idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
07.03.2007 16:19

Verstopfung von Kommunikations-Knotenpunkten im Gehirn verursacht Demenz

Stefan Weller Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsmedizin Göttingen - Georg-August-Universität

    Forscher der Universitätsmedizin Göttingen beschreiben neuen Mechanismus für die Entstehung von Gedächtnisstörungen bei der zweithäufigsten
    Demenz-Erkrankung, der "Demenz mit Lewy Körperchen"

    (umg) Gedächtnisverlust und Bewegungsstörungen bei der "Demenz mit Lewy Körperchen" (DLB), der zweithäufigsten Demenz-Erkrankung nach der Alzhei-merschen Krankheit, wird nach neuen Erkenntnissen aus der Universitätsmedizin Göttingen durch den Untergang von Kommunikations-Knotenpunkten (Synapsen) zwischen Nervenzellen im Gehirn verursacht. Bisherige Modelle sehen im Tod ganzer Nervenzellen die Ursache der Krankheitssymptome. Die Erkenntnisse öffnen die Türen für neue Strategien zur Behandlung der "Demenz mit Lewy Körperchen" und möglicherweise auch der Parkinsonschen Krankheit. Die Ergebnisse aus dem Schwerpunkt Prion- und Demenzforschung (Leiter: Priv. Doz. Dr. Walter Schulz-Schaeffer) in der Abteilung Neuropathologie (Direktor: Prof. Dr. Wolfgang Brück) in der Universitätsmedizin Göttingen sind aktuell im renommierten, internationalen Journal of Neuroscience erschienen (Bd. 27, Seiten 1405-1410).

    Auslöser der Kommunikationsstörung zwischen den Nervenzellen bei der "Demenz mit Lewy Körperchen" sind nach den Göttinger Erkenntnissen "kleinere Verklumpungen" des Proteins alfa-Synuclein in den Endigungen der Signal-aussendenden (präsynaptischen) Nervenzellen im Gehirn. Sowohl bei der "Demenz mit Lewy Körperchen" als auch bei der Parkinsonschen Krankheit verbinden sich einzelne Moleküle des Proteins alfa-Synuclein in den Nervenzellen des Gehirns zu stabilen Ablagerungen, so genannten Protein-Aggregaten. Diese vereinigen sich zu großen "Körperchen" in der Nähe des Zellkerns, den "Lewy Körperchen". "Die relativ geringe Zahl großer Lewy Körperchen im Gehirn verstorbener DLB-Patienten kann aber nicht die Demenz erklären. So entstand die Idee, dass kleinste, bislang übersehene, Proteinaggregate für das Krankheitsbild der Demenz verantwortlich sein müssten", so der Mediziner, Priv. Doz. Dr. Walter Schulz-Schaeffer.

    Mit zwei neuen Methoden aus dem Göttinger Labor fanden die Wissenschaftler eine enorm große Zahl kleinster alfa-Synuclein Aggregate im Gehirn verstorbener DLB-Patienten: Mit dem PET blot gelang der Nachweis kleinster Proteinaggregate. Eine Mikrofiltrationstechnik erlaubte die Ortung der Aggregate in den in den präsynaptischen Enden der Nervenzellen. Gleichzeitig beobachteten die Forscher, dass die Dendritensprossen der Signal-empfangenden Nervenzellen verkümmert waren, ein Zeichen für den dauerhaften Verlust von Nervenzell-Kontakten. "Diese Beobachtungen erlauben ein völlig neues Verständnis der krankheitsauslösenden Prozesse bei neurodegenerativen Krankheiten wie der Demenz mit Lewy Körperchen", fasst Priv. Doz. Dr. Walter Schulz-Schaeffer zusammen.

    "Anders als bisher vermutet, sind die Lewy Körperchen wahrscheinlich das Ergebnis des erfolgreichen Versuchs der Zellen, die schädlichen kleinen Aggregate beiseite zu räumen. Gelingt es der Zelle nicht, bereits kleinste Eiweißablagerungen aus den entfernten Verästelungen in das Zentrum der Zelle zu transportieren, wird die Zell-Zell-Kommunikation an den Synapsen gestört", sagt Dr. Michael L. Kramer, Biochemiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Team von Priv. Doz. Dr. Walter Schulz-Schaeffer und Erstautor der Untersuchung.

    "Als nächstes wollen wir untersuchen, ob der gleiche Mechanismus der Störung von Synapsen durch kleinste Aggregate auch bei Parkinson-Patienten für deren Bewegungsstörungen verantwortlich ist, und nicht erst der unumkehrbare Untergang ganzer Nervenzellen", sagt Dr. Kramer.

    Die Untersuchungen werden seit 2001 durch die VolkswagenStiftung im Rahmen des Niedersächsischen Vorab gefördert.

    WEITERE INFORMATIONEN:
    Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität
    Abteilung Neuropathologie, Schwerpunkt Prion- und Demenzforschung
    Priv. Doz. Dr. Walter Schulz-Schaeffer, Telefon 0551 / 39-2707
    wjschulz@med.uni-goettingen.de
    Dr. Michael Kramer, Telefon 0551/39-8466
    mkramer@med.uni-goettingen.de
    Robert-Koch-Straße 40, 37075 Göttingen


    Bilder

    PET-blot: Gefärbter Hirnschnitt eines an DLB Verstorbenen. Kleine und kleinste alfa-Synuclein-Aggregate erscheinen braun.
    PET-blot: Gefärbter Hirnschnitt eines an DLB Verstorbenen. Kleine und kleinste alfa-Synuclein-Aggreg ...
    Foto: Schulz-Schaeffer
    None

    Dendritensprossen als Impuls-Empfänger des Nerven bei einer Kontrollperson (oben). Verlust der Dentdritensprossen bei einem DLB-Patienten (unten).
    Dendritensprossen als Impuls-Empfänger des Nerven bei einer Kontrollperson (oben). Verlust der Dentd ...
    Foto: Kramer und Schulz-Schaeffer
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    PET-blot: Gefärbter Hirnschnitt eines an DLB Verstorbenen. Kleine und kleinste alfa-Synuclein-Aggregate erscheinen braun.


    Zum Download

    x

    Dendritensprossen als Impuls-Empfänger des Nerven bei einer Kontrollperson (oben). Verlust der Dentdritensprossen bei einem DLB-Patienten (unten).


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).