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30.03.2000 12:46

Zukünftig alterungsbeständige Antireflexionsschichten auf Fensterglas möglich ?

Jochen Brinkmann Kontaktstelle Schule - Universität
Technische Universität Clausthal

    Bislang haben Antireflexionsschichten einen entscheidenden Nachteil: Sie altern schnell, nach einigen Wochen ist der positive Effekt verschwunden. Keiner wußte bislang, woran dies lag. Dr.-Ing. Gundula Helsch hat nun in ihrer bei Professor Dr. Günther Frischat am Institut für Nichtmetallische Werkstoffe der TU Clausthal im Oktober 1999 abgeschlossenen Dissertation zeigen können, daß der Natriumgehalt der Schicht und der Calciumgehalt des Substrates die entscheidenden steuernden Parameter des Alterungsvorganges sind. Die Ursachenklärung eröffnet technisch den Weg für die Entwicklung von alterungsbeständigen Antireflexionsschichten.

    Gelingt es, bei Solarkollektoren die Reflexion des einfallenden Sonnenlichtes zu verringern, so trägt dies nennenswert zu einer erhöhten Energieausbeute bei. Für diesen Zweck werden die Abdeckungen von Solarkollektoren mit einer Schicht aus poröser Kieselerde, hyperfeinen rauhen "Häuten", versehen. Diese nur 100 nm dünnen porösen SiO2-Schichten wirken aufgrund ihres niedrigen Brechungsindexes antireflektierend. Die Fensterscheibe spiegelt nicht mehr, die Transmission steigt im sichtbaren Bereich bei 500 nm von 92 auf 99 Prozent. Bislang haben solche Antireflexionsschichten einen entscheidenden Nachteil: Sie altern schnell, nach einigen Wochen ist der positive Effekt verschwunden. Keiner wußte bislang, woran dies lag. Dr.-Ing. Gundula Helsch hat nun in ihrer bei Professor Dr. Günther Frischat am Institut für Nichtmetallische Werkstoffe der TU Clausthal im Oktober 1999 abgeschlossenen Dissertation zeigen können, daß der Natriumgehalt der Schicht und der Calciumgehalt des Substrates die entscheidenden steuernden Parameter des Alterungsvorganges sind. Die Ursachenklärung eröffnet technisch den Weg für die Entwicklung von alterungsbeständigen Antireflexionsschichten.

    Auch konnte Frau Dr.-Ing. Gundula Helsch eine kostengünstige und umweltfreundliche Ausgangslösung für das Sol-Gel-Tauchbeschichtungsverfahren entwickeln. Bei der Tauchbeschichtung wird die Floatglasscheibe in ein Bad getaucht, welches die Bestandteile der Antireflexionsschicht, in diesem Fall Kieselsol, enthält. Die Scheibe wird mit einer Geschwindigkeit von einem Millimeter pro Sekunde herausgezogen, und es bildet sich ein optimaler 100 Nanometer dicker Film auf der Scheibe. Ein nachfolgender Temperschritt bei 500°C verfestigt die poröse SiO2-Schicht. Die Ergebnisse der Arbeit sind in der Ausgabe 265 (2000) S. 193-197 des "Journal of Non-Crystalline Solids" veröffentlicht.

    Die Natriumionen aus der Schicht reagieren mit Kohlendioxid und Wasser aus der Umgebung zu Korrosionsprodukten. Diese liegen aber den eindringenden Sonnenstrahlen buchstäblich "im Weg". Die Glasscheibe reflektiert wieder stärker die auftreffenden Sonnenstrahlen. Dieser chemische Prozeß spielt sich innerhalb weniger Wochen ab und kommt dann zum Stillstand. Der Gehalt an Calciumionen in der Glasscheibe selbst trägt mit einem Prozeß, der nach Monaten seine Wirkung entfaltet, gleichfalls zu einer Verringerung der Transmission der Sonnenstrahlen bei. Es wandern Calciumionen durch die poröse Kieselerdeschicht an die Oberfläche und reagieren mit dem Kohlendioxidgehalt der Umgebungsluft zu Calciumcarbonat. Diese "Pflastersteine" auf dem Floatglas beeinträchtigen gleichfalls den freien Durchgang der Sonnenstrahlen durch das Glas. Setzt sich dieser Prozeß fort, so sinkt der Transmissionswert unterhalb desjenigen einer gereinigten Floatglasscheibe ohne Antireflexionsschichten. Unter dem Atomkraftmikroskop werden Kristalle mit einer Größe von bis zu 500 Nanometern sichtbar. Röntgendiffraktometrische Untersuchungen klärten, es handelte sich um Calciumcarbonat. Die Wanderung der Calciumionen durch die poröse SiO2-Schicht konnte mit Hilfe der Sekundärneutralteilchen-Massenspektrometrie nachgewiesen werden.

    Dr.-Ing. Gundula Helsch untersuchte die Transmissionseigenschaften zweier Antireflexionsschichten mit einem unterschiedlichen Natriumgehalt und stieß hierbei auf deutlich unterschiedliche Alterung in Abhängigkeit vom Natriumgehalt.

    Diese Forschungsergebnisse bilden die Grundlage für die Entwicklung von alterungsbeständigen Antireflexionsschichten, welche die Transmission von Fensterglasscheiben dauerhaft erhöhen. Für Solarkollektoren ergibt sich daraus eine Verbesserung des Wirkungsgrades, verbunden mit der Einsparung nicht erneuerbarer Energien und der Schonung der Umwelt.


    Weitere Informationen:
    Dr.-Ing. Gundula Helsch, Institut für Nichtmetallische Werkstoffe der TU Clausthal
    Zehntnerstraße 2a, Tel.: 05323/72-2895, eMail: gundula.helsch@tu-clausthal.de , http://www.naw.tu-clausthal.de/glas/helsch.html, 38678 Clausthal-Zellerfeld


    Weitere Informationen:

    http://www.naw.tu-clausthal.de/glas/helsch.html


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    Natriumionen aus der Schicht und Calciumionen aus dem Substrat bewirken einen zweistufigen Alterungsprozeß
    Natriumionen aus der Schicht und Calciumionen aus dem Substrat bewirken einen zweistufigen Alterungs ...

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    AFM-Aufnahme einer porösen SiO2-Schicht auf Floatglas, 1 Jahr gealtert.
    AFM-Aufnahme einer porösen SiO2-Schicht auf Floatglas, 1 Jahr gealtert.

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Natriumionen aus der Schicht und Calciumionen aus dem Substrat bewirken einen zweistufigen Alterungsprozeß


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