Tagung des Sonderforschungsbereichs "Erinnerungskulturen"
Eine Tagung zum "Déjà vu" veranstaltet der an der Justus-Liebig-Universität Gießen eingerichtete Sonderforschungsbereich "Erinnerungskulturen" unter der Leitung des Sprechers Prof. Dr. Günter Oesterle im Schloss Rauischholzhausen (Ebsdorfergrund) vom 13. bis 16. April 2000. Die Tagung dient der Vertiefung der Zusammenarbeit mit der Universität Jerusalem und der Arbeitsgruppe "Memory" der Universität Cornell (Ithaca), die beide mit zahlreichen Vortragenden und Disputanten teilnehmen werden (Jens Mattern, Gabriel Motzkin, Timothy Murray, Ashraf Noor, Rebecca Schneider, Anette Schwarz, Mark Seltzer, Suzanne Stewart-Steinberg). Außerdem sind Vortragende aus Deutschland, der Schweiz und den USA geladen (Gabriele Brandstetter, Wolf Kittler, Peter Matussek, Gerhard Neumann, Manfred Schneider, Ralf Simon, Peter Utz).
Thematisch und methodisch setzt die Tagung die interdisziplinäre Ausrichtung des Sonderforschungsbereichs fort. So wird nun das Phänomen des 'Déjà vu' als literarische, kunsthistorische und musikwissenschaftliche Figur und im Rahmen anthropologischer, philosophischer, psychologischer und medienwissenschaftlicher Betrachtungen erörtert. Damit liefert die Universität Gießen, die an der Tagung durch mehrere, größtenteils auch am Sonderforschungsbereich beteiligte Dozenten (Marcel Baumgartner, Rolf Reichardt, Christoph Danelzik-Brüggemann, Heiner Goebbels, Herbert Grabes, Christine Lubkoll, Odo Marquard, Claus Leggewie, Harald Neumeyer, Ansgar Nünning, Günter Oesterle, Hartmut Stenzel, Albert Spitznagel, Harald Tausch) vertreten sein wird, einen weiteren Beitrag zur internationalen Diskussion um Gedächtnistheorien.
Mit dem ausgewählten Thema betritt die Tagung zugleich ein neues und besonderes Feld innerhalb der Gedächtnisforschungen. 'Déjà vu' ist in den Kulturwissenschaften bisher nicht behandelt worden. Als 'Gedächtnis-' bzw. 'Erinnerungstäuschung' fiel es zumeist in den Zuständigkeitsbereich der Psychologie, die 'Déjà vu' als einen Täuschungszustand bei neurotischen und psychotischen Personen klassifiziert hat. Die Vorträge der Tagung nehmen hingegen ihren Ausgangspunkt von einer gegenwärtig diskutierten Form des Zusammenhangs von "distortion memory" und "culture memory" und versuchen damit die Ansätze von Maurice Halbwachs, aber auch Ernst Blochs Ausführungen in seinem kurzen Aufsatz "Bilder des Déjà vu" fortzuführen. Die spezifische Problematik beim 'Déjà vu' besteht darin, dass Ereignisse nicht im Augenblick ihres Vorfalls erfahren werden, sondern ihre volle Evidenz erst versetzt, unter anderen räumlichen und zeitlichen Bedingungen erhalten. Das 'Déjà vu' als eine Repräsentation ohne vorangegangene Präsenz, als eine Wiederholung, die ihren Ausgangsort verloren hat, als eine Erinnerung, die sich autonomisiert und von ihrem ursprünglichen Punkt losgelöst hat - dieser besonderen Form des Erinnerns widmet sich die Tagung. Dabei wird neben der interdisziplinären Orientierung die historische Perspektivierung des Themas von Bedeutung sein. In den Vorträgen, die einen Bogen von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart spannen, wird die Frage, ab wann das 'Déjà vu' als eine spezifische Struktur des Erinnerns überhaupt denkbar bzw. formulierbar wird, ebenso erwogen wie die Möglichkeiten einer medialen Fassung des 'Déjà vu' im digitalen Zeitalter.
Kontaktadresse:
Sonderforschungsbereich "Erinnerungskulturen"
Otto-Behaghel-Straße 10, Haus G
35394 Gießen
Tel.: 0641/99-31078 oder 99-31091
Fax: 0641/99-31079
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Kunst / Design, Musik / Theater, Sprache / Literatur
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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