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12.05.2000 09:35

DFG richtet 21 neue Schwerpunktprogramme ein

Jutta Höhn Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

    Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet Anfang des kommenden Jahres 21 neue Schwerpunktprogramme ein. Das beschloss der Senat der DFG in seiner Frühjahrssitzung. Die neuen Schwerpunktprogramme wurden aus 54 Anträgen ausgewählt und werden mit einem Gesamtvolumen von etwa 104 Millionen Mark gefördert. Die Zahl der insgesamt geförderten Schwerpunktprogramme erhöht sich damit auf 129. Ziel der Schwerpunktprogramme ist es, Wissenschaftler aus verschiedenen Forschungseinrichtungen und Forschungsgebieten zusammenzubringen. Ein Schwerpunktprogramm wird in der Regel für sechs Jahre gefördert.

    Die neuen Programme im einzelnen:

    Geistes- und Sozialwissenschaften
    In dem Schwerpunktprogramm Exekutive Funktionen beschäftigen sich Psychologen und Mediziner damit, wie menschliche kognitive Verarbeitungsprozesse gesteuert, koordiniert und kontrolliert werden. Exekutive Prozesse sind zentrale Merkmale intelligenter Systeme und kommen immer dann ins Spiel, wenn sich ein informationsverarbeitendes System kurzfristig von einer kognitiven Anforderung auf eine andere umstellen muss oder wenn Prozesse der Wahrnehmung und Handlungskontrolle vorzubereiten sind. (Federführung: Prof. Dr. Bernhard Hommel, Faculty of Social and Behavioural Sciences, Universiteit Leiden, NL)

    Für die Politik im Nationalsozialismus war die Bevölkerungsforschung von strategischer Bedeutung. Wie kam es im Dritten Reich zu der Verstrickung nicht nur einzelner Wissenschaftler,
    sondern einer ganzen Forschungsrichtung? Wie die Bevölkerungsforschung ihre theoretischen Grundlagen veränderte und die Methodik zum pseudowissenschaftlichen "Nachweis" ideologischer Positionen mißbrauchte, soll in dem Schwerpunktprogramm Ursprünge, Arten und Folgen des Konstrukts "Bevölkerung" vor, im und nach dem "Dritten Reich" untersucht werden, in dem Historiker, Sozialwissenschafter und Demographen zusammenarbeiten werden. (Koordination: Prof. em. Dr. Rainer Mackensen, TU Berlin/ Prof. Dr. Jürgen Reulecke, Universität GHS Siegen)

    Medizin/Biowissenschaften
    Ein großes Problem der modernen Medizin ist der Mangel an Spendergewebe und Spenderorganen, um Patienten bei Erkrankungen oder Ausfall eines Organs durch Transplantation von entsprechendem Gewebe helfen zu können. Neue Perspektiven für den Zell- und Gewebeersatz werden durch Stammzellen eröffnet, mit denen sich Wissenschaftler des Schwerpunktprogramms Embryonale und gewebespezifische Stammzellen: Regenerative Zellsysteme für einen Zell- und Gewebeersatz befassen. Die Forscher wollen grundlegende Fragen der Biologie von Stammzellen untersuchen und damit die Basis schaffen, das Potenzial von Stammzellen für einen therapeutischen Einsatz in der Medizin nutzen zu können. Eine eigene Arbeitsgruppe für ethische Fragen soll das Programm begleiten. (Koordinatorin: PD Dr. Anna M. Wobus, Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung Gatersleben)

    Für eine optimales Wachstum und eine perfekte Entwicklung müssen Pflanzen die verschiedensten Stoffe wie etwa Zucker, Aminosäuren, Hormone oder auch Wasser über lange Strecken transportieren und ihren einzelnen Zellen zuteilen. Eiweißmoleküle in den Zellmembranen katalysieren diesen Transport. Im Schwerpunktprogramm Dynamik und Regulation des pflanzlichen Membrantransports bei der Ausprägung zell- und organspezifischer Eigenschaften werden die zellspezifische Verteilung dieser Eiweiße und ihre Steuerung analysiert. (Federführung: Prof. Dr. Norbert Sauer, Universität Erlangen-Nürnberg)

