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08.11.2006 15:05

Rektor Hommelhoff legt detaillierte Standortbestimmung vor

Dr. Michael Schwarz Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Rektor Prof. Dr. Peter Hommelhoff beim "Heidelberger Abend" mit der Industrie- und Handelskammer: Was hat die Universität Heidelberg im vergangenen Jahr beschäftigt und was wird sie im kommenden beschäftigen? - Themen: Exzellenzinitiative; Bekenntnis zur Volluniversität und zu den starken Geisteswissenschaften, die teilweise Weltruf genießen; Übernahme der Technischen Informatik aus Mannheim; Wissenschaftsraum Heidelberg/ Mannheim/ Karlsruhe; Planungshorizont 2050 mit der Stadt Heidelberg

    Beim heutigen "Heidelberger Abend" mit der Industrie- und Handelskammer in der Heidelberger Stadthalle gab Rektor Prof. Dr. Peter Hommelhoff eine detaillierte Standortbestimmung: Was hat die Universität Heidelberg im vergangenen Jahr beschäftigt und was wird sie im kommenden beschäftigen? Themen waren die Exzellenzinitiative, ein Bekenntnis zur Volluniversität und zu den starken Geisteswissenschaften, die teilweise Weltruf genießen, die Übernahme der Technischen Informatik aus Mannheim, der Wissenschaftsraum Heidelberg/ Mannheim/ Karlsruhe sowie der angestrebte Planungshorizont 2050 mit der Stadt Heidelberg. Hier seine Rede im Wortlaut:

    "Der Heidelberger Abend der IHK ist in diesem Jahr die erste Großveranstaltung, die Sie, verehrter Herr Präsident Dr. Vogel, gemeinsam mit der Ruprecht-Karls-Universität durchführen. Damit setzen Sie die schöne Tradition einer Begegnung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft, die Ihre Amtsvorgänger mit Sorgfalt gepflegt haben, umsichtig fort und festigen damit eigenhändig das Fundament, auf dem die Hochschulen der Region in Abstimmung mit den hiesigen Unternehmen die Zukunftsaufgaben in Bildung, Aus- und Fortbildung in Angriff nehmen können. Zum Studierendenaufwuchs ab 2012 hatte die IHK zu einem regionalen Dialog eingeladen; Sie, Herr Präsident Dr. Vogel, haben engagiert selbst mit dazu beigetragen, dass zur Bewältigung dieses Studierendenaufwuchses allseits akzeptable Schritte vereinbart werden konnten. Auch dafür möchte ich Ihnen im Namen der Universität Heidelberg danken und Sie und die Repräsentanten der Kammerunternehmen herzlich willkommen heißen.

    I.
    Was hat die Universität Heidelberg im vergangenen Jahr beschäftigt und was wird sie im kommenden beschäftigen? Natürlich vor allem anderen ihre Beteiligung an der Exzellenzinitiative, am Wettbewerb um den Status einer Eliteuniversität. Zwar hat uns der Wissenschaftsrat noch immer nicht wissen lassen, aus welchen Gründen Heidelberg mit seinem Antrag in der dritten Förderlinie "Zukunftskonzepte" gescheitert ist; definitive Nachricht erhoffen wir spätestens zu Beginn der nächsten Woche. Aber dennoch haben die drei Leitungsorgane der Universität schon wesentliche Voraussetzungen im Organisatorischen geschaffen: Heute Nachmittag haben sich Rektorat und Senat auf den Einsatz einer Arbeitsgruppe aus "top profilern" der Universität verständigt, die gemeinsam mit Rektoratsmitgliedern den Heidelberger Wettbewerbsbeitrag grundlegend überarbeiten und verbessern soll. Überdies sollen in seine Ausgestaltung noch stärker die Fakultäten und einzelne Institute der Universität miteinbezogen werden. Allerdings wird sich an der Zielrichtung des Wettbewerbsbeitrags nichts ändern: Die Ruprecht-Karls-Universität soll weiterhin als Volluniversität profiliert werden und dies hat zur Folge, dass über die Mittel aus der dritten Förderlinie auch und betont die Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften der Ruperto Carola gestärkt werden sollen.

