08:19

Ein Pfad - zwei Effekte: Immunsystem nützt DNA-Reparaturmechanismus zur Steigerung der Abwehr

Michael van den Heuvel Kommunikation
GSF - Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit

    Täglich muss unser Immunsystem zahlreiche Krankheitserreger abwehren. Zu diesem Zweck produzieren Abwehrzellen spezifische Antikörper, die exakt auf einen bestimmten Pathogen zugeschnitten sind.

    Da es Millionen verschiedener Pathogene gibt, von denen viele auch noch extrem wandelbar sind, ist dies eine große Herausforderung: Wie schafft es das Immunsystem, mit dieser Vielfalt Schritt zu halten?

    Wissenschaftler des GSF - Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit konnten nun zum ersten Mal zeigen, dass ein molekularer Mechanismus, der normalerweise zur Reparatur schadhafter DNA-Stücke gebraucht wird, Zellen des Immunsystems besonders wandlungsfähig macht, sodass sie flexibel auf die verschiedensten Pathogene reagieren können.

    Zuständig für die Produktion spezifischer Antikörper sind bestimmte Abwehrzellen des Immunsystems, die B-Zellen. "Diese Zellen können als einzige Körperzellen durch Hypermutation ihre DNA verändern, sodass sie speziell auf das jeweiligen Pathogen abgestimmte Antikörper bilden", erklärt Prof. Jean-Marie Buerstedde, der Leiter des GSF-Instituts für Molekulare Strahlenbiologie. Unter Hypermutation versteht man eine erheblich erhöhte Mutationsrate: Die Gene, die die spezifischen Antikörper codieren, mutieren um das eine Million-Fache häufiger als die Gene anderer Zellen.

    Bereits seit längerem ist bekannt, dass die Hypermutation durch das Enzym AID ausgelöst wird. "AID ist das Mastergen für die Hypermutation" erklärt Buerstedde. Es tritt B-Zell-spezifisch auf und bewirkt, dass eine bestimmte Base der DNA in eine andere umgewandelt wird. Diese "falsche" Base wird anschließend aus der DNA ausgeschnitten, wodurch letztendlich eine Basenlücke entsteht. Buerstedde und seinen Mitarbeitern gelang es nun, nachzuweisen, dass die folgenden Schritte der Hypermutation einen Mechanismus nutzen, der auch für die Reparatur schadhafter DNA zuständig ist: Ist die B-Zell-DNA lückenhaft, wird das Protein PCNA mit einem weiteren Protein, dem Ubiquitin, verknüpft - dieser Mechanismus aktiviert bestimmte Notfall-Enzyme, die als Reparaturenzyme die Basenlücke flicken. Die PCNA-Ubiquitinierung kommt auch in normalen Körperzellen bei DNA-Schäden zum Einsatz: hier sorgt dieser Mechanismus allerdings dafür, dass DNA-Schäden im Schnellverfahren während der Replikation der DNA repariert werden. "Somit ist PCNA-Ubiquitinierung sowohl für DNA-Reparatur als auch für Hypermutation notwendig", erklärt Buerstedde.

    Die PCNA-Ubiquitinierung in B-Zellen führt zu hohen Mutationsraten, da die durch diesen Mechanismus aktivierten Notfallenzyme mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht die ursprüngliche, sondern eine andere Base in die DNA einbauen - eine Punktmutation ist die Folge. Einige dieser Punktmutationen bewirken, dass sich die Affinität der Antikörper zu einem bestimmten Antigen erhöht und so die produzierten Antikörper schlagkräftiger gemacht werden. Durch Antigenbindung werden die B-Zellen ausgewählt, die das Antigen am besten binden und somit am intensivsten bekämpfen können. Die übrigen Zellen sterben ab.

    Für den Einsatz in B-Zellen hat das Immunsystem somit den Pfad der PCNA-Ubiquitinierung für sich so maßgeschneidert, dass hohe Mutationsraten in bestimmten Teilen der Antikörpergene auftreten. "Dies ist zum einen positiv, weil wandelbare Antikörper dabei herauskommen. Andererseits besteht auch das Risiko dass unkontrollierte Mutationen an falschen Genen zur Krebsentwicklung von B-Zellen beitragen. Deshalb hat die Erforschung dieses Pfades medizinische Relevanz", betont Buerstedde, "allerdings ist es auch für sich allein interessant, wie es Wirbeltieren gelingt, einen schon seit Urzeiten existierenden Pfad für die antigen-spezifische Immunantwort zu nutzen".

    Originalveröffentlichung:
    PLOS Biology, Volume 4, Issue 11, NOVEMBER 2006 :
    A Role for PCNA Ubiquitination in Immunoglobulin Hypermutation
    Hiroshi Arakawa, George-Lucian Moldovan, Huseyin Saribasak, Nesibe Nur Saribasak, Stefan Jentsch, Jean-Marie Buerstedde

    Für weitere Informationen und Bildmaterial kontaktieren Sie bitte die GSF- Pressestelle:

    GSF - Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Tel: 089/3187-2460
    Fax 089/3187-3324
    E-Mail: oea@gsf.de


    Weitere Informationen:

    http://www.gsf.de/neu/Aktuelles/Presse/2006/buerstedde.php


    Bilder

    Prof. Jean-Marie Buerstedde, Leiter des GSF-Instituts für Molekulare Strahlenbiologie
    Prof. Jean-Marie Buerstedde, Leiter des GSF-Instituts für Molekulare Strahlenbiologie
    Foto: Ulla Baumgart.
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Prof. Jean-Marie Buerstedde, Leiter des GSF-Instituts für Molekulare Strahlenbiologie


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