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02.03.2000 10:53

Beschichtung für schmiermittelfreie Lager

Dr. Angelika Leute Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik

    Das Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM, Freiburg, zeigt auf der Hannover Messe (20.-25.03.2000, Halle 6, Stand F04) numerische Simulationen und Anwendungsbeispiele zur Optimierung kontakt- und wälzbelasteter Oberflächen.

    Reibung und Verschleiß verursachen in Deutschland jährlich einen volkswirtschaftlichen Schaden in zweistelliger Milliardenhöhe, einige Prozent des Bruttosozialprodukts. Für andere europäische Länder gilt Ähnliches.
    Eine Verminderung von Reibung und Verschleiß wird hauptsächlich durch veränderte oder verbesserte Werkstoffe, zum Beispiel durch Härten oder den Einsatz von Keramiken oder Polymeren, oder durch Schmiermittel erreicht. Da Schädigungen durch Verschleiß, Ermüdung oder Korrosion meist von der Oberfläche ausgehen, ist eine Verbesserung der Randschichteigenschaften entscheidend. Hier gewinnen Beschichtungen zunehmend an Bedeutung. Denn durch eine Beschichtung kann man einem Bauteil spezielle Eigenschaften gezielt an den Stellen geben, an denen sie wirklich benötigt werden. So kann beispielsweise ein Grundwerkstoff mit der gewünschten Festigkeit und Härte gewählt werden, wohingegen die aufgebrachte Schicht für den Verschleißschutz, für die Korrosionsbeständigkeit und die elektrischen Eigenschaften des Bauteils sorgt.

    Allerdings werden Beschichtungen mangels Modellvorstellungen über das Versagens- und Lebensdauerverhalten bei der Auslegung eines Bauteils oft nicht genügend berücksichtigt und können deshalb auch nicht die erhofften Verbesserungen erzielen. Hier setzen die Wissenschaftler im Fraunhofer IWM an. Sie gehen davon aus, dass eine Beschichtung fester Bestandteil des Bauteils ist und dass das ganze Bauteil zusammen mit der Schicht auf den vorgesehenen Einsatz abgestimmt werden muss. Zu diesem Zweck werden am Fraunhofer IWM die Bauteile mit ihren Randschichteigenschaften unter den entsprechenden Belastungen mit der Methode der Finiten Elemente numerisch simuliert. So können optimale mechanische Eigenschaften der Schicht abgeleitet und in einem nächsten Schritt Versagens- und Lebensdauermodelle für die beschichteten Bauteile entwickelt werden.

    Aktuelle Arbeiten im Fraunhofer IWM zielen auf Beschichtungen für Wälz- und Gleitlager, zum Beispiel für trocken-laufende Hybridlager. Bei einem Hybridlager besteht die Laufbahn aus Stahl, während die Wälzkörper selbst aus Keramik (meist Siliciumnitrid) gefertigt sind. Zum Einsatz kommen Hybridlager meist in Anwendungen, bei denen hohe Drehzahlen, wie in Werkzeugspindeln, Verdichtern oder Vakuumpumpen, erforderlich sind. In vielen Fällen, insbesondere bei den Vakuumpumpen, sind Schmiermittel unerwünscht, da diese das Vakuum verunreinigen würden.

    Eine Lagerbeschichtung muss einerseits sehr hart sein, um einen möglichst hohen Verschleiß-widerstand zu haben, andererseits einen niedrigen Reibwert aufweisen, um einen Trockenlauf, das heißt den Betrieb ohne Zusatz von Schmierstoffen, zu gewährleisten. Amorphe Kohlenwasserstoffschichten (a-C:H) besitzen beide Eigenschaften: niedrige Reibwerte von bis zu 0,015 je nach Reibpartner und Härten von bis zu 800 GPa. Zusätzlich können mechanische Eigenschaften der Schicht wie E-Modul, Härte, Reibwert und Eigenspannungen über Prozessparameter und Dotierungen in einem relativ weiten Bereich variiert werden.

    Im Fall der Überrollung einer beschichteten Platte mit einer Kugel aus Siliciumnitrid ist je nach eingestelltem Schlupf die Scherspannung, die für eine Delamination der Schicht entscheidend ist, bei einer bestimmten Schichtdicke minimal. Dies zeigt, dass mit Hilfe der numerischen Simulation je nach Einsatz des Lagers und dem daraus resultierenden Belastungskollektiv eine optimale Kombination der mechanischen Eigenschaften und der Schichtdicke gewählt werden kann.

    Für die Entwicklung einer anwendungsoptimierten Schicht müssen sowohl die mechanischen und tribologischen Eigenschaften als auch die Auswirkung einer Änderung der Prozessparameter auf die Schichteigenschaften genau bekannt sein. Die mechanischen und tribologischen Eigenschaften der Schicht werden im Fraunhofer IWM in einer Prüfkette umfassend charakterisiert und die Ergebnisse mit den Simulationsrechnungen verglichen.

    Im Fall des trockenlaufenden Hybridlagers besteht eine solche Prüfkette aus einem reversierenden Gleitverschleißtest, bei dem eine Kugel auf einer Platte oszilliert. Mit dieser Prüfanordnung wird das Reib-, Verschleiß- und Versagensverhalten der Schichten unter verschiedenen Umgebungseinflüssen getestet. Im nächsten Schritt wird in einem Wälzkontakt-tribometer das Schichtverhalten bei einer überrollenden Beanspruchung untersucht. Die so gewonnen Daten bilden die Grundlage für die Verschleiß- und Lebensdauervorhersagen. Im Wälzlagerprüfstand werden die gemachten Annahmen und Modellvorhersagen an dem realen Bauteil unter anwendungsnahen Bedingungen überprüft. Letzter und alles entscheidender Schritt in einer solchen Prüfkette ist die Erprobung des Bauteils in Feldversuchen beim Anwender.

    Die Kombination von Schichtentwicklung und -charakterisierung bis hin zur anwendungsnahen Prüfung ermöglicht in Verbindung mit der numerischen Beanspruchungsanalyse die Entwicklung von maßgeschneiderten Schichtsystemen für unterschiedlichste Anwendungsfälle.

    Ansprechpartner:

    Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik
    Wöhlerstraße 11
    79108 Freiburg

    Dr. Thomas Hollstein
    Telefon: +49(0)761/5142-121
    Fax: +49(0)761/5142-110
    E-Mail: hol@iwm.fhg.de

    Bernhard Blug
    Telefon: +49(0)761/5142-180
    Fax: +49(0)761/5142-110
    E-Mail: bbl@iwm.fhg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Maschinenbau, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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