    Deshalb zugleich ein Blick auf die Graduateschools der ersten Förderlinie und die Exzellenzcluster der zweiten: Sie steuert die Universität Heidelberg in der zweiten Antragsrunde mit nicht weniger als 11 Skizzen von der Medizin, Physik und Chemie über die Geisteswissenschaften bis hin zu den Rechts-, Wirtschafts- und Politikwissenschaften an. Auf diese Weise unterstreicht die Ruperto Carola nicht allein in der dritten Förderlinie ihr spezifisches Profil als Volluniversität, sondern auch und vor allem in den beiden ersten Förderlinien, die in der vordringlichen Verantwortung der Fakultäten liegen. Dafür danke ich allen Akteuren schon jetzt - ganz unabhängig vom konkreten Ausgang des Exzellenzwettbewerbs.

    II.
    Über die bloß marginalen Erfolge der Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften in der ersten Runde der Exzellenzinitiative haben die Printmedien der Bundesrepublik breit berichtet und das bemerkenswerte Abschneiden der Natur-, Lebens- und Ingenieurwissenschaften intensiv kommentiert. Auch Heidelberg hat seine schönen Erfolge bisher in den Natur- und Lebenswissenschaften errungen, nicht aber in seinen starken Geisteswissenschaften, die teilweise Weltruf genießen. Sollten allein Natur-, Lebens-, Ingenieur- und Informationswissenschaften eine Zukunft haben? Falls Deutschland am Ende der Exzellenzinitiative ausschließlich mit diesen Fächern und mit auf sie ausgerichteten Universitäten in den internationalen Wettbewerb aufbrechen würde, wäre dies ein teuer bezahlter, ein gigantischer Flop deutscher Wissenschaftspolitik.

    Vor allem für die Geistes- und Kulturwissenschaften sind die bisherigen Zwischenergebnisse aus der ersten Runde der Exzellenzinitiative ausnehmend gefährlich. Denn es geht nicht bloß um die immer wieder als demotivierend beklagte Benachteiligung dieser Fächer zugunsten der Natur-, Lebens- und Ingenieurwissenschaften. In den Blick genommen werden müssen vielmehr die strukturierenden und profilierenden Impulse aus der Exzellenzinitiative. Konkret: nach Auslauf der Förderung aus der Exzellenzinitiative müssen die siegreichen Universitäten ihre Sieger und deren Projekte aus eigenen Mitteln weiterfinanzieren. Am Beispiel Heidelberg illustriert: für die Graduiertenschule "Fundamental Physics" sind ab 2011 mehr als 300.000 Euro pro Jahr zusätzlich zur Verfügung zu stellen und für den Exzellenzcluster "Zelluläre Netzwerke" nahezu 2,2 Mio. Euro jährlich. Wo sollten diese Mittel herkommen? Nach dem Grundkonzept der Exzellenzinitiative offenbar aus jenen Bereichen der Universität, die nicht zu den Siegern zählen, also nach den bisherigen Wettbewerbsergebnissen aus dem Bereich der Geistes- und Kulturwissenschaften. Diese aber dürfen nicht zum universitären Steinbruch degenerieren. Deshalb ist die Situation wahrhaft dramatisch.

    III.
    Erlauben Sie mir, meine Damen und Herren, noch einen Moment bei der Profilierung der Universitäten im Gefolge der Exzellenzinitiative zu verbleiben. Sie will die Universitäten veranlassen, ihre Schwerpunkte in der Forschung in der Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses zu definieren, hierfür Zukunftsprojekte zu entwickeln, um über diese Schwerpunkte das jeweilige Profil der einzelnen Universität zu schärfen. Das schließt die Aufgabe von Fächern und Bereichen mit ein, die nicht zum Profil der einzelnen Universität zählen. Das ist die erklärte und zwischen dem Bund und allen 16 Bundesländern konsentierte Wissenschaftspolitik in Deutschland. Sie zielt unter anderem darauf ab, den in den sechziger und siebziger Jahren entstandenen Wildwuchs in der deutschen Hochschullandschaft zu lichten, um über profilierte Universitäten deren Chancen im weltweiten Wettbewerb zu verbessern.

    Politisch gewollt fällt damit die Primärverantwortung für die Profilierung der Universitäten diesen selbst zu; sie haben das Initiativrecht und die Initiativpflicht in Ausübung der Hochschulautonomie zu. Wie komplex die Entscheidungsverfahren zur Profilierung und Umstrukturierung innerhalb der Universität sind, hat Heidelberg im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit den Wirtschaftswissenschaften erfahren. Aber auch für ihre Umstrukturierungen sind die Universitäten und Hochschulen nach den Vorgaben des Grundgesetzes primär verantwortlich.

