Kanadisch-europäische Konferenz vom 18.-21. Mai 2000 über nationales Bewusstsein, Migration und multikulturelles Leben
---> Kanada ist sich seiner Geschichte als Einwanderungsland bewusst
---> Was bedeutet Gleichberechtigung der Kulturen für die Nationalen Geschichtsschreibungen?
---> Welche Folgen hat die gegenwärtige Zuwanderung für die europäischen Gesellschaften?
Europäische Staaten, auch Deutschland, waren über lange Perioden ihrer Geschichte Einwanderungsländer. Doch aus dem öffentlichen Bewusstsein ist diese Tatsache weitgehend verschwunden. Anders in Kanada, einem klassischen Einwanderungsland nicht nur für Briten und Franzosen. Hier gehört die Einwanderungsvergangenheit heute zum gesellschaftlichen Wissen. Seit den 1960er Jahren ist die kanadische Geschichte systematisch aufgeschrieben worden. Durch Beiträge der vielfältigen Kulturen der Zuwandernden wurden Fehler der Geschichtsschreibung korrigiert. In Europa gibt es bisher nur Ansätze zu einer vergleichbaren Rekonstruktion der nationalen Geschichtsschreibungen.
Die unter der Schirmherrschaft der Beauftragten der Bundesregierung für Ausländerfragen, Marieluise Beck, vom 18. - 21. Mai 2000 in Bremen stattfindende Konferenz "Recasting European and Canadian History: National Consciousness, Migration, Multicultural Lives" setzt sich zum Ziel, diese Ansätze zu bündeln und zu systematisieren. Die Konferenz wird von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Bremen, der Université de Montréal und der York University, Toronto, organisiert. An der Organisation beteiligt sind die Gesellschaft für Kanadastudien in den deutschsprachigen Ländern (GKS), das European Network for Canadian Studies (ENCS), das Centre for German and European Studies, York University/ Université de Montréal und vor allem die Kanadische Botschaft in Berlin.
Ausgehend vom Beispiel Kanadas soll während der Konferenz das Erwachen der "kleinen" Nationen im 19. Jahrhundert und die These Herders von der Gleichberechtigung der Kulturen als Ansatz für eine Rekonstruktion genommen werden. Einbezogen werden die islamisch-jüdisch-christliche Zusammenarbeit auf der iberischen Halbinsel, die Selbstverwaltung religiös-ethnischer Gruppen im Osmanischen Reich, das multiethnische Reich der Habsburger, der afro-atlantische Einfluß ("Black Atlantic") und die Konstruktion von "weißem Europäertum" behandelt. Kritisch soll auch die These von frühen angeblich mono-kulturellen Nationalstaaten - Großbritannien und Frankreich - betrachtet werden. Dabei werden vielfältige kulturelle Einflüsse thematisiert, die früher wie heute das Leben in scheinbar homogenen, klar abzugrenzenden Staaten prägten.
Entsprechend der neuesten Forschungsansätze werden nicht-territoriale Gruppen, Diasporas, in die Thematik einbezogen: Juden, Roma und Sinti, polnische und italienische Arbeitswanderer/innen und, im Vergleich, asiatische "communities" in Kanada. Geschlechterrollen werden ebenso thematisiert wie Fragen von Klasse und Lebenszyklen von Migranten und Migrantinnen.
Nach dem Blick auf die Geschichte wird die gegenwärtigen Zuwanderung und die Entstehung multikultureller Gesellschaften in Europa behandelt. Hier geht es nicht nur um sozialwissenschaftliche Fakten. Interdisziplinär und der Lebenswirklichkeit entsprechend werden post-nationale Literaturen berücksichtigt, multinationale Geschäftswelten sowie Konzepte von Think Tanks, die der Politik mancher europäischer Regierungen deutlich voraus sind.
Abschließend werden für die Zukunft entscheidende Fragen multipler Identitäten, Individual- gegen Gruppenrechte, durchlässige Grenzen und kulturelle Grenzbereiche sowie multikultureller Schulunterricht von den Teilnehmern der Konferenz diskutiert. Wie wird ethno-kulturelles Nebeneinander wirken, wie Gleichberechtigung verwirklicht? Wie wird Vielfalt und Freizügigkeit in internationales Recht umgesetzt?
Diese in Kanada, aber auch in Schweden und den Niederlanden selbstverständlichen Themen fehlen, von wenigen Institutionen abgesehen, in der Wissenschaftsprogrammatik der Bundesrepublik und anderer europäischer Gesellschaften. Die Konferenz hat das Ziel, die Forschungsprogrammatik zu beeinflussen durch Bündelung und Systematisierung vorhandener Einzelinitiativen.
In direktem Anschluss an die Konferenz findet ein Fortbildungsseminar für Lehrerinnen und Lehrer statt. Außerdem wird ein öffentliches Kulturprogramm es ermöglichen, sich den Themen Kanada, Migration und Interkulturalität von verschiedenen Seiten zu nähern.
Koordinatoren/ innen
Universität Bremen: Prof. Dirk Hoerder, Dr. Christiane Harzig
York University: Prof. Adrian Shubert
Université de Montréal: Prof. Danielle Juteau
Weitere Informationen bei:
Claudia Haase
Tel. (0421) 218 2226
Email haase@uni-bremen.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Politik, Recht
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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