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23.03.2000 15:43

Senat kritisiert die Vorschläge des Kultusministeriums zur Reform der Lehramtsstudiengänge

Dr. Michael Schwarz Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Universität Heidelberg steht der Vermittlung eines stärkeren Praxisbezuges im Rahmen der Lehrerausbildung grundsätzlich positiv gegenüber - Aber: Dem Praxissemester kann in der vorgesehenen Form nicht zugestimmt werden, da es "in jedem Falle studienzeitverlängernd und qualitätsmindernd wirken wird" - Nicht zustimmen kann die Universität auch einer Verringerung der Stundenzahl des Fachstudiums zugunsten des Begleitstudiums

    Der Senat der Universität Heidelberg kritisiert die Vorschläge des Kultusministeriums zur Reform der Lehramtsstudiengänge. Am 21. März 2000 nahm der Senat eine Stellungnahme des "Arbeitskreises Lehrerbildung" zustimmend zur Kenntnis, die sich mit der Novellierung der Verordnung über die Wissenschaftliche Prüfung für das Lehramt an Gymnasien auseinander setzt. Die Universität Heidelberg steht der Vermittlung eines stärkeren Praxisbezugs im Rahmen der Lehrerausbildung grundsätzlich positiv gegenüber. Dem Praxissemester könne in der vorgesehenen Form jedoch nicht zugestimmt werden, "da diese Maßnahme in jedem Falle studienzeitverlängernd und qualitätsmindernd wirken wird". Auch andere geplante Neuregelungen lehnt die Universität ab.

    Gravierende Argumente gegen das vorgesehene Praxissemester

    Die Stellungnahme führt eine Vielzahl von Argumenten gegen die beabsichtigte Regelung auf. Kritisiert wird die zu lange Unterbrechung der Fachstudien und damit verbunden die studienzeitverlängernde Wirkung über das Praxissemester hinaus, da in vielen Studiengängen nach einer derart langen Unterbrechung nicht nahtlos an die Leistungen und Fähigkeiten des letzten Fachsemesters angeknüpft werden kann. Speziell für die fremdsprachlichen Fächer wird ein längerer, zusammenhängender Aufenthalt im Ausland empfohlen. Es sei zu befürchten, dass viele Studierende auf diese zusätzliche Unterbrechung des Fachstudiums in Zukunft verzichten werden - mit äußerst negativen Folgen für die Sprachkompetenz.

    Letztendlich dürfen auch die rein persönlichen Begleitumstände für die Studierenden nicht vergessen werden. Die Schulen sind in ihrer Aufnahmekapazität im Zusammenhang mit den Lehramtsstudierenden begrenzt, da den einzelnen Klassen eine solche Unterbrechung des normalen Unterrichtsbetriebs nicht dauernd zugemutet werden kann. Das bedeute, dass die Studierenden auch auf die weiter vom Studienort entfernt liegenden Schulen zugreifen müssen.

    Universität lehnt Verringerung der Stundenzahl des Fachstudiums zugunsten des Begleitstudiums ab

    Nicht zustimmen kann die Universität auch einer Verringerung der Stundenzahl des Fachstudiums zugunsten des Begleitstudiums. Durch die Straffung der Stoffpläne und der vorgegebenen erlaubten Zahl von Semester-Wochenstunden befinden sich die meisten Studiengänge bereits jetzt an der Grenze, bei der man noch von einer kompetenzvermittelnden Ausbildung sprechen kann. Wird hier noch weiter reduziert - und dies muss durch die Ausweitung des erziehungswissenschaftlichen Begleitstudiums geschehen - "geht dies auf Kosten einer ganzen Lehrergeneration, die ihren Schülern dann nicht mehr als kompetente Fachleute in ihrem jeweiligen Unterrichtsfach gegenüberstehen werden".

    Durch die als Folge der Vorschläge des Kultusministeriums immer weiter auseinanderdriftenden Studienanforderungen in den Diplom-, Magister- und Lehramtsstudiengängen sei ein Wechsel von einem zum anderen Studiengang ohne größeren Zeitverlust zukünftig nahezu ausgeschlossen.

    Auch werde die Möglichkeit einer Promotion nach dem Staatsexamen in vielen Studiengängen nicht mehr möglich sein, "da die notwendige wissenschaftliche Qualifikation nicht mehr gegeben ist". Die fertig ausgebildeten Lehrer "werden zudem im Falle einer Nichtübernahme in den Schuldienst nicht mehr wie bislang relativ problemlos in der freien Wirtschaft und in anderen Berufszweigen unterkommen können".

    Bedenken gegen das Prüfungsverfahren für das Staatsexamen

    Das im Entwurf skizzierte Prüfungsverfahren für das Staatsexamen kann ebenfalls seitens der Universität nicht unwidersprochen bleiben. Hierbei ist zunächst direkt auf die Person der Prüfer einzugehen. Während bislang der Vertreter der Kultusverwaltung als Vorsitzender nur berechtigt war, in die Prüfung einzugreifen, soll er nunmehr selbst prüfen können. Daneben können laut Entwurf jetzt auch Personen, die die Lehrbefähigung für das Lehramt an Gymnasien besitzen und die in der Lehrerausbildung tätig sind, zu Prüfern bestellt werden.

    Die Universität sieht in beiden Regelungen eine Einschränkung der Lehr- und damit verbunden auch der Prüfungsfreiheit, die nicht hingenommen werden kann. Beim Staatsexamen handelt es sich (noch) um eine wissenschaftliche Prüfung an der Universität, die entsprechend auch nur von wissenschaftlich qualifizierten Personen der Universität abgenommen werden darf. Die bisher geltenden Regelungen sollten daher unbedingt beibehalten werden.

    Weiterhin kritisiert der Senat die zu erwartende Einschränkung des fachlichen Gehalts der mündlichen Prüfungen und die Tendenz der Abwertung der wissenschaftlichen Abschlussarbeit. Auch eine generelle Verkürzung der Bearbeitungszeit von sechs auf vier Monate - mit den Ausnahmen Biologie und Physik - sei nicht sachgerecht. Die Zusammensetzung der Endnote sollte nochmals überdacht werden.

    Rückfragen zu der Senatssitzung bitte an:
    Dr. Michael Schwarz
    Pressesprecher der Universität Heidelberg
    Tel. 06221 542310, Fax 542317
    michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de

    Für inhaltliche Rückfragen zu der Stellungnahme:
    Prof. Dr. Volker Lenhart
    Erziehungswissenschaftliches Seminar der Universität Heidelberg
    Tel. 06221 547512, Fax 547754
    lenhart@ews.uni-heidelberg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Pädagogik / Bildung
    überregional
    Studium und Lehre, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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