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26.02.2007 09:51

Gleiches Recht für alle Europäer

Dr. Ute Schönfelder Referat Öffentlichkeitsarbeit
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Prof. Unberath erforscht die Europäisierung des Privat- und Zivilrechts an der Universität Jena

    Jena (26.02.07) Die Wahl des Gerichtes kann über den Erfolg des Klägers und nicht zuletzt die Höhe des Schadensersatzes entscheiden. Als "Forum Shopping" bezeichnen Juristen diese gezielte Auswahl eines Gerichtes, die einen besonderen Erfolg für den Kläger verspricht. Bestes Beispiel sind Produkthaftungsfälle, für die eine Klage in den USA besonders attraktiv ist. Denn zum einen sind die Beklagten dort zur weitreichenden Mitwirkung und Offenbarung verpflichtet und zum anderen können besonders hohe Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden.

    "Die Wahl eines günstigen Gerichts ist natürlich völlig legitim", hält Prof. Dr. Hannes Unberath von der Friedrich-Schiller-Universität Jena fest. "Aus rechtspolitischer Sicht ist es jedoch bedenklich, dass den vielfältigen Wahlmöglichkeiten des Klägers keine entsprechenden Rechte des Beklagten gegenüberstehen", so Unberath weiter, der kürzlich auf den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung der Jenaer Universität berufen wurde.

    Zumindest in Europa könnte das "Forum Shopping" schon bald der Vergangenheit angehören. "Mittlerweile haben sich die Staaten der Europäischen Union nicht nur darauf verständigt, ihre Gerichtsentscheidungen gegenseitig anzuerkennen, sondern auch die nationalen Kollisionsrechte weitgehend zu vereinheitlichen", so Prof. Unberath. So hat die Europäische Union mit dem 1999 in Kraft getretenen Vertrag von Amsterdam die Voraussetzung für einen "europäischen Rechtsraum" geschaffen. "Künftig macht es keinen grundsätzlichen Unterschied mehr, ob ich eine Klage in Erfurt, Linz oder Krakau erhebe", so der Jurist von der Jenaer Universität. Denn es gelten in der gesamten EU die gleichen Regeln für die Zuständigkeit, das anwendbare Recht und die Vollstreckung des Urteils.

    "Das ist politisch ein großer Schritt, birgt aber - angesichts einer sich stetig erweiternden EU - auch einiges an politischer Brisanz", schätzt Prof. Unberath ein. So können Verfahrensverstöße gegen einen so genannten "Europäischen Vollstreckungstitel" grundsätzlich nur noch im Ursprungsland geltend gemacht werden, da eine Kontrolle im Vollstreckungsland nicht mehr stattfindet. "Als Beklagter muss ich mich daher von Anfang an auf ein ausländisches Verfahren einlassen - andernfalls setze ich mein Recht auf rechtliches Gehör fahrlässig aufs Spiel", so Unberath.

    Den Vorteilen aber auch den Risiken der Annäherung des europäischen Privat- und Zivilverfahrensrechts in einem geeinten Europa widmet sich Prof. Unberath in seiner Forschungsarbeit. Sein Interesse daran ist nicht zuletzt biographisch bedingt: 1973 in Kronstadt/Brasov in Rumänien geboren, kam Unberath kurz vor der politischen Wende 1989 nach Deutschland. An der Universität Erlangen studierte er Jura und wechselte nach dem ersten Staatsexamen an die Universität Oxford, wo er mit einem der renommierten Rhodes Stipendien promovierte. Nach dem zweiten Staatsexamen in Nürnberg arbeitete Unberath ab 2002 als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Internationales Recht der Universität München.

    Dort habilitierte sich Hannes Unberath 2006 mit einem Thema an der Schnittstelle zwischen Rechtsphilosophie und Schuldrecht - seinem zweiten wissenschaftlichen Standbein. In seiner Habilitationsschrift "Die Vertragsverletzung" untersuchte er die Frage, wie die Bindung an einen Vertrag zu rechtfertigen ist und welche Konsequenzen unterschiedliche rechtsphilosophische Theorien für die Sanktionen des Vertragsbruches haben.

    Die ökonomische Analyse des Rechts fordere etwa, dass ausschließlich die Frage der Effizienz den Ausschlag geben sollte. "Doch soll ich etwa einen Vertrag bewusst brechen, wenn mir ein besseres Angebot vorliegt, als das, das der gültige Vertrag beinhaltet?", fragt der 33-Jährige. Zwar seien juristische Kriterien in solchen Fällen oft nicht ausreichend, um die Interessen der Parteien nachzuvollziehen. Andererseits könnten allgemein anerkannte Prinzipien wie "pacta sunt servanda" ("Verträge sind einzuhalten") mit Effizienz allein nicht erklärt werden, ist der Jenaer Jurist überzeugt. Nicht zuletzt deshalb hat sich Prof. Unberath in seiner wissenschaftlichen Arbeit auch der Entwicklung systemübergreifender Maßstäbe für die Qualität bestehender Regeln im Privatrecht verschrieben.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Hannes Unberath
    Rechtswissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Carl-Zeiss-Straße 3, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 942160
    E-Mail: hannes.unberath[at]recht.uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-jena.de


    Bilder

    Prof. Dr. Hannes Unberath.
    Prof. Dr. Hannes Unberath.
    Foto: Günther/FSU-Fotozentrum
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Politik, Recht
    regional
    Personalia
    Deutsch


     

    Prof. Dr. Hannes Unberath.


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