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10.05.2000 10:58

Wie Forscher der TU Berlin die Luftströmung mit Schall beeinflussen

Ramona Ehret Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin

    Ein Flaschentrick verhindert Flugzeugabstürze

    Das immer lautere Dröhnen der Turbinen und das zunehmende Rütteln zeigen es den Fluggästen an: Gleich wird das Flugzeug starten. Mit einem Ruck setzt sich die Maschine in Bewegung und steigt kurz darauf gen Himmel.

    Viele Faktoren spielen bei solchen Flugzeugstarts eine Rolle, zum Beispiel der Anstellwinkel, also der Winkel zwischen der Luftströmung und dem Tragflügelprofil. Ist der Anstellwinkel bei Start oder Landung zu steil, droht das Flugzeug abzustürzen. Das liegt an der Strömung, die bei extremen Bedingungen der Kontur des Profils nicht mehr folgen kann und abreißt. Das bedeutet, die Tragflächen können fast den gesamten Auftrieb verlieren. Der Auftrieb ist nun aber genau die von der Luftströmung erzeugte Kraft, die das Flugzeug in der Luft hält. Die Folge: Das Flugzeug gerät ins Trudeln und saust dann wie ein Stein zu Boden.

    Forscher arbeiten schon seit einiger Zeit daran, das Abreißen der Strömung zu beeinflussen. Wissenschaftler der TU Berlin, die sich im Sonderforschungsbereich 557 "Beeinflussung komplexer turbulenter Scherströmungen" mit dem Verständnis und der Verbesserung von Strömungsproblemen beschäftigen, haben nun eine ungewöhnliche Methode entdeckt. "Das Prinzip ist an sich kinderleicht", erzählt Frank Urzynicok vom Hermann-Föttinger-Institut der TU Berlin, "jeder hat sicherlich schon einmal über eine Flasche geblasen und sich über den Ton gewundert, der dabei entstand." Dieses Phänomen, das die Akustiker Helmholtz-Resonanz nennen, wollen die TU-Forscher nutzen. "Strömungen reagieren auf Schall. Man brüllt sozusagen Strömungen an. Es entsteht eine Schwingung, die nicht nur einen Ton, sondern kleine Luftwirbel in der Umgebung der Schallquelle erzeugt. Diese kleinen Wirbel sorgen dafür, dass die Strömung, vereinfacht gesagt, länger am Objekt klebt", erklärt Urzynicok.

    Um den Schall zu erzeugen, hat man bisher immer mit Lautsprecheranlagen gearbeitet. Wird nun der Effekt der Helmholtz-Resonanz ausgenutzt, ist eine zusätzliche energiebetriebene Schallquelle überflüssig. Urzynicok schätzt, mit der neuen Methode den Auftrieb eines einfachen Tragflächenflügels bei extremen Anstellwinkeln um zehn Prozent steigern zu können. Das würde die Sicherheit bei Flugzeugen erheblich verbessern.

    Auf die Idee sind die TU-Forscher zufällig gekommen. "Bei einem früheren Versuch hatten wir einen schmalen Schlitz quer über die Tragfläche geschnitten, der mit einem Hohlraum innerhalb der Tragfläche verbunden war. In diesen Hohlraum haben wir mittels eines Lautsprechers Schall geschickt und diesen Versuchsaufbau im Windkanal getestet. Eines Tages stellten wir zu unser Überraschung fest, dass wir auch dann einen Ton hörten, als der Lautsprecher ausgeschaltet war. Es ist genau der gleiche Effekt, wie beim Pfeifen über eine Flasche hinweg", erzählt Urzynicok.

    Nach einigen theoretischen Überlegungen und Versuchen mit Modellen entpuppte sich das als sehr brauchbare Methode. Mittlerweile haben die TU-Wissenschaftler ihr Versuchsmodell so umgebaut, dass das Volumen des Hohlraumes und die Schlitzöffnung verändert werden können. Durch Verkleinerung oder Vergrößerung kann man die Frequenz der Schwingung beeinflussen. "Das lässt sich beim Vergleich mit einer Flasche sehr gut nachvollziehen. Je nachdem wie voll die Flasche ist, ändert sich der Ton", schildert der TU-Mitarbeiter. Das hat den Vorteil, dass man den Effekt gezielt steuern und damit flexibel auf die Strömung reagieren kann.

    Derzeit arbeiten die Forscher am TU-Institut an der Optimierung ihres Systems. Urzynicok kann sich vorstellen, dass nicht ein großer, sondern mehrere kleinere Schlitze am günstigsten sind. Getestet wird aber auch, welches Material sich am besten eignet.
    Außerdem wollen sie ein Modell entwickeln, das nicht nur bei Flugzeugen, sondern auch bei anderen technischen Anwendungen eingesetzt werden kann. Ein Problem ist derzeit jedoch die Lärmbelästigung. "Wir können einen sehr lauten Ton erzeugen, aber irgendwann ist die Grenze des Ertragbaren erreicht", sagt Urzynicok.

    Weitere Informationen erteilt Ihnen gerne: Frank Urzynicok, Hermann-Föttinger-Institut der TU Berlin, Tel: 030/314-24531 oder -23103, Fax: -21101 E-Mail:
    urzy@pi.tu-berlin.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Elektrotechnik, Energie, Verkehr / Transport, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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