Abtauchender Ozeanboden, Erdbeben und Vulkane in Suedamerika
Start des Projektes ANCORP `96 (Andean Continental Research Project)
GFZ Potsdam - Die Erdoberflaeche besteht aus beweglichen Platten, die aneinander stossen, sich aneinander reiben oder sich uebereinander schieben. So wird an der chilenischen Pazifikkueste bestaendig Ozeanboden tief in das Erdinnere zurueckverfrachtet ("subduziert"), wodurch es zur Auffaltung der Anden, zu Erdbeben und Vulkanismus, aber auch zur Bildung von Rohstoff- Lagerstaetten, z.B. Kupfer, kommt. Dieses Gebiet bildet daher ein natuerliches Labor, in dem die Theorien der Geowissenschaftler vor Ort ueberprueft und verbessert werden koennen.
Zur Untersuchung der Deformationsprozesse der Erdkruste in der Kollisionszone der suedamerikanischen Kontinentalplatte und der subduzierenden pazifischen Nazca-Platte reisen Wissenschaftler aus Potsdam und Berlin Ende August in die Anden, um dort bis Ende November ein Experiment mit dem Namen ANCORP (ANdean COntinental Research Project) durchzufuehren. ANCORP entstand im Rahmen des am GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ) angesiedelten Forschungsprogramms DEKORP 2000 (DEutsches KOntinentales Reflexionsseismisches Programm). In Zusammenarbeit mit einem Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft (SFB 267 "Deformationsprozesse in den Anden" ), an dem das GFZ, die Uni Potsdam, die FU Berlin und die TU Berlin beteiligt sind, werden etwa 30 Wissenschaftler eine 350 bis 400 km lange Traverse in Ost-West-Richtung von Nordchile bis Bolivien seismisch vermessen. Dabei sollen Tiefen von ueber 200 km geophysikalisch durchleuchtet werden. Die seismischen Messungen von ANCORP schliessen direkt an das CINCA-Projekt aus dem Vorjahr an. Geplant sind tiefreichende Steilwinkelmessungen, bei denen im Abstand von sechs Kilometern je zwei Sprengladungen von 80 bis 100 Kilogramm gezuendet werden. Aufgrund vorangegangener Untersuchungen konzentriert sich das Interesse auf einen Querschnitt durch die Anden in 21° suedlicher Breite.
Die Untersuchungen umfassen einen ganzen Komplex geowissenschaftlicher Fragen. In der eigentlichen Knautschzone zwischen Ozean und Kontinent sollen die Prozesse der Krustenerosion an der Unterseite des Kontinents, des Massentransportes und der krustalen Verdickung sowie die Natur von tiefreichenden Verwerfungszonen als Aufstiegswege fuer erzbildende Fluide studiert werden. Im Bereich des Vulkanguertels der Anden interessiert besonders die Entstehung und der Aufstieg von Magmen sowie die Verzahnung der abtauchenden Nazca-Platte mit der Oberplatte und ihre Beziehung zur Erdbebenaktivitaet. Im Altiplano, der Anden-Hochebene, werfen die Bildung anomal verdickter Erdkruste, Plateau-Vertikalbewegungen und ihre randlichen Verwerfungen besondere Fragen auf. Die stark deformierte kontinentale Oberplatte bildet an mehreren Stellen Sediment-Becken aus, die auf moegliche Vorkommen fossiler Brennstoffe wie Erdoel und Erdgas untersucht werden koennen.
Amerikanische Partner von der Cornell University New York werden im Herbst 1997 die Traverse im Osten fortsetzen, so dass zusammen mit den CINCA-Daten und den industriellen Explorationsdaten ein ueber 1000 km langer Querschnitt von der ozeanischen Nazca-Platte ueber den Subduktionsbereich und die gesamten Anden entsteht. Ergaenzt werden diese Experimente durch Registrierungen der Erdbebenaktivitaet durch das GFZ und die FU Berlin.
Neben den wissenschaftlichen Fragestellungen soll auch versucht werden, Probleme von oekologischer und oekonomischer Relevanz zu integrieren und mit interdisziplinaeren Methoden zu loesen. Von besonderer Bedeutung in den Zentralanden sind Lage und Entstehung der haeufigen Mineralerzvorkommen - in Chuquicamata befindet sich beispielsweise die groesste Kupferlagerstaette der Welt - sowie die von Vulkanismus und Erdbeben ausgehenden Gefaehrdungen. Denn: die im Andengebiet ablaufenden Prozesse sind die gleichen wie im gesamten circumpazifischen Bogen und betreffen somit Millionen von Menschen im dichtbesiedelten Pazifikraum von Amerika bis Asien.
ANCORP umfasst vielfaeltige Kooperationen der deutschen Institute (GFZ Potsdam, Freie Universitaet Berlin) mit Partnern in Chile und Bolivien. So sind neben oeffentlichen Institutionen wie die Universidad Catolica del Norte (Antofagasta), die Universidad de Chile (Santiago), SERNAGEOMIN ( Servicio Nacional de Geologia y Mineria, Santiago) in Chile und die Universidad Mayor de San Andres (La Paz), die Universidad Autonoma Tomas Frias (Potosi) und GEOBOL (Servicio Geologico de Bolivia) in Bolivien auch industrielle Organisationen wie ENAP (Empresa Nacional de Petroleo) und CODELCO (Corperacion del Cobre) in Chile sowie YPFB (Yacimientos Petroliferos Fiscales Bolivianos) in Bolivien beteiligt und stellen vorhandene Daten aus reflexionsseismischen Profilen und Bohrungen sowie geologische Kartierungen zur Verfuegung.
GEOFORSCHUNGSZENTRUM POTSDAM (GFZ)
Nachdruck, auch auszugsweise, frei.
Belegexemplar erbeten an: GeoForschungsZentrum, Oeffentlichkeitsarbeit, Telegrafenberg A17, D-14473 Potsdam, Telefon 0331 - 288 - 1040, Fax: 0331 - 288 - 1044, e-mail: ossing@gfz-potsdam.de
Ansprechpartner: Franz J. Ossing
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geowissenschaften
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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