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09.01.2007 11:23

Potenzial natürlicher Feinde von Rapsschädlingen bisher ungenutzt

Stefanie Hahn Pressestelle
Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft

    EU-Projekt MASTER zeigt: Durch sparsamen Umgang mit Pflanzenschutzmitteln und Umstellung der Bodenbearbeitung lassen sich natürliche Gegenspieler in die Schädlingsbekämpfung einbinden

    (Braunschweig) Der Feind meines Feindes ist mein Freund; dieses Sprichwort sollten Landwirte, die Raps anbauen, stärker beherzigen. Bisher wird das Potenzial der natürlichen Gegenspieler der Rapsschädlinge nur ungenügend genutzt. Zu diesem Ergebnis kommt das EU-Projekt "MASTER", das 2006 abgeschlossen wurde. Fünf Jahre lang haben Wissenschaftler aus sechs Ländern integrierte Schädlingsbekämfungssysteme für den Rapsanbau in Europa entwickelt und erprobt. Neun Partnereinrichtungen, unter ihnen die Biologische Bundesanstalt (BBA), haben dabei Artenspektrum, Verbreitung und Effizienz der Gegenspieler der sechs wichtigsten Rapsschädlinge erfasst. Zu den untersuchten Nützlingen zählen parasitische Schlupfwespen, räuberische Laufkäfer und Spinnen ebenso, wie Fadenwürmer oder Bakterien.

    Um die für diese natürlichen Gegner günstigsten Anbau- und Umweltfaktoren zu identifizieren, wurden ein integriertes und ein konventionelles Anbausystem miteinander verglichen. Charakteristisch für das integrierte System waren u. a. die pfluglose Bodenbearbeitung, Mulchsaat sowie breitere Reihenabstände. "Das wichtigste Kriterium für das Überleben von Nützlingen im Rapsfeld ist jedoch ein maßvollerer Einsatz von Insektiziden, der zudem ihren Lebenszyklus berücksichtigt", sagt Dr. Wolfgang Büchs von der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft in Braunschweig. Der Entomologe hat sich im Rahmen von MASTER eingehend mit den Räubern der Rapsschädlinge beschäftigt.

    Seine Untersuchungen zeigen, dass europaweit die gleichen Tiergruppen als Fressfeinde in den Rapsfeldern vertreten sind. Bedingt durch Klima und Eigenarten des Anbaus übernehmen in jedem Land andere Arten die Hauptrolle als Schädlingsvertilger. In Deutschland ist beispielsweise der Kurzflügelkäfer Tachyporus hypnorum ein Schlüsselräuber für die Larven des Rapsglanzkäfers. Indem Büchs und seinen Kollegen die Speisezettel der Räuber eingehend untersuchten, ist es ihnen sogar gelungen eine Laufkäferart zu rehabilitieren. Amara similata war bisher von manchen als Schädling angesehen worden, da er häufig in Rapsschoten auftrat. "In Fütterungsversuchen konnten wir zeigen, dass für Amara similata nur Rapsschoten interessant sind, die von Kohlschotenmückenlarven befallen sind. Gesunde Rapsschoten werden nicht angetastet.", so Dr. Büchs.

    Welchen positiven Einfluss räuberische Insekten wie Amara similata haben können, zeigen die Schlupfzahlen der Schädlinge. So schlüpften 2003 im integrierten System nur 3,7 %, im konventionellen Standardsystem fast 10 % der erwarteten Kohlschotenmücken. Beim Rapsglanzkäfer entwickelten sich in der integrierten Variante 19 % in der Standardvariante 31 % der Larven zu Jungkäfern. "Diese Zahlen belegen, dass im Standardsystem die Fressfeinde unwissentlich mitbekämpft werden", erläutert der BBA-Wissenschaftler. Das geschieht beispielsweise, wenn der in Norddeutschland häufig vorkommenden Gefleckte Kohltriebrüssler mit dem gefährlicheren Großen Rapsstängelrüssler verwechselt wird. Da beim Gefleckten Kohltriebrüssler aufgrund der Biologie eine Behandlung nicht sofort erfolgen muss, kann eine Insektizidanwendung eingespart werden, indem die Bekämpfung zusammen mit der gegen Rapsglanzkäfer erfolgt. "Genaues Hinsehen lohnt sich, da so auch die Gefahr verringert wird, dass sich Resistenzen entwickeln", erläutert Dr. Büchs.

    Die Harmonisierung der Spritztermine ist jedoch nur eine Maßnahme unter vielen. Auch die Umstellung auf nicht wendende Bodenbearbeitung schont die neue Generation der Nützlinge; Mulchsaat fördert ihr Überwintern. Wer die natürlichen Gegenspieler fördern will, braucht jedoch einen längeren Atem, denn die positiven Effekte treten nicht sofort im ersten Jahr ein. Die an MASTER beteiligten Wissenschaftler hoffen, dass die im EU-Projekt erzielten guten Ergebnisse im integrierten Anbausystem dazu führen, dass ihre Erkenntnisse rasch in der Praxis umgesetzt werden. Auch die fortschreitende Resistenzproblematik spricht für die stärkere Beachtung der Nützlinge.

    Hintergrundinformationen:
    Die sechs in MASTER untersuchten Hauptschädlinge im Raps: Psylliodes chrysocephala (Rapserdfloh), Meligethes aeneus (Rapsglanzkäfer), Ceutorhynchus assimilis (Kohlschotenrüssler), Ceutorhynchus napi (Großer Rapsstängelrüssler), Ceutorhynchus pallidactylus (Gefleckter Kohltriebrüssler), Dasineura brassicae (Kohlschotenmücke).

    Wichtige Fressfeinde: Poecilus cupreus (Kupferfarbener Listkäfer), Amara similata, Nebria brevicollis (Pechschwarzer Dammläufer), Pseudoophonus rufipes (Behaarter Schnellläufer), Anchomenus dorsalis (Bunter Putzläufer), Theridion impressum (Braune Kugelspinne) und Tachyporus hypnorum.

    Publikation: Die Ergebnisse von MASTER liegen auf CD vor. Teilergebnisse erscheinen demnächst im Bulletin der International Organisation for Biological and Integrated Control of Noixious Animals and Plants (IOBC/ West Palaeartic Regional Section).

    Kontakt:
    Dr. Wolfgang Büchs
    Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland der
    Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft
    Messeweg 11-12, 38104 Braunschweig
    Tel.: 0531 / 299-4506
    E-Mail: w.buechs@bba.de


    Weitere Informationen:

    http://www.rothamsted.ac.uk/pie/master/master.htm - Hompage des EU-Projektes


    Bilder

    Rapsglanzkäfer bohrt sich in Rapsblüte
    Rapsglanzkäfer bohrt sich in Rapsblüte
    Foto: Kühne/BBA
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    Dr. Büchs mit Käferproben im Labor
    Dr. Büchs mit Käferproben im Labor
    Foto: Hahn/BBA
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Rapsglanzkäfer bohrt sich in Rapsblüte


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    Dr. Büchs mit Käferproben im Labor


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