    Bei höher entwickelten Organismen gibt es von Geburt an biologische Strukturen, die dafür zuständig sind, frühzeitig Krankheitserreger zu erkennen. Diese auch als "angeborene Immunität" bezeichnete Abwehrreaktion ermöglicht es zum Beispiel, Mikroorganismen während der ersten Stunden und Tage einer Infektion zu bekämpfen. In dem Schwerpunktprogramm Angeborene Immunität erforschen Wissenschaftler die zellulären und molekularen Mechanismen der angeborenen Immunabwehr. Aus den Ergebnissen des Projektes erhoffen sich die beteiligten Forscher neue Ansätze zur Therapie von Infektionskrankheiten oder zur Behandlung von Tumoren. (Federführung: Prof. Dr. Martin Krönke, Universität Köln)

    Viele Zellen von Tieren und Menschen besitzen, vergleichbar mit einer Batterie, zwei "Pole". Dies ist zum Beispiel bei der Zellteilung für eine vollständige Entwicklung des Organismus notwendig oder ermöglicht es, dass Nervenzellen gezielt Signale weiterleiten können. Die Mechanismen und Komponenten, die erforderlich sind, um die polarisierte Organisation der Zelle aufrechtzuhalten, werden im neuen Schwerpunktprogramm Zellpolarität untersucht. (Koordination: Prof. Dr. Elisabeth Knust, Universität Düsseldorf/PD Dr. Martin Hülskamp, Universität Tübingen)

    Biologen teilen seit etwa 20 Jahren die Lebewesen der Erde in die drei so genannten Domänen: Bakterien, Vielzeller und Archaea ein. Das Schwerpunktprogramm Genregulation und Genom-organisation in Archaea untersucht bei Archaea, wie die "Aktivierung" von Genen durch ökophysiologisch relevante Umweltfaktoren reguliert wird. Unter Nutzung der neuen Technologien der Genomforschung werden zudem die molekularen Mechanismen analysiert, die zur Bildung von Proteinen führen. Ein Verständnis dieser molekularbiologischen Prozesse hat großes biotechnologisches Potential, da Archaea selbst bei extremen Umweltbedingungen, wie zum Beispiel hohen Temperaturen oder hohem Druck leben können. (Federführung: PD Dr. Jörg Soppa, Universität Frankfurt/M.)

    Naturwissenschaften
    Viele Lebewesen können mineralische Festkörper bilden, wie zum Beispiel Schalen von Vogel-eiern, Muscheln und Schnecken oder Knochen und Zähne von Wirbeltieren. Diese Biominerale sind aus relativ einfachen Verbindungen zusammengesetzt und optimal für die jeweilige Anwendung, wie zum Beispiel Schutz, Abwehr oder Skelettstruktur, geeignet. Das Ziel des Schwerpunktprogramms Prinzipien der Biomineralisation ist es, diese biologischen Prozesse in künstlichen Syntheseprozessen nachzuvollziehen. Chemiker und Biologen werden in enger Zusammenarbeit versuchen zu verstehen, wie Organismen Minerale aufbauen. (Federführung: Prof. Dr. Peter Behrens, Universität Hannover)

    Katalysereaktionen in der Technischen Chemie sind häufig weniger effizient als ihre biochemischen Vorbilder. Pflanzen können zum Beispiel mit Hilfe von Enzymen Luftstickstoff in organische Stickstoffverbindungen überführen. Vergleichsweise benötigt die Ammoniak-Synthese unter technischen Bedingungen hohe Temperaturen und hohe Drücke, also viel Energie und hohen technischen Aufwand. Die so unterschiedliche Effizienz und Selektivität von Katalysereaktionen werden in dem Schwerpunktprogramm Sekundäre Wechselwirkungen als Steuerungsprinzip zur gerichteten Funktionalisierung reaktionsträger Substrate untersucht. Es geht um Design und Dynamik der molekularen Katalysatoren - sie sollen in der Lage sein, möglichst gezielt Kohlenwasserstoffe, Stickstoff, Sauerstoff und Wasserstoff reaktionsfähig zu machen. Die natürlichen Funktionsprinzipien solcher Reaktionen werden damit weiter erschlossen. (Sprecher: Prof. Dr. Ekkehardt Hahn, Universität Münster)

