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04.12.2006 15:32

BSE, Gammelfleisch und Genfood: Vor welchen Gefahren kann uns Europa schützen?

Dr. Martin Beyer Dezernat Kommunikation
Otto-Friedrich-Universität Bamberg

    Ein Interview mit Sebastian Krapohl von der Otto-Friedrich-Universität Bamberg

    Ein Skandal jagt den anderen. Bayern bekommt das Gammelfleisch-Problem anscheinend nicht in den Griff. Was sind die Ursachen dafür? Ein Interview mit Sebastian Krapohl, Assistent am Lehrstuhl für Internationale Beziehungen, der über Lebensmittelregulierung forscht.

    Herr Krapohl, sind Sie nach fünf Jahren Regulierungsforschung Vegetarier?

    Nein, das bin ich nicht. Dafür esse ich zu gerne fränkische Spezialitäten. Aber Spaß beiseite: Wie uns BSE und Gammelfleisch zeigen, birgt der Fleischkonsum zwar bestimmte Risiken, aber die sind im Vergleich zu anderen Risiken sehr klein. Bereits beim Autofahren ist das Risiko zu sterben um ein Vielfaches höher. Außerdem sind Lebensmittel, insbesondere Fleisch, heute natürlich besser reguliert als noch vor zehn Jahren. Der BSE-Skandal hat hier seine Spuren hinterlassen.

    Trotzdem bekommt Bayern das Gammelfleisch-Problem nicht in den Griff. Was ist die Ursache?

    Die Gammelfleisch-Skandale stellen ein reines Problem des Gesetzesvollzuges dar. Es gibt ausreichend gute und strenge Vorschriften für die Frische von Fleisch und Fleischprodukten. Sie berücksichtigen sowohl die Gesundheitsgefahren als auch unseren Ekel vor jahrelang gelagerten Produkten. Das Problem liegt in der Durchsetzung der Vorschriften. Diese Aufgabe liegt bei den Bundesländern. Es ist deshalb das alleinige Problem der bayerischen Veterinärverwaltung, wenn in Bayern gehäuft solche Skandale auftreten. Offensichtlich fehlt es an hier an Kapazitäten: Es gibt zu wenig Tests, zu wenig Kontrolleure. Diese Kapazitäten muss man erhöhen. Anders geht es nicht.

    Fehlende Kontrollen - das erinnert an den BSE-Skandal, in dem jahrelang unentdeckt blieb, dass auch bayerische Rinder betroffen sind. Hat man seitdem nicht dazugelernt?

    Die Gammelfleisch-Skandale sind schon etwas anderes als das BSE-Problem in den 90er Jahren. Sicher, damals mangelte es wie heute an Lebensmittelkontrollen, aber im Gegensatz zu BSE gibt es beim Gammelfleisch klare gesetzliche Vorschriften.
    In der BSE-Krise fehlte es aber schon an adäquaten Regulierungen. Die Fleischproduktion war damals unterreguliert. Man muss sich das vorstellen: Ein europaweites Verbot von Risikomaterialien wie Rinderhirn, Rückenmark und Nervengewebe gab es erst ab dem Jahr 2000. Das war 14 Jahre nachdem der erste BSE-Fall registriert wurde, und vier Jahre nachdem Großbritannien zugegeben hat, dass von dem Erreger eine Gefahr ausgeht.

    Hat die EU seither dazugelernt?

    Ja und nein. Sicher, in Hinblick auf BSE gibt es seit dem Jahr 2000 viele schützende Regelungen, wie zum Beispiel das europaweite Verbot, Tiermehl an Rinder zu verfüttern. Das Problem besteht aber darin, dass die Regulierungsinstitutionen der EU nach wie vor sehr schwach sind. Zwar hat man eine neue Europäische Lebensmittelbehörde eingerichtet, die sich mit der Sicherheit von Lebensmittel beschäftigt, aber diese Behörde ist nur beratend tätig. Letztlich entscheiden - wie zu BSE-Zeiten - die Mitgliedstaaten und die Kommission.
    Damit besteht immer noch die Gefahr, dass politische Interessen über die Sicherheit unserer Lebensmittel gestellt werden. Im BSE-Fall konnte zunächst England lange Zeit Maßnahmen hinauszögern um seine "Beef"-Industrie zu schützen. Als die Gefahren von BSE bekannt wurden, war dies zwar nicht mehr möglich, aber dann schützten die anderen Mitgliedstaaten ihre Industrie, indem sie britisches Rindfleisch verbannten und keine europaweiten Regulierungen zuließen. Wie das Auftreten von BSE in Deutschland, aber auch in anderen Mitgliedstaaten zeigte, war auch dies keine nachhaltige Strategie. Diese Gefahr, dass Staaten ihre Industrie schützen und nicht an die Sicherheit der Verbraucher denken, besteht nach wie vor.

    Lesen Sie das komplette Interview unter http://www.uni-bamberg.de/kommunikation/news/bse-gamme/

    Das Interview führte Michael Kerler


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Politik, Recht, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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