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22.11.2006 18:09

Prähistorische Erdbeben im Mittelland

Anke Poiger Hochschulkommunikation
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich

    Geologen der ETH Zürich haben entdeckt, dass drei grosse prähistorische Erdbeben in der Innerschweiz auch im Zürichsee Sedimentrutschungen auslösten. Die Beben erreichten demnach eine Stärke, die vergleichbar mit dem Erdbeben von Basel im Jahre 1356 sind.

    Starke Erdbeben hinterlassen in der Natur gewöhnlich kaum nennenswerte Spuren. Eine Ausnahme bilden Seesedimente. Ereignet sich in der Nähe eines Sees ein starkes Erdbeben, können sich am Grund der Seen Sedimente lösen. Untersucht man diese Rutschungen heute im Detail, kann man vorgeschichtli-che Erdbeben zeitlich genau einordnen. Eine Gruppe von Wissenschaftlern des Geologischen Instituts und des Schweizerischen Erdbebendienstes der ETH Zürich hat nun im Zürichsee solche Sedimentablagerungen ausfindig gemacht. Wie die Forscher in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift "Geology" schreiben, gelang es ihnen, mit Hilfe von seismischen Messungen und Radio-Karbon-Datierungen die Spuren von drei Ereignissen präzis zu lokalisieren und zu datieren. Demnach erschütterten vor 2200, 11'500 und 13'800 Jahren schwere Erdbeben die Region Zürichsee.

    Zeitliche Übereinstimmung

    In einer früheren Arbeit haben die Wissenschaftler auch im Vierwaldstättersee Seesedimente analysiert. Dabei konnten die Wissenschaftler Spuren von fünf schweren Erdbeben in der Innerschweiz nachweisen. Bemerkenswert ist nun, dass drei dieser Ereignisse zeitlich mit den Rutschungen im Zürichsee überein-stimmen. Da schwere Erdbeben in der Schweiz nur selten vorkommen, handelt es sich wohl um dieselben Ereignisse.
    Auf der Basis historisch bekannter Erdbeben haben die Forscher die Stärke dieser drei prähistorischen Ereignisse rekonstruiert. Werden in einem See durch ein Erdbeben Rutschungen ausgelöst, dann erreicht das Beben ungefähr eine makroseismische Intensität der Stufe VII. Bei einem solchen Ereignis treten an Gebäuden deutlich sichtbare Schäden auf. Es muss sich also um ein vergleich-bares Ereignisse wie das schwere Erdbeben, das im Jahre 1356 die Stadt Basel heimsuchte handeln. Dass nicht nur die Innerschweiz, sondern auch das Mittel-land von so starken Erschütterungen heimgesucht wird, war bis anhin unbekannt.

    Epizentrum noch unklar

    Wo genau die drei prähistorischen Erdbeben ausgelöst wurden, ist noch nicht restlos geklärt. Geologisch gesehen ist es eher unwahrscheinlich, dass die Be-ben tatsächlich zwischen den beiden Seen verursacht wurden. Die Forscher gehen vielmehr davon aus, dass die Erschütterungen von einem Herd östlich des Vierwaldstättersees ausgingen. Das bedeutet allerdings, dass die Magnitude einen Wert von deutlich über 6,5 erreicht haben muss, da sonst im Zürichsee keine Rutschungen ausgelöst worden wären.

    Mögliche Gefahr für die Region Zürichsee
    Diese neuen Erkenntnisse sind wichtig für die Beurteilung der Erdbebengefähr-dung des Schweizer Mittellandes. Versicherungen stützen sich bei ihren Be-rechnungen auf Ereignisse mit einer Wiederkehrrate von höchstens 500 Jahren. Ereignisse mit einer grösseren Wiederkehrperiode - und dazu gehören die drei nun entdeckten Erdbeben - gelten als Restrisiko. Die neue Studie zeigt, dass für die Region Zürichsee dieses Restrisiko eine reale Grösse ist, die auch bei der Planung von kritischen Infrastrukturen beachtet werden muss.

    Weitere Informationen
    Michael Strasser Domenico Giardini
    Geologisches Institut Swiss Seismological Service
    Telefon+41 44 632 69 75Telefon +41 44 633 26 05
    strasser@erdw.ethz.ch giardini@sed.ethz.ch

    Literaturhinweis:

    Strasser, M., et.al.: Magnitudes and source areas of large prehistoric northern Alpine earthquakes revealed by slope failures in lakes. Geology, Vol. 34, No 10, S. 1005-1008 (December 2006).


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geowissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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