    Methoden der Zeitreihenanalyse und der digitalen Bildverarbeitung werden in vielen Wissenschaftsbereichen und in der Praxis eingesetzt. Zum Beispiel werden diese Verfahren in der medizinischen Diagnostik verwendet, um Langzeit-EKG-Daten zu analysieren. Ein ganz anderes Anwendungsbeispiel ist die automatische Klassifizierung von Lackbeschichtungen während der Fertigung von Bauteilen. Da zunehmend größere Datenmengen anfallen, ist die Entwicklung neuer Verfahren erforderlich, um die "Datenflut" auswerten zu können. Die Wissenschaftler des Schwerpunktprogramms Mathematische Methoden der Zeitreihenanalyse und digitalen Bildverarbeitung werden hierzu Methoden, die in verschiedenen Wissenschaftsbereichen erarbeitet wurden, zusammenführen und neue mathematisch fundierte Algorithmen entwickeln. (Koordination: Prof. Dr. Peter Maaß, Universität Bremen)

    Ultrakalte Gase sind durch sehr niedrige Temperatur, geringe Dichte und schwache Wechselwirkungen gekennzeichnet. In dem Schwerpunktprogramm Wechselwirkung in ultrakalten Atom- und Molekülgasen untersuchen Wissenschaftler, wie ultrakalte Atome und Moleküle wechselwirken und wie deren innere und äußere Freiheitsgrade gezielt manipuliert werden können. Anwendungsfelder sind zum Beispiel Atomlaser, Atomuhren oder Instrumente, mit denen man die Erdschwerkraft präzise messen kann. (Federführung: Prof. Dr. Martin Wilkens, Universität Potsdam)

    Der Mars wird in den kommenden Jahren aufgrund einer Vielzahl von geplanten Weltraummissionen in den Blickpunkt einer interessierten internationalen Öffentlichkeit rücken. Einen deutschen Beitrag zur internationalen Marsforschung liefert das Schwerpunktprogramm Mars und die terrestrischen Planeten. Ziel des Programms ist es, räumliche und zeitliche Zusammenhänge bei der Entstehung von Planeten und der Entwicklung planetarer Körper zu verstehen. (Federführung: Prof. Dr. Tilman Spohn, Universität Münster)

    Photonische Kristalle beruhen auf der Idee, eine Bandstruktur für Lichtquanten zu erzeugen; sie haben bezüglich Lichtquanten ähnliche Eigenschaften wie Halbleitermaterialien bezüglich Elektronen. In dem Schwerpunktprogramm Photonische Kristalle arbeiten Physiker, Chemiker und Elektrotechniker daran, Licht zu "manipulieren". Sie werden zum Beispiel im Energiespektrum der Lichtquanten Bandlücken und gezielte Defekte erzeugen. Die Forscher wollen damit einen Weg zeigen, wie neuartige Bauelemente für eine integrierte Optoelektronik im Bereich der Telekommunikation hergestellt werden können. (Koordination: Prof. Dr. Helmut Föll, Universität Kiel)

    Ingenieurwissenschaften
    Für viele Anwendungen in Maschinenbau, Nanotechnologie, Informationsverarbeitung und Energietechnik werden zukünftig neue Materialien mit "maßgeschneiderten" Eigenschaften benötigt. In dem Schwerpunktprojekt Anorganische Materialien durch Gasphasensynthese: Interdisziplinäre Ansätze zu Entwicklung, Verständnis und Kontrolle von CVD-Verfahren arbeiten Chemiker, Verfahrenstechniker und Werkstoffwissenschaftler gemeinsam daran, ein vielseitiges Syntheseverfahren zu optimieren und gezielt metallische, oxidische oder nitridische Schichten mit definierten Materialeigenschaften herzustellen. (Leitung: Prof. Dr. Roland A. Fischer, Ruhr-Universität Bochum)

    In der Halbleiterindustrie bestehen nahezu alle konventionellen elektronischen Bauelemente, wie sie zum Beispiel in der Silizium-Elektronik verwendet werden, aus anorganischen Materialien. Einen Impuls für die Grundlagenforschung auf dem Gebiet organischer Polymerelektronik liefert das Schwerpunktprogramm Organische Feldeffekt-Transistoren: Strukturelle und dynamische Eigenschaften. Physiker, Chemiker, Materialwissenschaftler und Elektrotechniker wollen die wissenschaftlichen Grundlagen der Funktion, Herstellung und Charakterisierung dieser neuen Komponenten schaffen, die als Schlüsselbauelemente zukünftiger Chipkarten und Displays angesehen werden. (Leitung: Prof. Dr. Dieter Schmeißer, TU Cottbus)

