5. Dezember 1997
Besserer Umweltschutz uber den Markt
Das Beispiel FCKW: Furore durch Foron
Berlin (wbs) Um einen schnellen Ubergang von umweltschadlichen auf umweltfreundliche Technologien und Produkte zu gewahrleisten, muss nicht immer der Staat eingreifen. Der Umweltschutz funktioniert unter bestimmten Bedingungen effektiver uber Marktmechanismen. Zu diesem Ergebnis kommen Horst Albach, Dieter Koster und Ellen Krupa in einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin fur Sozialforschung (WZB). Sie demonstrieren am Beispiel des Ozonkillers" FCKW, dass ein Unternehmen, das mit wegweisenden Umweltinnovationen erfolgreich sein will, vor allem bei der Werbung und beim Vertrieb grosse, schlagkraftige Partner finden muss.
Im September 1987 verpflichteten sich 24 Staaten im Montrealer Protokoll uber Substanzen, die die Ozonschicht zerstoren", die Produktion von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) bis zum Jahr 1996 vollstandig zu verbieten. Die Kuhlschrank-Hersteller in Deutschland zogerten jedoch sehr lange, FCKW aus ihren Produkten zu verbannen und durch umweltvertragliche Stoffe zu ersetzen.
Dabei war den Firmen nicht notwendigerweise unethisches Verhalten vorzuwerfen, denn jeder, der sich als erster vorgewagt hatte, ware womoglich in die Technologie-Falle" getappt. Die Unternehmen suchten zwar nach Alternativen zum Fluorchlorkohlenwasserstoff, doch waren diese teurer als FCKW. Die Folgen waren fatal fur den Innovator, zumal wenn es sich um einen Newcomer" handelt, der sich gegen etablierte Grossunternehmen durchsetzen muss:
- Tritt ein Wettbewerber mit einem neuen, umweltvertraglichen Kuhlmittel in seinen Kuhlschranken auf den Markt, wahrend die anderen Firmen an der alten Technologie festhalten, wird der Innovator erhebliche, unter Umstanden sogar ruinose Verluste erleiden, da seine neue Technologie teurer ist und selbst kleinere Preissteigerungen auf dem heiss umkampften Markt fur Kuhlschranke und Gefriertruhen zum Verlust von Marktanteilen fuhren.
- Wechseln die etablierten Unternehmen zu einem spateren Zeitpunkt (z. B. kurz vor Beginn des gesetzlichen FCKW-Verbots) zur neuen Technologie uber, so geniesst der Innovator zwar first mover"-Vorteile. Die anderen Unternehmen durften ihren Markteintritt aber zu einem fur sich optimalen Zeitpunkt wahlen, der zugleich der ungunstigste fur den Innovator ist: dann namlich, wenn die Gewinne fur den Newcomer aus der first mover"-Position kleiner ausfallen als die Anlaufverluste bis zu diesem Zeitpunkt.
- Gehen die alteingesessenen Firmen sofort auf die neue Technologie uber, entstehen dem ersten Innovator zwar keine kostenbedingten Verluste, er kann jedoch auch keine first mover"-Vorteile nutzen. Sind seine Kapazitaten kleiner als die der alteingesessenen Unternehmen - und das ist im Regelfall zu vermuten -, hat er gegenuber den Etablierten stets mit einem Wettbewerbsnachteil zu kampfen.
Fur Furore sorgte vor diesem Hintergrund deshalb der sachsische Kuhlschrankhersteller Foron, als er 1992/93 mit einem FCKW-freien Kuhlschrankmodell auf den Markt kam. Foron tappte nicht in die Technologie-Falle", da das ostdeutsche Unternehmen durch zwei strategische Massnahmen seine Kosten auf anderen Feldern drastisch reduzieren konnte:
(1) Durch Grosseneffekte beim Vertrieb: Kann der Umweltinnovator einen grossen Handler gewinnen, schlagen weitaus geringere Vertriebskosten zu Buche, als wenn er sein eigenes Vertriebsnetz aufbauen musste. Im Falle Forons konnte mit Neckermann einer der grossten Nachfrager von Kuhlschranken aus der Gruppe der Versandhauser fur die Markteinfuhrungsphase gewonnen werden. Auf diese Weise trat einer der Marktfuhrer beim Vertrieb aus dem Markt fur Fluorchlorkohlenwasserstoffe aus und bildete einen neuen Markt mit der umweltvertraglichen Technologie.
(2) Durch Selbstselektion uber Informationsintermediare: Dieses Konzept setzt auf der Nachfrageseite an und fusst auf der Annahme, dass umweltbewusste Verbraucher nicht nur umweltvertragliche Produkte kaufen, sondern oft auch in Umweltgruppen oder -verbanden organisiert sind. Der Innovator kann erhebliche Kosten fur breit angelegte Werbekampagnen sparen, um diese Verbrauchergruppe zu mobilisieren, wenn die Umweltverbande selbst okologisch wertvolle Produkte auswahlen und offentlich fur deren Kauf eintreten. Bei Foron ubernahm Greenpeace die Rolle des Informationsintermediars" zwischen Unternehmen und umweltbewussten Verbrauchern, indem es binnen weniger Monate 1992 Auftrage fur 70.000 FCKW-freie Kuhlschranke sammelte.
Den etablierten Unternehmen blieb nichts anderes ubrig, als relativ schnell nachzuziehen. Selbst wenn der Innovator Foron auf dem westdeutschen Markt noch nicht die starke Stellung einnimmt, wie dies in Ostdeutschland der Fall ist, so wurde der gewunschte Gesamteffekt dennoch erzielt: die Umstellung der Technologie vor Einsetzen des gesetzlichen FCKW-Verbots.
Foron und der Ozonkiller' - Erfolgsstrategien fur Umweltinnovationen", in: WZB-Mitteilungen, Heft 78, Dezember 1997, S. 5 - 7
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Gesellschaft, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
überregional
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Deutsch
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