idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
30.05.2000 18:27

Psychologenkongress: Aufmüpfiges Verhalten von Jugendlichen ist nicht zwangsläufig ein Alarmsignal

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Jena. (30.05.00) Mit dem wohl spannendsten und aufregendsten Abschnitt im menschlichen Leben, der Jugendzeit, setzen sich diese Woche Psychologen aus Europa und Übersee an der Friedrich-Schiller-Universität Jena auseinander. Der 7. Jahreskongress der European Association for Research on Adolescence (EARA) mit über 300 Teilnehmern geht dabei vom 31. Mai bis 4. Juni drei Schwerpunktfragestellungen nach: 1. Wie kommt es zu Problemverhalten Jugendlicher wie Aggression, Delinquenz und Drogenmissbrauch, und was kann man dagegen tun? 2. Wie entwickeln sich positive Verhaltensweisen gegenüber Eltern, Freunden, im Berufsleben und im Gemeinwesen? 3. Wie reagieren Jugendliche auf die veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wie Globalisierung und Regionalisierung, technologischen Wandel und zunehmende Migration?

    "Es ist heute gar nicht mehr so einfach, jung zu sein, wie früher", bemerken die beiden Jenaer Psychologen Prof. Dr. Rainer K. Silbereisen und Prof. Dr. Peter Noack, beide Tagungspräsidenten des EARA-Kongresses. "Trotzdem verläuft bei den allermeisten Jugendlichen das Erwachsenwerden ganz normal und ohne nachhaltige Störungen." Die Problematik, dass die sexuelle Reifung immer früher, die soziale Unabhängigkeit von Familie und Schule hingegen immer später kommt, hat sich beständig verschärft. "Wir müssen genau unterscheiden, in welchen Fällen ein ,aufmüpfiges' Verhalten tatsächlich als Signal für Entwicklungsstörungen betrachtet werden muss", erklärt Silbereisen, "meistens brauchen die Eltern mehr Unterstützung als ihre Kinder, weil sie mit deren Verhalten plötzlich nicht mehr klarkommen."

    Das "Statusgerangel" der Jugendlichen sei eigentlich ganz normal, meint Silbereisen; hingegen haben die Psychologen inzwischen gelernt, viel genauer zu differenzieren als noch vor Jahren. "Früher war man der Meinung: Problemverhalten wächst sich bei den meisten mit der Zeit aus", schildert der Experte, "heute wissen wir, dass zum Beispiel Verlaufstypen, die schon durch frühkindliche Entwicklungsstörungen charakterisiert sind, unbedingt der fachlichen Hilfe bedürfen."

    Besonders ernst nehmen Silbereisen und seine Kollegen rechtsradikale und aggressive Tendenzen unter Jugendlichen. Im vergangenen Jahr haben die Jenaer speziell zu diesem Thema mit belgischen und britischen Forschern ein internationales Graduiertenkolleg ins Leben gerufen. "Das soziale Denken eines 13-Jährigen verlangt klare Maßstäbe", erläutert der Entwicklungspsychologe, "hier kann man zum Beispiel mit positiven Vorbildern weitaus mehr erreichen als mit moralinsauren Sprüchen gegen Ausländerfeindlichkeit."

    Die Erwachsenen sollten versuchen, die Motivationen Jugendlicher zu verstehen, die sich rechtsradikalen Gruppierungen anschließen: "Das Ansehen in der Gruppe und der Spaß im Miteinander unter Gleichaltrigen ist dann wichtiger als der erhobene Zeigefinger der Eltern und Lehrer." Diesen Jugendlichen müssten altersadäquate Alternativangebote unterbreitet werden, die mit den Abenteuerreizen und simplen Orientierungsmustern der rechten Szene konkurrieren können. "Überhaupt wird die emotional-affektive Betroffenheit Jugendlicher häufig unterschätzt", meint Silbereisen. "Die jungen Leute sind weniger egozentrisch, als man ihnen unterstellt. Aber sie brauchen konkrete Angebote für ein sinnvolles soziales Engagement."

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. Rainer K. Silbereisen
    Institut für Psychologie der Friedrch-Schiller-Universität Jena
    Tel.: 03641/945201

    Programm unter: externer Link

    Pressekonferenz am Freitag, dem 2. Juni, 11 Uhr
    in Raum 223, Carl-Zeiß-Str. 3, 2. OG (Neuer Campus)

    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Wolfgang Hirsch
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931031
    Fax: 03641/931032
    E-Mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.eara2000.uni-jena.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Psychologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).