    Nicht nur Menschen werden alt, sondern auch Bauwerke. Dies liegt daran, dass viele der im Bauwesen eingesetzten Materialien eine poröse Mikrostruktur haben. Gase und Flüssigkeiten können im Laufe der Zeit in die mineralischen Werkstoffe eindringen und das Material durch physikalische und chemische Wechselwirkungen schädigen oder zerstören. In dem Schwerpunktprogramm Vorhersage des zeitlichen Verlaufs von physikalisch-chemischen Schädigungsprozessen an mineralischen Werkstoffen werden neue, zuverlässigere Verfahren erarbeitet, um diese Prozesse besser vorhersagen und beeinflussen zu können. (Federführung: Prof. Dr.-Ing. Lutz Franke, TU Hamburg-Harburg)

    In der Natur haben sich im Laufe der Evolution zum Beispiel bei Pflanzen Strukturen entwickelt, die diese sehr leicht und gleichzeitig äußerst stabil und robust machen. In dem Schwerpunktprogramm Textile Verbundbauweisen und Fertigungstechnologien für Leichtbaustrukturen des Maschinen- und Fahrzeugbaus wird untersucht, wie solche biologischen Architekturprinzipien durch dreidimensionale textilverstärkte Strukturen technisch umgesetzt werden können, die beispielsweise für den Fahrzeugbau - etwa für das "2-Liter-Auto" - von großem Interesse sind. (Koordination: Prof. Dr.-Ing. Werner Hufenbach, TU Dresden)

    Die meisten metallischen Werkstoffe werden in aufwendigen Prozessen hergestellt. Besonders die Schmelz- und Gießverfahren sind sehr teuer. Ziel des Schwerpunktprogramms Phasenumwandlungen in mehrkomponentigen Schmelzen ist es, den Übergang von der flüssigen zur festen Phase in mehrkomponentigen Systemen zu verstehen. Dies trägt dazu bei, Verarbeitungsschritte einzusparen und die Produktionswege vom Rohling zum Endprodukt zu verkürzen. (Koordinator: Prof. Dr. Dieter M. Herlach, DLR Köln)

    Netzwerke sind abstrakte Strukturen, die binäre Beziehungen modellieren. In der heutigen Gesellschaft sind komplexe Netzwerkverbindungen wichtig. Informationsverarbeitung, Kommunikation, Mobilität und Transport basieren ebenso auf Vernetzungen wie das soziale und politische Handeln von Personen und Organisationen. In dem Schwerpunktprogramm Algorithmik großer und komplexer Netzwerke beschäftigen sich Informatiker, Mathematiker und Ingenieure damit, die Abläufe und Funktionsweisen innerhalb von Netzwerken zu verstehen und zu beherrschen. Dazu gehört die effiziente algorithmische Lösung grundlegender Problemstellungen in Netzwerken ebenso wie deren strukturelle Analyse und geeignete Visualisierung. (Leitung: Prof. Dr. Dorothea Wagner, Universität Konstanz)

    Fußball spielende Roboter stehen im Mittelpunkt des Schwerpunktprogramms Kooperierende Teams mobiler Roboter in dynamischen Umgebungen. Ziel des Projektes ist es, autonome, schnelle Roboter mit komplexem kooperativem Verhalten zu entwickeln. Die Roboter dienen als Modell für schnell bewegliche mechanische Systeme, die in der Industrie zum Beispiel im Service, bei der Produktion oder in der Automationstechnik eingesetzt werden. (Koordinator: Prof. Dr. Thomas Christaller, GMD St. Augustin)

    In den letzten Jahren wurden in der Medizin computerunterstützte Methoden der Bildanalyse vorwiegend in der Diagnose eingesetzt. Wissenschaftler des Schwerpunktprogramms Medizinische Navigation und Robotik untersuchen, wie Methoden der Bildanalyse und Robotik zukünftig auch in der medizinischen Therapie verwendet werden können. Mediziner, Informatiker und Ingenieurwissenschaftler arbeiten gemeinsam daran, neue Navigationsmethoden zu entwickeln, die in der Neurochirurgie, der Strahlentherapie, der chirurgischen Onkologie, der Orthopädie oder der Traumatologie eingesetzt werden können. (Sprecher: Prof. Dr. A. Schweikard, TU München)


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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