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29.02.2000 09:58

Die Deutsche Post auf dem Logistikmarkt

Burckhard Wiebe Abteilung Kommunikation
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH

    Die Deutsche Post AG auf dem Weg an die Weltspitze?

    Kampf um die Vorherrschaft auf dem Logistikmarkt

    Berlin (wbs) In kürzester Zeit gelang es der Deutschen Post, sich von einem nationalen Behördenapparat zu einem zentralen Akteur in den globalisierten Logistikmärkten zu wandeln. Wie eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) zeigt, konkurriert die Deutsche Post AG heute mit dem größten Transportkonzern der Welt, UPS, um die Spitzenposition auf diesem Weltmarkt.

    Die Deutsche Post AG kaufte in den vergangenen zwei Jahren ungefähr jeden Monat ein Logistikunternehmen im europäischen Ausland oder in den U.S.A. Dazu gehören etwa Danzas, Nedlloyd, DHL und American Express International. Der Umsatz mit Frachtdienstleistungen vervierfachte sich dadurch auf 12 Milliarden Mark, die Zahl der Beschäftigten im Einflußbereich des Konzerns stieg um ca. 100.000 Personen. Umgekehrt schreitet aber auch die Expansion ausländischer Großkonzerne im deutschen Transport-, Logistik- und Postmarkt rasch voran.

    Dieter Plehwe, WZB-Abteilung "Organisation und Beschäftigung", hat in seiner Studie über die Reorganisation der europäischen Logistikwirtschaft die Entstehung einer transnationalen Transport- und Logistikindustrie in der Europäischen Union analysiert. Leitende Fragen waren dabei: Wie läßt sich die Herauslösung der Postorganisation aus dem Kontext nationalstaatlicher Institutionen erklären? Wie entwickeln sich transnationale Unternehmens- und Regulierungszusammenhänge in Europa?

    Nationale Wirtschaftssysteme steckten in den 1970er Jahren in einer strukturellen Krise. Viele Unternehmen verzeichneten schrumpfende Renditen. Der Blick richtete sich auf Rationalisierungsreserven im kommerziellen und distributiven Bereich. Die neuen Anbieter von Expreßdienstleistungen wie DHL, Federal Express und UPS aus den U.S.A. und TNT traten als Wettbewerber in Konkurrenz zu den in Europa staatlich regulierten Transportketten der Transportunternehmen (Spedition/Luftfracht) und der Postämter. Zusätzlich erbringen sie Leistungen, die von Unternehmenskunden ausgegliedert wurden ("Outsourcing", z.B. Verpackung, Montage, Qualitätssicherung).

    Ihr neues Angebot eines schnellen und zuverlässigen Transports verkürzte die Umlaufzeiten und senkte die Kosten. Im Jahr 1976 expandierte UPS nach Deutschland. Erst 1984 wurde dieses spezifische Angebot der privatwirtschaftlichen Organisationen in Deutschland legalisiert. Mit der Genehmigung von internationalen Expreßdienstleistungen in Deutschland gelang den ausländischen Transportkonzernen die Errichtung eines Brückenkopfs zur weiteren Expansion in Europa. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 1985 verpflichtete die europäischen Regierungen zur Herstellung von Regeln für den internationalen Verkehr innerhalb Europas, aber das Postmonopol war davon zunächst noch nicht betroffen. Allerdings verstärkten in der Folgezeit die internationalen Kurier- und Expreßdienste die diesbezügliche Lobby-Arbeit auf europäischer Ebene erheblich und integrierten in ihren Verbänden nationale Paketdienste (z.B. DPD, German Parcel), denen das Postmonopol ebenfalls ein Dorn im Auge war.

    Der neue internationale Wettbewerb eröffnete eine ökonomische, juristische und politische Auseinandersetzung um die Marktordnungspolitik. Der Konflikt zwischen Befürwortern und Gegnern der Deregulierung wurde im Laufe der 90er Jahre zunehmend auf die supranationale Ebene der Europäischen Union verlagert. 1996 verbuchten die Vertreter einer Liberalisierung der Postmärkte europaweit einen Teilerfolg, der den nationalstaatlich geschützten Monopolmarkt der überwiegend staatlichen Postorganisationen einengte. In bezug auf weitere Liberalisierungsschritte, die aktuell in Brüssel verhandelt werden, warnt Dieter Plehwe vor einer reinen Wettbewerbslogik: "Werden die Universaldienste, denen der Gedanke der Gleichberechtigung aller Nutzer zugrundeliegt und die eine der wichtigsten Innovationen des 19. Jahrhunderts sind, die europäische Liberalisierung überleben?"

    Nach der Teilliberalisierung stellte sich die Deutsche Post AG auf die internationale Expansionsstrategie der neuen TNT-Post-Gruppe (ehemals Niederländische Post) ein, indem sie ihrerseits eine Übernahmestrategie einschlug. Die Ausdehnung der Deutschen Post auf den französischen und britischen Markt beantworteten die französische La Poste sowie das britische Post Office wiederum mit dem Einstieg in den Deutschen Paketdienst (DPD) und der Übernahme der Mittelstandskooperation German Parcel.

    Früher kooperierten die Postverwaltungen auf europäischer Ebene im Rahmen der Postministerkonferenz, jetzt erzwingt die Liberalisierung eine Trennung von Ökonomie und Politik. Die Postunternehmen gründeten den europäischen Verband PostEurope, der auf EU-Ebene ebenso wie konkurrierende Verbände der Expreßdienstleister unter anderem mit den Regulierungsbehörden, der Europäischen Kommission und dem einflußreicher werdenden Europäischen Parlament verhandelt.

    Anlage: Tabelle (http://www.wz-berlin.de/presse/mitteil/post.de.htm#unter)

    "Hinaus in die Welt - Die Post wandelt sich zum globalen Dienstleister", in: WZB-Mitteilungen, Heft 87,
    März 2000, S. 4-7

    Dieter Plehwe, Why and How Do National Monopolies Go "Global"? International Competition and the Transnational Reorganization of Postal and Logistics Companies in Europe, 42 S. (WZB-Bestellnummer FS I 99-102)

    Weitere Informationen: Dr. Dieter Plehwe, Telefon: 030 / 25 491 -102
    E-mail: Plehwe@medea.wz-berlin.de


    Weitere Informationen:

    http://www.wz-berlin.de/presse/mitteil/post.de.htm#unter
    http://www.wz-berlin.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Verkehr / Transport, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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