AUS DER MEDIZIN FÜR DIE MEDIEN 7-2000
Der Körper ist in der Lage, Krebszellen mit Hilfe seines eigenen Abwehrsystem zu beseitigen. Dies geschieht ständig, denn Krebszellen sind für Immunzellen erkennbar: Sie tragen Bruchstücke von Eiweißen auf ihrer Oberfläche, an denen Immunzellen sie als krankhaft verändert identifizieren und ihren Untergang einleiten. Bei Patienten, die Tumore entwickeln, ist diese Fähigkeit des Immunsystems aus verschiedenen Gründen gestört.
Ein moderner Ansatz der Krebstherapie besteht darin, die körpereigene Abwehr gegenüber Krebszellen zu aktivieren und zu stärken. Eine derartige Immuntherapie ist an der Hautklinik der Charité an 16 Patienten mit malignem Melanom ("schwarzem Hautkrebs") in einer ersten Studie erfolgreich erprobt worden. Die Ergebnisse sind jetzt im angesehenen "International Journal of Cancer" (85 [2000] 218-226) veröffentlicht worden.
Die Arbeitsgruppe der Klinik um Uwe Trefzer hat dafür einen sogenannten Hybrid-Impfstoff eingesetzt. Er wurde für jeden Patienten individuell hergestellt und entsteht durch elektrisch bewirkte Verschmelzung von Melanomzellen des Patienten mit Immunzellen (B-Lymphozyten) aus dem Blut gesunder Spender. Die fusionierten (Hybrid-) Zellen tragen dann sowohl Erkennungsmerkmale der Krebszellen auf der Oberfläche wie auch immunaktivierende Moleküle der Spender-Lymphozyten.
Dieser Impfstoff zur Anregung des körpereigenen Immunsystems wurde Patienten, die sich in einem so weit fortgeschrittenem Stadium ihrer Krebserkrankung befanden, daß sich Absiedelungen (Metastasen) in vielen Körperorganen gebildet hatten, im Abstand von jeweils vier Wochen mindestens drei Monate lang in die Haut gespritzt.
Wirksam kann eine Immunstimulation nur sein, wenn das Immunsystem des Kranken noch Reste von Abwehrkraft besitzt. Bei 6 der 16 Patienten war sie praktisch erschöpft, was durch einen Test festgestellt wurde. Bei diesen Patienten blieb die Impfung wirkungslos.
Dagegen reagierten sieben der zehn übrigen Patienten auf die Impfung günstig: Einer erlebte die vollständige Rückbildung seiner Metastasen, ein anderer eine weitgehende Reduktion und bei fünf Patienten kam es zum Stillstand der Krankheit, die vor der Impfung massiv fortgeschritten war. Alle sieben Patienten wurden weiter behandelt und haben statt der zu erwartenden 6 Monate durchschnittlich 16 (zwischen 6 und 28) Monate überlebt.
Die Nebenwirkungen waren gering und entsprachen dem, was von einer heftigen Immunreaktion zu erwarten ist. Sie bedurften keiner medizinischen Behandlung. Zukünftig wird man versuchen, die Immuntherapie schon in einem früheren Stadium der Erkrankung einzusetzen und statt der B-Lymphozyten der Spender andere Zellen, die sogenannten dendritischen Zellen, zu verwenden, die eine stärkere immunaktivierende Wirkung haben könnten.
Das Prinzip der Hybrid-Zell-Impfung wurde von Professor Peter Walden von der Hautklinik der Charité vor einigen Jahren am Max-Planck-Institut in Tübingen zusammen mit Gernot Stuhler entwickelt. Die Therapie wurde dann in parallen Studien in Berlin an der Charité und am Universitätsklinikum Göttingen erprobt. Soeben sind die neuesten Ergebnisse der Göttinger Studien in der Zeitschrift "Nature Medizin" (6 [2000] 332-336) publiziert worden. Hierbei wurde eine Hybrid-Vakzine mit dendritischen Zellen bei Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkrebs verwendet. Bei etwa der Hälfte der Patienten hat diese Immuntherapie zu vollständiger oder weitgehender Rückbildung der Metastasen geführt.
Silvia Schattenfroh
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Charité
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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