Fachgesellschaften warnen vor nachgeahmten Biopharmazeutika für Kinder mit Wachstumsstörungen
München - Mit "Sorge und Skepsis" betrachten Experten die neuen, vereinfachten Zulassungsbestimmungen für biotechnologisch hergestellte Nachahmerpräparate. Demzufolge dürfen Hersteller zukünftig auf eine klinische Prüfung dieser "Biosimilars" teilweise verzichten - obwohl nicht erwiesen ist, dass sie identisch wirken und genauso sicher sind. Das gilt auch für nachgeahmte Wachstumshormonpräparate für Kinder. Darauf weisen die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) und die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) in einer gemeinsamen Stellungnahme hin.
Bisher mussten sich nachgemachte biotechnologische Präparate in klinischen Studien bewähren: Der Hersteller hatte den Nachweis zu erbringen, dass sein Produkt sicher und wirksam ist - für jede einzelne Indikation. "Nach den neuen Bestimmungen jedoch werden Biosimilars jetzt auch für Indikationen zugelassen, für die sie nicht geprüft sind", erläutert Professor Dr. med. Olaf Hiort, Sprecher der Sektion Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie der DGE aus Lübeck.
Kürzlich erfolgte beispielsweise die Zulassung eines neuen, biotechnologisch hergestellten Hormonpräparates für Kinder mit gestörtem Wachstum. Das Nachahmerprodukt hatte sich als ebenso wirksam erwiesen wie das Original. Daraufhin wurde es auch für alle übrigen Indikationen zugelassen, für die das Originalpräparat seine Wirksamkeit in separaten Studien belegt hatte.
Der Begriff "Biosimilars" grenzt Biopharmazeutika von synthetisch hergestellten Nachahmerprodukten - so genannten Generika - ab. Denn Biosimilars sind dem Original zwar ähnlich aber nicht identisch. "Dennoch wird nach der neuen Regelung auf eine klinische Prüfung weitgehend verzichtet", betont Professor Dr. med. Michael B. Ranke von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin in Tübingen, der für die DGKJ in Zusammenarbeit mit der DGE die Stellungnahme verfasst hat. Einen Vergleich mit dem Nachahmerpräparat müsse der Hersteller daher nur noch für eine Indikation klinisch nachweisen. Ist dieser erfolgreich, erhält das Präparat für das gesamte vom Originalpräparat abgedeckte Indikationsspektrum die Zulassung.
Risiken der biopharmazeutischen Produkte liegen im komplexen Herstellungsprozess: Um Biopharmazeutika wie Wachstumshormon oder Insulin zu gewinnen, nutzen Hersteller gentechnisch veränderte Bakterien. Abhängig von den Bedingungen bei der Produktion können sich die gewonnenen Stoffe in ihrer Zusammensetzung leicht unterscheiden.
"Ob sich unterschiedlich hergestellte Wachstumshormonpräparate im Hinblick auf Wirksamkeit und Sicherheit unterscheiden, lässt sich derzeit jedoch noch nicht beurteilen", gibt Professor Hiort zu bedenken. Die DGE warnt jedoch vor möglichen Risiken.
Die ausführliche Stellungnahme "Neue Präparate mit rekombinantem humanen Wachstumshormon (rhGH) - Zur Diskussion über Biosimilars" ist über die Pressestelle der DGE zu beziehen.
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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