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10.04.2000 10:04

Halbleiter-Technologie: erstmals gezielt Dünnschichtfolgen aus Siliziumcarbid

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Jena (10.04.00) Physiker der Friedrich-Schiller-Universität haben weltweit erstmalig gezielt Stapel dünner Schichten aus Silziumcarbid (SiC) mit unterschiedlicher Kristallstruktur erzeugt. Das diamantharte, durchsichtige Material eröffne neue Wege in der Halbleitertechnologie, weil es großen Temperaturen standhalte und zudem besondere optoelektronische Eigenschaften besitze, erklärte Prof. Dr. Wolfgang Richter.

    Es werde aber in der Chipindustrie herkömmliche Silizium- und Galliumarsenidbausteine nicht verdrängen, sondern ergänzen. "Bislang sind die Herstellungsverfahren für hochreine Siliziumcarbid-Kristalle noch recht aufwändig und teuer", gibt Richter zu bedenken.

    Als erstes Anwendungsgebiet für SiC-Chips haben die Jenaer Physiker so genannte ,rauhe Umgebungen' ins Auge gefasst. Etwa für die Mess- und Steuerelektronik in der Nähe von Fahrzeugmotoren eigne sich das neue Material weit besser als konventionelles Silizium, weil es erheblich höhere Temperaturen - bis 600° C - verkrafte. "Dank dieser Eigenschaft können auch ohne besondere Kühltechniken sehr hohe Leistungen und Spannungen verarbeitet werden", erklärt Prof. Richter, "zum Beispiel in Hochleistungs-Hochspannungs-Bauelementen in der Eisenbahn oder auch in der Nachrichtentechnik, wenn es um ultrahohe Frequenzen und riesige Datenübertragungsraten geht."

    Die vergleichsweise kleinen Silizium- und Kohlenstoffatome gehen eine sehr harte Bindung ein und entwickeln deshalb eine ungewöhnlich hohe Wärmeleitfähigkeit, so dass die Prozesswärme sehr schnell abgeführt wird. "Wenn in der Computertechnik die Gigahertz-Taktfrequenz überschritten wird, könnten Siliziumcarbid-Chips zum Einsatz in ultraschnellen Transistoren kommen", blickt Richter voraus.

    Weitaus interessanter schätzt er SiC aber wegen seiner optoelektronischen Eigenschaften ein. Mit Hilfe dünner Schichtstapel sei eine sehr elegante Schnittstelle zwischen der erheblich schnelleren optischen Informationsübertragung in Lichtleitfasern und der konventionellen elektronischen Datenverarbeitung im Rechner konstruierbar. Richter und sein Team experimentieren bereits mit Silizium-Nanokristallen in Siliziumcarbid-Schichten, die dann als Mini-Lichtemitter dienen sollen.

    Die Schlüsseltechnologie für die SiC-Herstellung heißt Molekularstrahl-Epitaxie. In einem Vakuumzylinder verdampft Richters Wissenschaftler-Team quasi unter Weltraumbedingungen - allerdings bei Temperaturen zwischen 1000° C und 2000° C - Silizium und Graphit, so, dass Atomlage für Atomlage hochreine SiC-Kristallschichten auf einem Substrat wachsen. Die Schichtdicken betragen nur zehn bis 100 Nanometer - tausendmal dünner als ein menschliches Haar. Dieser Prozess vermögen die Jenaer Physiker präzise zu steuern.

    Über eine Veränderung der Wachstumsparameter lässt sich auch die Kristallstruktur der Dünnschichten beeinflussen. "Siliziumcarbid ist eines der wenigen Materialien, die in verschiedenen Kristallformen mit jeweils unterschiedlichen elektrischen und optischen Eigenschaften auftreten", erläutert Richter, "über 100 Kristalltypen sind möglich."

    Gezielt züchtet sein Team bereits hauchdünne SiC-Schichtfolgen unterschiedlicher Kristallstrukturen, die völlig verspannungsfrei aufeinander haften, weil sie trotz unterschiedlicher Strukturen dieselbe Gitterkonstante besitzen. Diese Schichten vermögen sowohl elektrischen Strom als auch Licht zu leiten. In einem Projekt des Jenaer DFG-Sonderforschungsbereichs 196 "Physik und Chemie optischer Schichten" will Richter nun deren Eigenschaften exakt bestimmen.

    Bislang kooperierte sein Team auf dem Gebiet der Epitaxie dünner Schichten eng mit der Jen-optik AG. Ob sich allerdings Siliziumcarbid in großem Maßstab in der Halbleiterindustrie durchsetzen kann, will Richter nicht orakeln. "Das hängt von der weiteren Entwicklung und den jeweiligen Anwendungsanforderungen ab", meint er. "Schließlich sind auch andere Halbleitermaterialien denkbar." Parallel zu Siliziumcarbid experimentieren die Jenaer Wissenschaftler auch mit Galliumnitrid.

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. Wolfgang Richter
    Institut für Festkörperphysik der Friedrich-Schiller-Universität
    Tel.: 03641/947440, Fax: 947442
    E-Mail: richter@pinet.uni-jena.de

    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Wolfgang Hirsch
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931031
    Fax: 03641/931032
    E-Mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Elektrotechnik, Energie, Informationstechnik, Mathematik, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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