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10.05.2000 09:44

EU-Kommissar Verheugen am Collegium Polonicum

Leiterin Pressereferat Annette Bauer Abteilung für Hochschulkommunikation
Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)

    Presseinformation
    Nr. 61 vom 9. Mai 2000

    EU-Kommissar Verheugen am Collegium Polonicum : "Ohne Polen ist die EU nicht komplett. Große Leistung des polnischen Volkes muss honoriert werden"

    EU-Kommissar Günter Verheugen kam am Dienstag zu einer Gesprächsrunde über die EU-Osterweiterung in das Collegium Polonicum Slubice - eine gemeinsame Einrichtung der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) und der Adam-Mickiewicz-Universität Poznan - die auch mit finanzieller Unterstützung durch die EU aufgebaut wurde. Bereits auf der Grenzbrücke, die Frankfurt und das polnische Slubice verbindet, war er von Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe auf das Herzlichste begrüßt worden, der auf die seit zehn Jahren praktizierte enge Zusammenarbeit zwischen Brandenburg und Polen hinwies. Verheugen bezeichnete den Ort als einen der wichtigsten Plätze mit einer überzeugenden Symbolkraft für das sich einigende Europa, an dem die Grenze eines Tages verschwinden werde. Auch der Vizemarschall des Lubusker Landes, Edward Fladko, der Rektor und der Prorektor der Adam-Mickiewicz-Universität Poznan und die Bürgermeister beider Städte, Pohl und Ciecierski, begrüßten den Gast bereits auf seinem Weg in das Collegium Polonicum, in dem die Präsidentin der Europa-Universität Viadrina, Prof. Dr. Gesine Schwan, und der Rektor der Poznaner Universität, Prof. Dr. Stefan Jurga, die Diskussionsrunde eröffneten. Sie verwiesen dabei auf die gemeinsamen Anstrengungen, hier junge Menschen auszubilden, die wissen, wie Europa gestaltet werden muss. "Diese jungen Menschen sind unsere Zukunft", so Jurga. Prof. Schwan gab ihrer Freude Ausdruck, dass Verheugen seinen Besuch in Brandenburg für einen kleinen Zwischenstopp in Polen nutzte, denn " ... hier können Sie mitfühlen, sehen und erleben, wie Europa zusammenwächst." Zwar seien die Früchte von Bildung und Wissenschaft nicht schnell zu pflücken, doch seien sie die feste Gewähr für die Lösung europäischer Probleme über kulturelle und nationale Grenzen hinweg. Ebenso wie Ministerpräsident Stolpe betonte der polnische Vizemarschall Fladko in seiner Begrüßung die guten Erfahrungen der Zusammenarbeit zwischen Brandenburg und Polen, insbesondere dem Lubusker Land.
    In der Einleitung zu seinem Vortrag vor Studenten und Professoren ging Verheugen auf die Symbolkraft nicht nur des Ortes, sondern des Tages ein, denn genau vor 50 Jahren wurde die Idee der Europäischen Gemeinschaft geboren, deren geistiger Vater der Franzose und Europäer Robert Schumann ist. Damit seien die Schlussfolgerungen aus den leidvollen Erfahrungen zweier Weltkriege, aus der immer wiederkehrenden Geschichte von Völkerhass und Verblendung gezogen worden, die die europäischen Völker so oft ins Unglück gestürzt hatten. "Schumanns Plan, die Geburtsstunde der Europäischen Integration, lässt sich auf eine schlichte Formel bringen: Vertrauen soll künftig anstelle von Misstrauen die europäischen Völker regieren und enge partnerschaftliche Zusammenarbeit an die Stelle nationaler Egoismen treten", so Verheugen. Die europäische Einigung sei das erfolgversprechendste Instrument, Nationalismus zu besiegen.
    Er unterstrich: "Die Europäische Union ist nicht vollständig ohne Polen". Die Veränderungen in Osteuropa vor zehn Jahren, die in Polen ihren Ausgang hatten, hätten den Prozess erst möglich gemacht und es müsse der große Beitrag des polnischen Volkes angemessen honoriert werden. Er sprach von einem Europa, in dem Verschiedenheit Reichtum bedeute und nationale und kulturelle Identitäten bewahrt würden. "Ein Europa, in dem Deutsche und Polen Partner sind, in dem Aussöhnung und nicht das Gegeneinander die Völker regiert." Das sei der eigentliche Anspruch der EU-Erweiterung, denn "...der Markt ist nicht alles, es geht um die Menschen." Der Prozess bringe auch Bürden für die Bevölkerung mit sich, doch hielten alle - das gelte für Polen wie für Litauen etwa oder für Tschechien - entschieden Kurs auf die EU. "Das verdient jeden Respekt und alle Unterstützung. Damit leisten diese Staaten bereits heute ihren Teil an europäischer Stabilitätspolitik", so Verheugen. Die gewisse polnische Nervosität, der Beitrittsprozess verlangsame sich, sei unbegründet, "...es gab keinen Strategiewechsel", betonte er. Allerdings gebe es schwierige Verhandlungsfragen wie beispielsweise die Agrarpolitik. Von bisher unvereinbaren Positionen müsse man zu akzeptablen Lösungen kommen, und das brauche Zeit. Man müsse sich auf die Arbeit konzentrieren und erst dann die Datumsdiskussion führen. Es gebe derzeit auch eine Art Panikmache, dass die hohen Einkommensunterschiede zu enormen Wanderungsbewegungen führen könnten. "Aber warum wandern dann die Südspanier nicht in Mengen nach Bayern ab?", fragte Verheugen. "Hier ist doch die entscheidende Frage, ob die Menschen glauben, dass sie in ihrer Heimat eine Perspektive für ein erfülltes glückliches Leben haben."
    Verheugen ging ein auf die Sorgen und Ängste, die man ernst nehmen müsse. Gerade auch das Handwerk und die kleinen und mittleren Unternehmen sähen sich vor zusätzliche Herausforderungen gestellt. Aber wer diese Probleme als Probleme von morgen fürchte, kenne die heutige Lage nicht. Die Grenzregionen, und das gelte für Brandenburg wie für Sachsen, lebten bereits seit Jahren unter Druck. Jedes Unternehmen solle stolz sein, dass es diesen Wettbewerb seit Jahren besteht und daraus neue Energien ableiten. Der Aufbau grenzüberschreitender Strukturen sei in vollem Gange, und er bezeichne Brandenburg und Polen gern als Modell für diesen Prozess. Ein Blick in die Brandenburger Wirtschaftsdaten lasse erkennen, dass der Handel mit Polen Arbeitsplätze erhalte und schaffe und der Gewinn ein gemeinsamer sei. "Was wir brauchen, ist die offene Diskussion über den Prozess und die Menschen, die sich mit ihrem Verstand und - was vielleicht noch wichtiger ist - ihrem Herzen für eine Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil engagieren", betonte Verheugen abschließend.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Politik, Recht
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Personalia
    Deutsch


     

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