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25.02.2000 22:25

Lehre hoch 4 schafft Praxisnähe in der Medizinerausbildung

Dr./M.A. Rudolf F. Dietze Präsidialabteilung, Bereich Kommunikation & Marketing
Universität Regensburg

    Wie spannend und informativ moderne Hochschullehre sein kann, beweist derzeit die Universität Regensburg. Ein bisher einmaliges interdisziplinäres Konzept in der medizinischen Ausbildung wird gerade von vier Professoren am Klinikum etabliert. "Lehre hoch 4" will vier Fachdisziplinen, die in einen Fall involviert sind, in eine Vorlesung einbinden. So vermittelt man den Studierenden ein praxisorientiertes Bild, wie Fachbereiche der Medizin bei der Behandlung einer Krankheit kooperieren.

    Staffellauf der Disziplinen
    Vorlesungsbeginn. Patienten, Professoren, aufmerksame Zuhörer. Die Krankengeschichte wird zusammen mit dem Patienten erarbeitet. Jetzt werden diese Informationen dazu verwendet, dem Studierenden ein deutliches Bild von der Krankheit zu geben: Welcher Mechanismus liegt ihr zugrunde? Wie häufig ist sie? Welche Symptome treten auf? Fragen sind hier erwünscht! Immer wieder nutzen die Studierenden die Möglichkeit, die Experten zu löchern: Warum ein CT und keine Röntgenaufnahme? Was mache ich jetzt an dieser Stelle als Hausarzt? Nicht selten können die Studierenden miterleben, wie die Lehrenden, ganz vorne, selbst ins Diskutieren geraten. Da begreift man auf einmal, wie Lehrmeinung entsteht. Im Diskurs der verschiedenen Fachrichtungen. Ständig im Wandel.
    Nun wird der Weg des Kranken im Staffellauf der Disziplinen nachgezeichnet. Der Internist, Prof. Jürgen Schölmerich, beschreibt die Art und Weise der Untersuchung, die Symptome, seine Therapie. Prof. Stefan Feuerbach als Radiologe analysiert die Röntgenaufnahme, nennt seine Interventionsmöglichkeiten. Der Chirurg, Prof. Karl-Walter Jauch, erklärt die Operation, ihre Notwendigkeit, die Gefahren und Risiken. Der Pathologe in Person von Prof. Ferdinand Hofstädter zeigt seinen Gewebsbefund, liefert wichtige Informationen für das weitere Vorgehen.

    Medizin als Netzwerk
    Der Arbeitsaufwand für diese Vorlesung ist für die Professoren im Augenblick zwangsläufig größer als bisher, muss doch für jede Vorlesung eine Art Drehbuch geschrieben werden. Die Beiträge von vier Disziplinen werden nach diesem roten Faden so arrangiert, dass sich vor den Augen der Studierenden ein plastisches Bild der Krankheiten, Diagnoseabläufe sowie der Therapieoptionen entwickelt.
    Trotzdem sind die Organisatoren der Ansicht, dass sich dieser Aufwand lohnt. "So ist Medizin real! Wir machen den Studierenden live vor, was bei uns Praxis ist", merkt Professor Schölmerich an. Das Vermitteln von Fakten ist nur eines der Ziele dieser Vorlesung. Konkrete Arbeitsmethoden sollen die Umsetzung von der Theorie in die Praxis erleichtern. Wichtig ist den Vortragenden dabei ebenso, die zukünftigen Ärzte immer wieder aufzufordern, den Lernstoff kritisch zu hinterfragen. Um es mit Professor Hofstädters Worten zu sagen: "Die Medizin ist nicht ein Güterzug voller Wissen von Regensburg bis Novosibirsk, sondern ein Netzwerk, bei dem man sein Wissen verknüpfen muss."

    Eine ganz spontane Idee
    Eigentlich wollten die Professoren nur die Inhalte ihrer Vorlesungen aufeinander abstimmen. Doch es sollte anders kommen. Sie stellten fest, dass sie für die Darstellung einer Krankheit oft ähnliche Unterrichtsmaterialien verwenden. So müssen Dias und Röntgenbilder zu den Fallbeispielen nur einmal gezeigt werden. Warum dann also nicht gemeinsame Sache machen und den Studierenden zu viert Rede und Antwort stehen? Auch wenn die Lehrevaluation für dieses Semester erst noch bevorsteht, so zeichnet es sich jetzt schon ab: Die Vorlesung ist ein echter Erfolg. Die große Beteiligung der Studierenden - immerhin erscheinen regelmäßig rund 70% des Semesters - und das sehr positive Feedback auf die vier Prototypstunden sind Beweis dafür. So steht für die Organisatoren bereits jetzt fest, dass dies erst der Anfang ist. Weitere Fachgebiete sollen in diese neue Art von Vorlesungsstruktur integriert werden.

    Sich Überblick verschaffen
    Aufgrund dieser interessanten interdisziplinären Sichtweise gehört diese Vorlesung zu den Highlights im Stundenplan der Studierenden. Nach der vielen trockenen Theorie der letzten Semester haben sie jetzt die Gelegenheit, ihr erworbenes Wissen zu einem Netz zu verknüpfen und mit Patienten auf Tuchfühlung zu gehen. Das motiviert. In der entspannten und kameradschaftlichen Atmosphäre darf man ohne Angst Fragen stellen und bekommt einen umfassenden Einblick in klinisches Denken und Arbeiten. "Als Student bekommt man es doch noch recht selten mit, wenn über einen Patienten, beziehungsweise seine Krankheit, fächerübergreifend diskutiert wird", lautet das Urteil eines Zuhörers. So wird an der Uni Regensburg derzeit eine neue Generation von Medizinern ausgebildet: Sie erzielte dieses Jahr nicht nur die besten Staatsexamensergebnisse in Deutschland, sondern sie bekommt die Chance, sich praktischen Überblick zu verschaffen. In den nächsten Jahren, wird das Fachwissen der Einzeldisziplinen exponentiell wachsen und die aktuelle Lehrmeinung noch schneller veralten. Angesichts solcher Entwicklungen ist diese Form der Lehre der richtige Schritt in die Zukunft. Die Ausbildung von vernetzt denkenden Generalisten und die Rolle der Allgemeinmedizin ist lange genug vernachlässigt worden. An Spezialisten mangelt es nicht.
    Ulrich Höfer


    Bilder

    Abwechselnd oder im Tandem unterrichten die vier Professoren (im Bild Prof Schölmerich - links - und Prof. Jauch. Foto: R. F. Dietze
    Abwechselnd oder im Tandem unterrichten die vier Professoren (im Bild Prof Schölmerich - links - und ...

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    Praxisnahe Lehre im Quartett (Prof. Schölmerich)
    Praxisnahe Lehre im Quartett (Prof. Schölmerich)

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Studium und Lehre
    Deutsch


     

    Abwechselnd oder im Tandem unterrichten die vier Professoren (im Bild Prof Schölmerich - links - und Prof. Jauch. Foto: R. F. Dietze


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