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12.04.2000 16:44

Diabetes-Forschung: Universeller Schädigungsmechanismus entdeckt

Christel Lauterbach Presse, Kommunikation und Marketing
Justus-Liebig-Universität Gießen

    Sperrfrist: 12. April 2000, 19.00 Uhr

    "Nature"- Artikel mit Gießener Beteiligung

    In der neusten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Nature" vom 13. April 2000 erscheint unter dem Titel "Normalizing mitochondrial superoxide production blocks tree pathways of hyperglycaemic damage" ein Artikel von Michael Brownlee et al., in dem über universelle Schädigungsmechanismen berichtet wird, die im Bereich der Diabetes-Forschung entdeckt wurden. Zu den insgesamt sechs Autoren, die sonst alle in Forschungseinrichtungen in den USA tätig sind, zählt auch der Gießener Privatdozent Dr. Hans-Peter Hammes von der Medizinischen Klinik III.

    Patienten, die an einem Diabetes mellitus leiden, haben ein besonders hohes Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, zu erblinden bzw. dauerhaft an die Dialyse zu müssen. Trotz intensiver Bemühungen von Seiten des Patienten (viel Bewegung, Gewichtsabnahme, Einhaltung einer bestimmten Kost) und von Seiten des Arztes (Medikamentenwahl, Einstellung des Blutdrucks, regelmäßige Kontrollen) gelingt es nicht in jedem Fall, den Blutzucker auf Dauer in einem "ungefährlichen Bereich" zu halten. Seit Jahren sinnt man auf zusätzliche Wege, wie man der zuckerbedingten Gefäßschädigung durch zusätzliche Maßnahmen beikommen kann.

    Dafür war es zunächst notwendig, einzusehen, dass es der hohe Zucker selbst ist, der die fatalen Folgen verursacht, und nicht das Fehlen oder die relative Unwirksamkeit von Insulin, dem blutzuckersenkenden Hormon. In den letzten Jahren wurden unterschiedliche biochemische Störungen für die Auslösung der zuckerbedingten Blutgefäßschäden verantwortlich gemacht. Allen ist gemeinsam, dass sie durch hohen Zucker in der Zelle in Gang gesetzt werden.

    Wenn sich hoher Zucker im Blut befindet, versucht eine Zelle zunächst, den Einstrom in die Zelle zu vermindern, indem sie die "Tür zumacht". Leider funktioniert das nicht so gut; daher ist in der (Gefäß-)Zelle eines Diabetikers mehr Zucker als in der Zelle eines Gesunden. Der Zucker wird in der Zelle wie üblich zur Energiegewinnung abgebaut. Das Mehrangebot in der Zelle schaltet aber auch "Umgehungswege" oder "Abflusswege" ein, damit die Zelle mit dem überschüssigen Angebot fertigwird. All diese "Abflusswege" können aber Zwischenprodukte hervorbringen, die für die Zelle äußerst ungünstig sind.

    Bislang hat man angenommen, dass diese "Abflusswege" unabhängig voneinander funktionieren. In der neuesten Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature" berichtet eine amerikanische Arbeitsgruppe nun über Experimente im Reagenzglas, nach denen die giftigen Zwischenprodukte der "Abflusswege" aber offensichtlich über einen gemeinsamen Nenner verfügen: Wenn hoher Zucker abgebaut wird, entstehen in den Mitochondrien, den "Kraftwerken" der Zelle, deutlich mehr sogenannte "Sauerstoffradikale", die chemisch dem Bleichmittel Wasserstoffsuperoxid ähneln. Wenn man durch "Chemie" diesen Weg blockiert, werden auch die giftigen Zwischenprodukte der "Abflusswege" nicht mehr gebildet. Zwar steht noch kein echtes Medikament zur Verfügung, aber diese Versuche machen klar, dass es einen gemeinsamen Schädigungsmechanismus gibt, wie hohe Glukose Gefäßwandzellen angreift.

    An den Arbeiten ist auch Priv-Doz. Dr. Hans-Peter Hammes, Medizinische Klinik III und Poliklinik (Komm. Leiter: Prof. Dr. Reinhard G. Bretzel) beteiligt. Seit langem arbeitet er mit dem Senior-Autor der genannten Publikation zusammen. Die Medizinische Klinik III ist ein Zentrum für Endokrinologie mit dem Schwerpunkt Diabetologie. Dr. Hammes ist dort an der Poliklinik Funktionsoberarzt und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft "Diabetes und Auge" der Deutschen Diabetes-Gesellschaft. Schwerpunkt seiner Arbeit sind die Aufdeckung der Zusammenhänge, wie es zu Schäden an den kleinsten Blutgefäßen des Auges, den Kapillaren der Retina, kommt, und wie man sie verhindern kann. Zusammen mit anderen Forschern, u.a. Prof. Dr. Klaus Preissner, Professur für Biochemie am Fachbereich Humanmedizin, versucht Dr. Hammes, aufzuklären, warum die Kapillaren zunächst untergehen und warum es zu neuen, unerwünschten Blutgefäßen kommt. Eine sichere, nebenwirkungsarme Behandlung der Gefäßschädigung, unabhängig von der Blutzuckereinstellung, ist ein hochgestecktes, aber nach den neuesten Ergebnissen, nicht mehr unerreichbares Ziel.

    Kontaktadresse:

    Priv.-Doz. Dr. Hans-Peter Hammes
    Medizinische Klinik III und Poliklinik
    Rodthohl 6
    35392 Gießen
    Tel.: 0641/99-42826 oder 99-42752
    Fax: 0641/99-42759
    e-mail: Hans-Peter.Hammes@innere.med.uni-giessen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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