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11.05.2000 11:48

Starke Erkältungen nach der deutschen Fusionitis

Dr. Martin Reuter Kommunikation und Marketing
Private Universität Witten/Herdecke gGmbH

    Nur 45 von 103 Zusammenschlüssen führen zu einer Umsatzsteigerung

    Der Virus "Fusionitis" infiziert weiterhin die deutsche Unternehmenslandschaft. Nach den jüngsten Unternehmenszusammenschlüssen wird immer mehr von einem radikalen Umbau der "Deutschland AG" gesprochen. Weltweit wechselten 1999 Unternehmen im Gesamtwert von 3,4 Billionen Dollar den Eigentümer. Damit wurde in den vergangenen 24 Monaten das Transaktionsvolumen der gesamten letzten Dekade erreicht. Die Vereinbarungen und Ankündigungen neuer Fusionen sind zwar immer wieder spektakulär - weniger spektakulär hingegen sind die Ergebnisse, die Fusionen mit deutscher Beteiligung erreicht haben.

    Dies ergibt eine aktuell abgeschlossene Studie von Stephan A. Jansen, Gründer des Institute for Mergers & Acquisitions an der Universität Witten/Herdecke und Klaus Körner der Unternehmensberatung Mercuri International. Dabei wurden erstmalig insgesamt 103 Unternehmenszusammenschlüsse, die zwischen 1994 und 1998 vereinbart wurden, hinsichtlich ihres Fusionsmanagement nach dem Vertragsabschluss (Post Merger Management) analysiert.

    Ein erstes ernüchterndes Ergebnis: Nur in 44% der Fälle gelang den untersuchten Unternehmen eine relative Umsatzsteigerung im Vergleich zur Branche, lediglich 24% der börsennotierten Studienteilnehmer konnte eine bessere Börsenwertentwicklung im Vergleich zur ihrer Branche erreichen.

    Wichtige Ergebnisse der Studie im Überblick:
    (1) Bei den strategischen Zielen für Fusionen steht noch immer das Kostensparen statt das Erzielen von Wachstumssynergien im Vordergrund. Nur für 16% der analysierten Unternehmen waren Wachstumssynergien das Hauptmotiv, die Erhöhung der Innovationskraft gar nur für 4%.

    (2) Die Analyse der Erfolgsfaktoren sieht vor allem Kommunikation, schnelle Entscheidungen über die neue Führungsstruktur, eine Pre-Merger-Integrationsplanung und die Anpassung der Incentive-Strukturen im Vordergrund. Die Überraschung: Unternehmenskulturelle Aspekte haben einen eher untergeordneten Einfluss auf den Post Merger Erfolg. "Verschiedene Unternehmenskulturen und eine langsame Integrationsgeschwindigkeit als Hauptgründe für das Scheitern von Fusionen sind gern wiederholte, aber nicht zu belegende Praxismythen", so der Wittener Wissenschaftler Jansen mit Blick auf die bisher nur geringen Forschungsbemühungen in diesem Bereich.

    (3) Fusionen unter ungefähr gleichstarken Partnern sind tendenziell erfolgreicher an der Börse und beim Umsatz. Der Grund: Nahezu allen Aufgaben im Post Merger Management wird bei den sogenannten "Mergers of Equals" eine deutlich höhere Bedeutung beigemessen - vor allem der Integrationsplanung, der Einsatz von Integrationsteams, der Entwicklung von Instrumenten zum Wissenstransfer und dem Aufbau zusätzlicher Forschung und Entwicklung. "Vor allem dem Aspekt der Kommunikation wurde hier mehr Bedeutung beigemessen", wie Körner von Mercuri auch aus eigener Beratererfahrung immer wieder feststellt.

    (4) Zusammenschlüsse mit einem internationalen Partner weisen eine signifikant höhere Börsenwertsteigerung gegenüber nationalen Zusammenschlüssen auf. Während keine der internationalen Fusionen eine negative Börsenwertentwicklung verzeichnen mußte, haben 43% der rein nationalen Zusammenschlüsse entsprechende Kursrückgänge erlitten. Der Umsatz entwickelte sich jedoch tendenziell leicht schlechter im Vergleich zu den rein nationalen Fusionen.

    (5) Dienstleister haben tendenziell eine bessere Umsatzentwicklung als produzierende Industrie. Bei 51,9% der Zusammenschlüsse von Dienstleistern und Handel stiegen die Umsätze relativ zur Branche, gegenüber nur 40,7% im Industrie- und Konsumgütersektor. Grund: Bei ihnen stehen "Wachstumssynergien" deutlich vor den "Kostensynergien". Dies zeigt sich auch bei der deutlich geringeren Tendenz zur Personalreduktion nach der Fusion.

    (6) Interessant: Erfahrung schützt nicht vor Mißerfolgen! Vorherige Fusionserfahrung hat bei den analysierten Unternehmen keinen Einfluss auf den Fusionserfolg nachfolgender Zusammenschlüsse gehabt.

    Die gesamte Auswertung kann unter der Rufnummer 02302-926 742 bzw. auf der Homepage www.uni-wh.de/ima bezogen werden.

    Das weltweit erste "Institute for Mergers & Acquisitions (IMA)" wurde 1999 an der Universität Witten/Herdecke gegründet und wird von Unternehmen wie der Deutschen Beteiligungs AG, DaimlerChrylser AG, MobilCom AG und McKinsey unterstützt. Es widmet sich mit vier Professuren und Lehrstühlen interdisziplinär allen Fragen der Unternehmenszusammenschlüsse und -kooperation in Zusammenarbeit mit internationalen Universitäten wie Harvard, Stanford und St. Gallen. Im Zentrum steht eine kritische Analyse der Fusionen und die Hilfestellung bei Fragen der Strategie, Unternehmensbewertung, Organisation, Kultur und des Wirtschaftsrechtes.

    Pressekontakt: Stephan A. Jansen, 02302-926 742, 0172-2372688, sjansen@uni-wh.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-wh.de/ima


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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