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09.01.2007 11:12

Wie Schüler selber Europa machen

Axel Burchardt Referat Öffentlichkeitsarbeit
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Stifterverband zeichnet Schüler-Projekt des Didaktik-Zentrums der Universität Jena aus

    Jena (09.01.07) Schülern zu verdeutlichen, was das scheinbar langweilige Konstrukt Europa ist und für sie bedeutet, ist eine schwierige Aufgabe. An manchen Schulen ist es ja schon schwierig, Schüler überhaupt noch zum Lernen zu bringen. An die Lösung dieser komplizierten Aufgabe hat sich ein Team vom Didaktik-Zentrum der Friedrich-Schiller-Universität Jena gemacht und ist dafür vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft ausgezeichnet worden.

    140 Schüler im Alter zwischen 14 und 19 Jahren aus acht Schulen Europas - darunter die Jenaer Lobdeburgschule - sind im Herbst 2006 zu einem Kultur-Workshop in Bielefeld zusammengebracht worden. Darunter waren einige "sehr schwierige Schüler", wie der Jenaer Geographiedidaktiker Prof. Dr. Tilman Rhode-Jüchtern erlebt hat. Sie alle sollten das Thema "Europa - Heimat und Fremde" selber bearbeiten und für sich erschließen. "Europa kommt nicht von oben, das müssen die Menschen selber machen", bringt der geschäftsführende Direktor des Jenaer Didaktik-Zentrums die Aufgabenstellung auf den Punkt. Er ergänzt: "Wir haben ein Konzept erstellt, das unten ansetzt, den einzelnen Schüler mitnimmt, um Europa als große Idee für sich zu erleben". Dabei setzten die Pädagogen zunächst auf persönliche Erfahrungen der jungen Menschen, die dann in einer Kulturcollage von Tanz, Theater und Videos öffentlich präsentiert wurden. Alle Schüler mussten zum Beispiel vorab einen kleinen Text schreiben "Als ich ein Fremder war". Sie wurden bei der Präsentation erstmals öffentlich wahrgenommen und erhielten dafür Beifall - "eine ganz neue Erfahrung z. B. für schwierige Hauptschüler aus Berlin", sagt Rhode-Jüchtern. Der Versuch war erfolgreich, die Schüler "waren plötzlich engagiert, motiviert und sogar euphorisiert", hat der Geographie-Didaktiker von der Universität Jena erlebt. "Europa ist cool", sagte ein afrikanischer Schüler der Werner-Stephan-Oberschule in Berlin - die übrigens beim Deutschen Schulpreis 2006 unter die 18 besten Schulen Deutschlands gelangt ist.

    Der Erfolg ist auch vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft bestätigt worden, der das Jenaer Projekt im Rahmen seines Aktionsprogramms "PUSH für die Geisteswissenschaften" mit 30.000 Euro prämiert hat. Es gehört damit zu den neun ausgezeichneten von 104 eingereichten Projekten, "die Inhalte und Arbeitsweisen der Geisteswissenschaften in origineller Weise für den Dialog mit der Öffentlichkeit aufbereiten", so der Stifterverband.

    Die Siegesprämie ermöglicht es nun, das Projekt professionell weiterzuführen. So sollen die Schüler ihre Erfahrungen in einem moderierten Internet-Forum fortsetzen und sich im September 2007 zu einem zweiten Kultur-Workshop in der Imaginata und in der Lobdeburgschule in Jena treffen - auch die Lobdeburgschule ist im Dezember 2006 als eine der 18 besten Schulen in Deutschland benannt worden. Im Internet-Dialog zwischen den beteiligten Schulen sollen verschiedene Themen aus Europa - vom Euro über Grenzen bis hin zu Arbeitslosigkeit und Werte - diskutiert und kommentiert werden. Das daraus entstehende Material wird in ein Lesebuch umgewandelt, das Schülern wie Lehrern sowie anderen Interessierten den Prozess einer Aneignung Europas von unten her mit authentischen Texten veranschaulicht. "Unser Projekt heißt bewusst ,Europa wird gemacht - Variationen einer bottom-up-Konstruktion'", sagt Rhode-Jüchtern. "Damit setzen wir den Prozess der eigenen Erfahrungen dem von oben her - top down - konstruierten Europabild der Institutionen entgegen", beschreibt der Jenaer Geographie-Didaktiker den pädagogischen Vorteil seines Projekts.

    Es wird vom Didaktik-Zentrum der Jenaer Universität interdisziplinär begleitet. Fragen zur Identitätsentwicklung, der bilingualen und nonverbalen Verständigung oder der Suche nach existenziellen Europafragen stehen neben den pädagogischen Arrangements im Mittelpunkt der Begleitforschung.

    Zum EU-Tag der Schulen am 22. Januar wird das neue Projekt mit einem internationalen Internet-Chat gestartet. Eines der dortigen Themen wird lauten: "Wenn ich König von Europa wäre, ..." Derzeit befindet sich eine Gruppe junger Schülerforscher (ohne Lehrer) in Estland, um in einem Projekt die damalige "Singende Revolution" zu erkunden.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Tilman Rhode-Jüchtern
    Institut für Geographie der Universität Jena
    Grietgasse 6, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 948890
    E-Mail: Tilman.Rhode-Juechtern[at]uni-jena.de


    Bilder

    Prof. Dr. Tilman Rhode-Jüchtern
    Prof. Dr. Tilman Rhode-Jüchtern
    Foto: Scheere/FSU
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Pädagogik / Bildung
    überregional
    Forschungsprojekte, Studium und Lehre
    Deutsch


     

    Prof. Dr. Tilman Rhode-Jüchtern


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