Beschäftigte in Betrieben, die einen Betriebsrat haben und der Tarifbindung unterliegen, kündigen seltener ihr Beschäftigungsverhältnis. Zu diesem Ergebnis kommt eine ökonometrische Analyse von Christian Pfeifer von der Leibniz Universität Hannover, die in der aktuellen Ausgabe der WSI-Mitteilungen erscheint.* Da die Stabilität der Beschäftigung steigt, wirken sich Betriebsrat und Tarifvertrag positiv sowohl für die Arbeitnehmer als auch für die Arbeitgeber aus.
Der Ökonom Pfeifer wertete die repräsentativen Daten aus mehr als 1400 niedersächsischen Betrieben aus. Dabei berücksichtigte er wichtige Einflussfaktoren wie die Größe oder wirtschaftliche Lage der Unternehmen. Die zentralen Befunde:
=> Die Existenz eines Betriebsrats allein lässt Eigenkündigungen von Beschäftigten um etwa 20 Prozent sinken. Einen wichtigen Grund dafür sieht der Ökonom in den Einflussmöglichkeiten des Betriebsrates auf die Verbesserung von Arbeitsbedingungen. Er kann zum Beispiel mitreden bei der Festlegung von Arbeitsanfang und -ende, Pausen sowie Betriebsferien. Auch an Entscheidungen über Weiterbildungen, Einstellungen und Entlassungen sind Arbeitnehmervertreter beteiligt. Darüber hinaus kann der Betriebsrat kündigungswilligen Beschäftigten helfen, ihre individuelle Situation zu verbessern - damit sie dem Unternehmen dann doch erhalten bleiben.
=> Eine alleinige Tarifbindung verringert die Zahl der Arbeitnehmerkündigungen um ungefähr sieben Prozent. Die Interessen von einzelnen Arbeitnehmern oder der Belegschaft eines einzelnen Betriebes regeln Tarifverträge zwar nur bedingt. Doch die Tarifbindung sichert allgemein bessere Arbeitsbedingungen. Mit Tarifvertrag sind die Löhne höher, die Arbeitszeit ist geringer.
=> Sind Betriebsrat und Tarifbindung vorhanden, sinken freiwillige Kündigungen sogar um mehr als 30 Prozent. Der Ökonom erklärt diesen starken Effekt so: Betriebsräte können ihre Aufgaben effektiver wahrnehmen, wenn Verteilungskonflikte in Tarifverhandlungen außerhalb des Betriebes laufen. In tarifgebundenen Unternehmen läuft die Kooperation zwischen Arbeitnehmervertretern und Geschäftsleitung besser als dort, wo innerbetriebliche Verteilungskämpfe stattfinden.
Pfeifers Fazit: Beide Seiten im Unternehmen profitieren, wenn es weniger Arbeitnehmerkündigungen gibt. Denn auch für die Beschäftigten ist ein Jobwechsel mit Kosten verbunden - und sei es nur, dass die sozialen Beziehungen am alten Arbeitsplatz verloren gehen. Das Unternehmen spart sich den Aufwand für Neueinstellung und Einarbeitung - "und hat zudem eher Anreize, in betriebsspezifisches Humankapital zu investieren". Dies könne sich positiv auf die betriebliche Produktivität auswirken. Die ist, zeigen andere Studien, bei Unternehmen mit Betriebsrat oft tatsächlich höher. Ein Produktivitätseffekt ist besonders dann festzustellen, wenn diese Unternehmen der Tarifbindung unterliegen.
* Christian Pfeifer, Betriebsräte, Tarifverträge und freiwillige Kündigungen von Arbeitnehmern, in: WSI-Mitteilungen 2/2007
http://www.boeckler.de/cps/rde/xchg/hbs/hs.xsl/320_85240.html - PM mit Ansprechpartnern
http://www.boeckler.de/cps/rde/xchg/hbs/hs.xsl/32014_85212.html - Mehr Informationen und Infografiken zum Download im neuen Böckler Impuls 4/2007
http://www.boeckler.de/cps/rde/xchg/hbs/hs.xsl/252_36234.html - Weitere Forschungsergebnisse zur betrieblichen Mitbestimmung
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Wirtschaft
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch
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