Neue Forschungsarbeit zu einem bis heute unbeachteten Aspekt europäischer (Geistes)Geschichte
Ob es sich lohnt, wieder einmal verstaubte Schriften der alten Humanisten zu lesen? Warum? Weil wir manchmal erst zurückblicken müssen, um vorwärts gehen zu können.
Dr. Susanne Zeller, Professorin für Sozialarbeitswissenschaft an der Fachhochschule Erfurt, hat eine Forschungsarbeit über Juan Luis Vives mit dem Titel "(Wieder)Entdeckung eines Europäers, Humanisten und Sozialreformers jüdischer Herkunft im Schatten der spanischen Inquisition. Ein Beitrag zur Theoriegeschichte der Sozialen Arbeit als Wissenschaft" (335 S., Lambertus Verlag Freiburg, ISBN: 978-3-7841-1648-8) veröffentlicht.
Das umfangreiche wissenschaftliche Lebenswerk des heute - im Gegensatz zu Thomas More und Erasmus von Rotterdam - in Vergessenheit geratenen dritten großen spanischen Humanisten jüdischer Herkunft Juan Luis Vives (1492 - 1540) hat die europäische Philosophie, Theologie, Sprachwissenschaft, Pädagogik, empirische Psychologie und nicht zuletzt auch Sozialgeschichte und Sozialarbeit bis zum Ende des 19. Jahrhunderts beeinflusst.
Das Schicksal dieses Voraufklärers, Pazifisten und Europäers ist eines von unzähligen, noch unaufgearbeiteten Beispiele für die Generationen zwangsgetaufter Juden nach ihrer Vertreibung aus Spanien 1492. Nach Auffindung der Protokolle des Inquisitionsverfahrens gegen die Eltern sah sich zunächst v.a. die spanische Gelehrtenwelt konfrontiert mit den furchtbaren Auswirkungen der eigenen dunklen Geschichte auf die Juden.
Wer war dieser Nachkomme einer Familie von "Neuchristen", den man bereits als jungen Mann in allen europäischen Ländern kannte? In einem biographischen Teil werden zunächst die Lebensstationen nachgezeichnet. Danach wirft die Autorin Fragen zum Verhältnis des Humanisten zu seinen jüdischen Wurzeln auf und analysiert eine seiner Schriften, die sozialpolitische Schrift "De Subventione Pauperum" von 1526 ("Die Unterstützung der Armen"). Dieses Dokument war ein erstes Armenpflegekonzept der frühen Neuzeit in Europa und damit ein wichtiger Schritt hin zu unseren modernen Theorien der Sozialarbeitswissenschaft. Im Rahmen dieser Forschungen über den Zusammenhang zwischen Humanismus und Judentum mussten beschämende antisemitistische Äußerungen des großen "Fürsten" der Humanisten - Erasmus von Rotterdam - zur Kenntnis genommen werden.
Den bedrohlichen Lebensumständen zum Trotz haben die nach wie vor aktuellen Schriften dieses vergessenen Humanisten einen Beitrag zur Entwicklung der europäischen Geistes- und Sozialgeschichte im Schatten einer der furchtbarsten Epochen für die Juden Europas vor dem National-sozialismus - der Inquisition - hinterlassen.
Kontakt: Prof. Dr. Susanne Zeller, Tel. 0361-6700-516, zeller@fh-erfurt.de
Zur Theoriegeschichte der Sozialen Arbeit als Wissenschaft
Repro, Zeller
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Pädagogik / Bildung, Philosophie / Ethik, Religion
überregional
Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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