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23.05.2000 16:16

Neue Impulse für Schulsozialarbeit

Patrizia Reicherl Stabsstelle Hochschulkommunikation
Fachhochschule Potsdam

    Unter dem Motto 'Keine Schule ohne Sozialarbeit' diskutierten am 19. und 20.Mai in der Fachhochschule Potsdam gut 150 Teilnehmer über Sozialarbeit an Schulen in Brandenburg. Die Fachtagung bot SchulsozialarbeiterInnen, LehrerInnen, MitarbeiterInnen von freien Trägern sowie der Schul-, Jugend- und Sozialverwaltungen von Städten und Kreisen die Möglichkeit, gemeinsam mit ausgewiesenen Fachleuten - Praktikern der Sozialarbeit und Jugendhilfe wie SozialwissenschaftlerInnen - die Schwachpunkte, aber auch die Möglichkeiten der Schulsozialarbeit zu diskutieren, wie sie in Brandenburg seit einigen Jahren praktiziert wird.

    Organisiert wurde die Tagung von Prof. Dr. Joachim Gessinger, Universität Potsdam, Prof. Dr. Rita Marx, Fachhochschule Potsdam, sowie der Initiativgruppe Brandenburger SchulsozialarbeiterInnen, dem Förderverein "Sozialarbeit an Schulen in Brandenburg. e.V." und der Landeskooperationsstelle Schule-Jugendhilfe.

    Von besonderem Interesse waren die Ausführungen von Frank Szymanski, Staatssekretär des für die Schulsozialarbeit zuständigen Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport. Szymanski verteidigte nachdrücklich die Aufgabenverteilung, wie sie sich in Brandenburg herausgebildet hat: Schulsozialarbeit als Aufgabe vor allem kommunalen Handelns in freier Trägerschaft. Die Landesregierung beteiligt sich an der Finanzierung und gibt konzeptionelle wie strukturelle Rahmenvorgaben für die Kooperation von Jugendhilfe, Sozialarbeit und Schule.

    Die Beiträge der anderen Referenten auf der Eröffnungsveranstaltung zeigten indes, daß dieses Konzept einer regional bestimmten Schulsozialarbeit in vielfältiger Trägerschaft und schwach ausgeprägtem Regelungsanspruch der Staatsseite sich zwar gut liest, aber in der Umsetzung deutliche Mängel aufweist: So ist weder klar, wann Bedarf an Schulsozialarbeit vorliegt (Prävention durch offene Freizeitangebote oder erst dann, wenn Schulen es mit nicht mehr beherrschbaren sozialen Konflikten zu tun haben), noch wer diesen Bedarf anmeldet (Schule oder Jugendhilfe). Fehlende Fachkompetenz der freien Träger wurde ebenso kritisiert wie nicht eingehaltene Standards bei der Qualifikation und Ausbildung der SchulsozialarbeiterInnen. Problematisch ist aber vor allem das oft inkonsequente und nicht immer weitsichtige Handeln der verantwortlichen kommunalen Ebene, das sich in sehr unterschiedlicher Weise zwischen finanziellen Engpässen und sozialpolitischer Verantwortung bewegt. Die Konsequenzen für die Sozialarbeit an Schulen sind teilweise dramatisch: Statt qualifiziertem Personal werden fachfremde Kräfte auf ABM-Basis eingestellt, Verträge laufen in Jahresfrist aus und die mühsam aufgebauten Beziehungen zu Schülerinnen und Schülern, zu Eltern und zum Lehrpersonal werden abrupt abgebrochen.
    Ungeklärt ist auch, wie Schulsozialarbeit als 'Anwalt' sozial benachteiligter SchülerInnen sich in das 'System Schule' einfügen kann, das zunehmend seine Funktion der sozialen Integration und der Erziehung zu solidarischem Handeln zugunsten sozialer Selektion einschränkt. Schulabschlüsse (oder deren Fehlen) entscheiden heute mehr denn je über den Ort, den Schülerinnen und Schüler als Erwachsene in der Gesellschaft einnehmen werden.

    Im zweiten Teil der Fachkonferenz wurden Teilaspekte der auf der Plenarsitzung angesprochen Probleme in verschiedenen Arbeitsgruppen genauer analysiert. Die in einer abschließenden Diskussionsrunde vorgestellten Konzepte und Lösungsansätze forderten eine stärkere Verbindlichkeit der Vorgaben für Schulsozialarbeit ein, um so eine höhere Professionalität aller Beteiligten, vor allem der Kommunen, zu erzeugen und insbesondere bei den unteren Ebenen der Schulverwaltung ein höheres Maß an Kooperativität zu erreichen. Die durch den Schülerrückgang wieder mögliche stärkere Umsetzung des pädagogischen Auftrags von Schule könnte auch den Handlungsraum für die Sozialarbeit an Schulen erweitern - allerdings nur dann, wenn nicht auch hier - wie in vielen Bereichen in Brandenburg - an der falschen Stelle gespart wird. Hier ist das MBJS ebenso gefordert wie die Landesregierung insgesamt: Gute Konzepte müssen eine Chance erhalten, sich in langfristiger Perspektive bewähren zu können und die Öffentlichkeit muß ermuntert werden, mehr als bisher Verantwortung für die Gestaltung der Lebensräume von Kindern und Jugendlichen zu übernehmen und die häufig als getrennt wahrgenommenen Bereiche 'Familie', 'Schule' und 'Gemeinwesen' als Einheit zu sehen. Die Teilnehmer der Fachtagung jedenfalls haben die nächste Veranstaltung schon im Blick.

    Hinweis für Redaktionen:
    Weitere Informationen erhalten Sie bei:
    Prof. Dr. Joachim Gessinger, Universität Potsdam,
    Tel.: 0331/977-2202, Fax: 0331/977-2616, e-mail: gessinger@rz.uni-potsdam.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Pädagogik / Bildung, Politik, Psychologie, Recht
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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