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22.05.2000 15:45

"Virtual Werder" - Bremer Informatiker qualifizieren sich für die Computer-Fußball-Weltmeisterschaft

Kai Uwe Bohn Hochschulkommunikation und -marketing
Universität Bremen

    --> Virtual Werder ist kein Computerspiel, sondern basiert auf intelligenten Systemen.
    --> Jeder Spieler ist speziell programmiert und agiert autonom.
    --> Wissen von werder-Trainer Thomas Schaaf trug zur Qualifikation bei

    Die deutsche Fußball-Meisterschaft ist entschieden. Bayern München hat überraschend den Titel an die Isar geholt. Vielleicht gibt es auch auf der diesjährigen Fußball-Weltmeisterschaft für Roboter und Softwareroboter eine Überraschung und die erstmalig an den Start gehende Mannschaft "Virtual Werder" holt den Titel.

    Virtual Werder ist das Ergebnis einer Initiative, die sich aus den Lehrveranstaltungen Künstliche Intelligenz I und II des Fachbereichs Mathematik/Informatik an der Universität Bremen gebildet hat. Ziel der seitdem existierenden Arbeitsgruppe "RoboCup" am Technologie-Zentrum Informatik ist es, ein Computersystem zu entwickeln, das in der Lage ist, sich in einer Fußball-Simulationsliga durchzusetzen. Diese Liga, die aufgrund der starken internationalen Beteiligung mit einer Weltmeisterschaft im Sport vergleichbar ist, existiert seit 1997 und trägt den Namen RoboCup.

    Der Robocup wird einmal im Jahr ausgetragen und von einigen der weltweit führenden Institutionen im Bereich der Künstlichen Intelligenz und Robotik organisiert. Nach Nagoya (Japan) 1997, Paris 1998 und Stockholm 1999 findet die diesjährige WM Ende August in Melbourne statt. In der Simulationsliga treten Mannschaften mit jeweils elf Spielern gegeneinander an Bemerkenswert daran ist, dass im Gegensatz zu bekannten kommerziellen Fußballsimulatoren für die Spielkonsole oder den PC jeder Spieler auf dem Platz unabhängig von den anderen Spielern agieren kann, es also elf autonome Programme (sog. Agenten) gibt, plus einem zusätzlichen Programm, das den Trainer darstellen soll. Um nun trotzdem ein sinnvolles Spielkonzept entwickeln zu können, muss jeder Spieler wissen, wie seine Aufgabe aussieht, um das gemeinsame Ziel, im Normalfall mindestens ein Tor mehr zu schießen als der Gegner, zu erreichen. Die Kommunikation läuft über einen Server, der die Spielerprogramme auch über ein vorher definiertes Netzwerkprotokoll mit den nötigen Informationen zu seiner simulierten Umgebung versorgt.

    Der zweite große Unterschied zu Computerspielen ist die Tatsache, dass während des Spiels nicht mehr von Menschen in das Spiel eingegriffen werden kann. Eingriffsmöglichkeiten haben die Programmierer nur in der Halbzeitpause, ansonsten müssen Spieler auf alles, was auf dem virtuellen Platz passiert, eigenständig reagieren können.

    Wie bei einer echten Fußballweltmeisterschaft werden erst in Gruppenspielen und dann im KO-System die Plazierungen und schließlich auch der Weltmeister ermittelt. Um überhaupt an dem diesjährigen Robocup teilnehmen zu können, mussten sich alle Teams zunächst qualifizieren, indem sie mit einem Logfile, einer Aufzeichnung eines Spiels der eigenen Mannschaft, nachwiesen, dass sie ein sinnvolles Spiel bestreiten können. Von den 90 vorregistrierten internationalen Teams haben sich 42 Teams für die Simulationsliga qualifiziert, darunter auch die Mannschaft Virtual Werder von der Bremer Universität

    Jedes Team hat spezielle Konzepte entwickelt und implementiert, mit denen es gelingen soll, einen Vorteil gegenüber der gegnerischen Mannschaft zu gewinnen. Virtual Werder hat dabei, neben den Grundfähigkeiten der einzelnen Spieler, auch sehr viel Wert auf die Entwicklung des Online-Coaches gelegt. Dieses zwölfte Programm simuliert einen Trainer. Der Coach hat im Gegensatz zu den Spielern, die wie reale Menschen immer nur einen bestimmten Teil ihrer Umgebung im Auge behalten können, einen Überblick über das gesamte Spielfeld. Die so gewonnenen Daten müssen dann nur noch sinnvoll in das Multiagentensystem integriert werden.

    Nach einem Experteninterview mit Thomas Schaaf, dem Trainer der Bundesligamannschaft von Werder Bremen, wurde deutlich, dass es sinnvoll ist, die gegnerische Strategie zu analysieren und daraufhin entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Mit Techniken aus der Künstlichen Intelligenz, einem Forschungsbereich der Informatik, wurde diese Analyse realisiert. Dabei kommt ein neuronales Netz zum Einsatz. Dieses Netz erhält die Positionen der gegnerischen Spieler als Eingabe und liefert den Namen des Spielsystems, das erkannt worden ist, als Ausgabe. Um diese Analyse erfolgreich durchzuführen, sind über 700 Beispiele mit dem Netz trainiert und der Lernerfolg überwacht worden. Mit diesem "Wissen" ist es dem Online-Coach nun möglich, bei Spielunterbrechungen, also beispielsweise bei Einwürfen, den Spielern Kommandos zuzurufen. Die Spieler reagieren auf solche Kommandos mit einer Positions- oder Taktikänderung.

    Bis August wird das Team Virtual Werder noch verbessert, um beim RoboCup möglichst gut abzuschneiden. Um dann auch wenigstens drei bis vier Mitglieder der Arbeitsgruppe nach Melbourne schicken zu können, werden noch dringend Sponsoren gesucht, da es um die finanzielle Ausstattung von Studierenden bekanntermaßen immer schlecht steht. Virtual Werder kann im WWW besucht werden: http://www.virtualwerder.de

    Ansprechpartner:
    TZI, Universität Bremen
    Dr. Ubbo Visser
    Universitätsallee 21-23
    D-28359 Bremen
    Tel: 0421/218-7840, Fax: 0421/218-7196
    E-Mail: visser@tzi.de
    URL: http://www.tzi.de/


    Weitere Informationen:

    http://www.virtualwerder.de
    http://www.tzi.de/


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Informationstechnik, Sportwissenschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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