    Allerdings brauchen die Universitäten bei der Wahrnehmung ihrer Neustrukturierungsverantwortung Rückhalt in der Politik, wenn sie deren Vorgaben und Impulse umsetzen. Insbesondere darf die Landespolitik bei schwierigen Umstrukturierungen in ihrem Sinne die Hochschulautonomie nicht dazu missbrauchen, sich aus ihrer eigenen Verantwortung herauszustehlen und es den Funktionsträgern vor Ort zu überlassen, die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Umgekehrt sollten die für die Umstrukturierung wesentlich mitverantwortlichen Landespolitiker sich auch gegenüber aufgebrachten Kommunalpolitikern zu ihrem Verantwortungsanteil wenigstens dann bekennen, wenn dies nötig ist. Und dies ist dann der Fall, wenn Landtagsabgeordnete wegen einer solchen Umstrukturierung öffentlich den Rücktritt des Rektors fordern. Auf die Rechtslage nach dem Landeshochschulgesetz will ich gar nicht eingehen.

    IV.
    Denn solche Umstrukturierungen liegen nicht allein im Universitätsinteresse, sondern auch im Interesse des Landes. So hat sich die Universität Heidelberg bei der unlängst mit Mannheim vereinbarten Übernahme der Technischen Informatik auch von der Erwägung leiten lassen, die Investitionen des Landes in dies Fach am Standort Mannheim nicht weithin nutzlos ins Leere laufen zu lassen, sondern die vorhandenen Ressourcen auch im Landesinteresse optimal zu nutzen. Drei der Informatiker nehmen bereits am siegreichen Exzellenzcluster "Zelluläre Netzwerke" teil. Nun wird es darum gehen, im gemeinsamen Gespräch der Informatiker mit den Heidelberger Kollegen für deren Einbindung in die Strukturen der Ruperto Carola zu sorgen. Standort der Technischen Informatik wird freilich bis in mittlere Zukunft Mannheim bleiben.

    Eine weitere Umstrukturierung haben wir soeben mit der Universität Karlsruhe im Bereich der Geologie zum vorläufigen Abschluss gebracht. An beiden Standorten wird dies Fach konzentriert und ergänzend aufeinander abgestimmt. Um das Gesamtkonzept umsetzen zu können, sind zwei komplette Lehrstühle ausgetauscht worden.

    Beide Umstrukturierungen sind zugleich Maßnahmen, um einen umfassenden Wissenschaftsraum Heidelberg/Mannheim/Karlsruhe mit allen universitären und außeruniversitären Einrichtungen in diesem Dreieck zu bilden. In ihm sind die drei Universitäten mit ihrem spezifischen Profil beteiligt: Karlsruhe als ingenieur- und informationswissenschaftliche Universität, Heidelberg als klassische Volluniversität, und Mannheim soll als wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Universität gewonnen werden. Die schon heute exzellenten Kooperationen Heidelbergs mit den außeruniversitären Partnern in der Region könnten in Anlehnung an das Karlsruher Vorbild demnächst mit einem Partner zu einer sektoralen Teilfusion ausgebaut werden. Mit alledem könnte der Raum Heidelberg/Mannheim/Karlsruhe nicht bloß zum wissenschaftlichen Großraum München aufschließen, sondern wäre auch weltweit sichtbar; die New York Times hat diesen Raum schon in den Blick genommen.

    V.
    Diese Wissenschaftsregion ist und bleibt im Aufbruch; das gilt für alle Einrichtungen in ihr. Rückschläge hier und da dürfen und sollen uns nicht entmutigen; im Gegenteil: Sie müssen uns, die Universität Heidelberg insbesondere anspornen, um gegenüber unseren Partnern Augenhöhe zu gewinnen.

    Das alles wirkt sich auch auf die Stadt Heidelberg aus. Ruf, Arbeitsplätze und eine hervorragende Krankenversorgung sind kein schlechtes Pfund, das die Universität in diese Partnerschaft einbringt. Deshalb freut es mich, dass beide Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl diese Partnerschaft zwischen Stadt und Universität pflegen wollen. Gleich nach der Wahl möchte die Universität sehr konkret werden und in Gespräche mit den Verantwortlichen in der Stadt eintreten, um den Planungshorizont 2050 einvernehmlich auszuleuchten. Wir wissen es: die Universität braucht Planungssicherheit, braucht Land und produziert Verkehr; die Universitätsangehörigen brauchen Wohnraum. Stillstand darf es nicht geben; die Wissenschaft muss in starker Bewegung bleiben".
    Rektor Prof. Hommelhoff

    Rückfragen bitte an:
    Dr. Michael Schwarz
    Pressesprecher der Universität Heidelberg
    Tel. 06221 542310, Fax 542317
    michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de
    http://www.uni-heidelberg.de/presse


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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