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08.05.2000 14:14

Mehr Geld als Gründer: Was brauchen junge Biotech-Unternehmer wirklich?

Dr. Julia Rautenstrauch Geschäftsstelle der DGRh
Kompetenznetz Rheuma in der Geschäftsstelle der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)

    Vor zehn Jahren hätte man es nicht geglaubt: Wer heute in Deutschland eine Biotech-Firma gründen will, hat keine Probleme, das nötige Geld dafür aufzutreiben. Diesen Eindruck jedenfalls hinterließen junge Unternehmer auf dem Forum "Science meets Business", das der Interdisziplinäre Forschungsverbund (IFV) Autoimmun- und Infektionserkrankungen am vergangenen Mittwoch organisiert hat. Dabei ging es um den Transfer von Forschungsergebnissen in kommerzielle Anwendungen und Firmengründungen. Das Thema ist nicht neu, aber es muss etwas getan werden, damit in Berlin die Chancen der Biotechnologie besser genutzt werden können. Denn letztlich geht es um Arbeitsplätze und um Geld.

    Für Gründer ist die Situation im Augenblick günstig - was die Finanzierungsmöglichkeiten angeht. Venture Kapitalgesellschaften, wie Matthias Faensen von der Mediport VC Management GmbH berichtete, suchen engagierte Forscher mit Ideen. Sie stellen nicht nur das Geld zur Verfügung, sondern auch Beratung, Labore und vielleicht sogar das Management. "Smart Money" sagt man in der Branche dazu.

    Wenn es nicht das Geld ist, was brauchen Gründer dann wirklich? Diese Frage interessierte besonders Fritz Melchers, Direktor des Baseler Instituts für Immunologie und einer der "zehn Weisen" im Technologierat des Landes Berlin. Er will innovative biotechnologische Entwicklungen unterstützen und hat sich durch das Forum einen Eindruck von den Chancen verschafft, die das Feld Autoimmun- und Infektionserkrankungen bietet, und über die aktuellen Bedürfnisse.

    Diese kennt Ahmed Sheriff, Geschäftsführer des "Start-up" Genethor aus eigener Erfahrung sehr gut. Zwei Jahre hat er von der Idee bis zur Gründung seiner Firma gebraucht. "Das kann tödlich sein", warnt der Jungunternehmer. Die Zeit bis zur Firmengründung ist in Berlin zu lang. Denn die Chancen im Wettbewerb mit der Konkurrenz schwinden, wenn man zu lange mit der Gründung wartet.

    Auch fällt den jungen Forschern der Sprung aus dem Labor in die Wirtschaft nicht leicht. Wer ihn wagt, gibt seine wissenschaftliche Karriere auf - eine Habilitation ist verlockend, obwohl der Weg dahin in Deutschland sehr unsicher ist. Und in der Wirtschaft landen mögliche Jungunternehmer schnell im kalten Wasser. Das Denken, die Sprache sind fremd. Wie Gudrun Tiedemann von BioTOP auf der Veranstaltung den anwesenden Wissenschaftlern vorgeführt hat, ist es ist etwas anderes, einen Business-Plan zu schreiben, als einen Antrag über öffentliche Fördermittel bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

    Das Problem, das sich auf dem IFV-Forum herauskristallisierte, ist ein typisch deutsches: In der "Seeding Phase", von der Saat einer Idee zum Keimen in Form des Business-Plans, sind deutsche Forscher zu zögerlich und vertun wertvolle Zeit und Chancen. In den USA ist man da risikofreudiger und schneller, denn dort gilt: Time is Money. Deshalb fordert Andreas Radbruch vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum auch die Unterstützung einer Strukturförderung für Unternehmensgründungen vom Technologierat.

    Als Modell könnte eine Art "Brutkasten" für den Nachwuchs geschaffen werden: In unmittelbarer Nähe zu den Forschungseinrichtungen ein sogenannter Inkubator für die "Seeding-Phase", in dem gründungswillige Forscher die nötige Nestwärme finden, um sich gerade in den ersten Jahren schnell zu entfalten. Die angehenden Unternehmer sollten unbürokratisch Unterstützung finden, auch in Form von fachlicher und wirtschaftlicher Beratung, aber vor allem mit Laborräumen. Diese werden dringend gebraucht, weil Berlin zur Zeit praktisch ausgebucht und Besserung nicht in Sicht ist.

    Die Vorzeichen für die Einrichtung neuer Strukturen in Berlin stehen günstig, urteilt Fritz Melchers. Er sieht im Augenblick eine einmalige Chance, die Politik zu beeinflussen. Denn jetzt werden die Weichen gestellt, wie der "Tafelsilber-Erlös" aus dem Verkauf der Berliner Wasserwerke eingesetzt werden kann, um innovative Technologien zu unterstützen. 310 Millionen Mark immerhin, für den nachhaltigen Aufbau von innovativer, wirtschaftlich relevanter High-Technologie.

    Dass hier das Feld "Immunologie und Infektion" dazu gehört, wollte der Interdisziplinäre Forschungsverbund auf dem Forum sichtbar machen. 35 Teilnehmer aus Wissenschaft und Wirtschaft demonstrierten mit ihren Beiträgen und in engagierten Diskussionen, dass sich hinter der Forschung auch handfeste wirtschaftliche Möglichkeiten verbergen, eine "kritische Masse", die sich bereits in einer Reihe von Firmengründungen niederschlägt.

    Besonders attraktiv als Standort für die Wirtschaft ist die Nähe von Klinik und Grundlagenforschung in Berlin. Diese Kombination birgt - ausgewiesen durch internationale Gutachten - ein herausragendes Potential, weil in der Hauptstadt der Weg vom Labor zum Krankenbett kürzer ist als an vielen anderen Forschungsstandorten. Nur haben sich - auch bedingt durch ihre Vielfalt - die örtlichen Einrichtungen noch nicht so strukturiert, dass dieser Schwerpunkt "Autoimmun- und Infektionserkrankungen" über Berlin hinaus sichtbar wird. Und das will der IFV ändern, indem er wie auf dem Forum das Know-how der Forschung mit Firmen zusammen bringt und neue Wege auch für Gründer bahnt.

    Berlin, den 08.05.00

    Kontakt:
    Dr. Michael Apel
    IFV Autoimmun- und Infektionserkrankungen
    c/o Deutsches Rheuma-Forschungszentrum
    Hannoversche Str. 27, D-10115 Berlin
    Tel. 030 28 51 89 18
    Fax 030 28 51 89 10
    E-Mail: apel@drfz.de

    Bei Veröffentlichung wird um ein Belegexemplar gebeten.


    Weitere Informationen:

    http://www.berlinews.de/archiv/984.shtml


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin, Politik, Recht, Wirtschaft
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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