Und es gibt sie doch
Warum wurde die Existenz von Kohlensäure so lange zu unrecht bezweifelt?
Was da so schön in unserem Sekt oder unserem Sodawasser perlt, bezeichnen wir zumeist als Kohlensäure. Das ist aber nicht so ganz korrekt. Es handelt sich dabei um Kohlendioxid (CO2), das bei der Gärung entstand bzw. in das Getränk gepresst wurde. Lediglich 0,003 % des gelösten Gases liegen tatsächlich als Kohlensäure (H2CO3) vor.
Schlagen wir in einem einschlägigen Lehrbuch unter Kohlensäure nach, lernen wir, dass reine Kohlensäure nicht existiere, da sie extrem instabil sei. Ein Irrtum, wie sich inzwischen herausgestellt hat: Verschiedene Forschergruppen konnten in den letzten Jahren Kohlensäure als reine Verbindung isolieren und charakterisieren. Sowohl als Feststoff wie auch in der Gasphase wurde ihre Stabilität nachgewiesen. Diese Ergebnisse konnte man sich lange Zeit nicht richtig erklären. Woher kam die Diskrepanz zu den bisherigen Beobachtungen?
Innsbrucker Forscher um Klaus R. Liedl, Erwin Mayer und Andreas Hallbrucker haben das Geheimnis gelüftet, wie in der jüngsten Ausgabe der von der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) herausgegebenen Zeitschrift "Angewandte Chemie" berichtet wird. Anhand von theoretischen Berechnungen haben sie nun herausgefunden, unter welchen Bedingungen Kohlensäure stabil ist und wieso ihre Stabilität so lange unerkannt bleiben konnte.
Verblüffend und doch einfach ist die Antwort, die Liedl und seine Kollegen gefunden haben: Es liegt am Wasser. Absolut wasserfreie Kohlensäure ist sehr stabil. Liedl errechnete dafür eine Halbwertszeit von 180.000 Jahren."Kohlensäure zerfällt dagegen sofort, wenn sie mit Wasser in Berührung kommt.Schon ein einziges Wassermolekül reicht, um den Zerfall eines Kohlensäuremoleküls milliardenfach zu beschleunigen."
Warum ist Kohlensäure überhaupt ein Objekt der Forschung? Zum Beispiel vermutet man, dass Kohlensäure im Weltall vorkommt. Für ihren Nachweis braucht man als Vergleich die Spektren der reinen gasförmigen Verbindung aus dem Labor.
Aber Kohlensäure ist auch lebenswichtig für uns: Sie ist eine essentielle Zwischenstufe bei der CO2-Übertragung zwischen Gewebe und Blut bzw. zwischen Blut und Lunge. Die Umwandlung von Kohlendioxid in Kohlensäure wird von einem Enzym, der Carboanhydrase, beschleunigt. Die Kohlensäure selber dissoziiert in Lösung, also auch im Blut, zum Großteil in ein Bikarbonat-Anion (HCO3-) und ein Proton (H+). Dieses Gleichgewicht ist notwendig, um den pH-Wert des Blutes konstant zu halten.
Kontakt:
Prof. Dr. K. R. Liedl
Institut für Allgemeine, Anorganische
und Theoretische Chemie
Universität Innbruck
Innrain 52a
A-6020 Innsbruck
Österreich
Fax: (+43) 512-507-5144
E-mail: Klaus.Liedl@uibk.ac.at
Quelle: Angewandte Chemie 2000, 112 (5), 919 - 922
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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