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14.06.2007 16:12

Von der Notgemeinschaft zum Familienunternehmen

Jens Panse Pressestelle
Universität Erfurt

    Ringvorlesung zum sozialen Gestaltwandel ostdeutscher Industriebetriebe nach der Wende

    Der Ausdruck "Notgemeinschaft" wurde kurz nach der Wende geprägt, um die aus dem Mangel der Planwirtschaft resultierenden, in Kollegialitäts- und Freundschaftsbeziehungen eingebetteten informellen Tauschbeziehungen auf den Begriff zu bringen. Die Soziologin Dr. Katharina Bluhm will ihn in ihrer Ringvorlesung am kommenden Dienstag (19.6.2007) nutzen, um einen historischen Bogen über verschiedene betriebliche Sozialverfassungen zu schlagen.
    "Die als Endpunkt gesetzten Familienunternehmen suggerieren mit Absicht ein Ankommen in mittelständischen 'Normalstrukturen', das vor dem Hintergrund des abrupten Systemwechsels keineswegs selbstverständlich ist", so Bluhm. Empirische Befunde zeigten, dass ostdeutsche Eigentümer die nach der Wende größtenteils neu entstandenen Firmen innerhalb der Familie weitergeben wollen (wie ihre westdeutschen Pendants) und dafür auch keine größeren Hindernisse sehen. Gleichzeitig falle der Generationswechsel in der Unternehmensführung mit Herausforderungen zusammen, die ohne einen neuerlichen sozialen Gestaltwandel nicht bewältigt werden könnten. "Deren Misslingen könnte die wirtschaftlich konsolidierte Industriestruktur in den neuen Bundesländern am Ende doch noch gefährden", befürchtet die Wissenschaftlerin von der Uni Jena. "Diese Herausforderungen sind eng mit den demographischen Schrumpfungsprozessen verknüpft, die noch einmal eine zugespitzte, Ostdeutschland übergreifende Problemlage schaffen und eine doppelte Lücke reißen: Auf der Ebene der Facharbeiter, die mit den Unternehmensgründern alt werden, und bei den akademischen Fach- und Führungskräften, die zwar in den neuen Bundesländern studieren, dann aber abwandern". Die betriebliche Sozialverfassung nach der Wende sei von einem "Überlebenspakt" geprägt, der langfristige Beschäftigungssicherheit mit niedrigen Löhnen und Gehältern sowie hoher Flexibilität und Arbeitsbelastung kombiniere. "Die in diesem Pakt enthaltenen ,Angebote' der Unternehmen an die nächste Generation werden nicht ausreichen, um künftig in der Konkurrenz um die knapperen Humanressourcen bestehen zu können", stellt Bluhm fest.

    Privatdozentin Dr. Katharina Bluhm, geboren in Leipzig, ist seit 1997 am Institut für Soziologie der Friedrich-Schiller-Universität in Jena, zunächst als wissenschaftliche Mitarbeiterin, später als wissenschaftliche Assistentin und z.Z. als Oberassistentin. 1999/2000 war sie Gastforscherin am Minda de Gunzburg Center for European Studies der Harvard University und von 1994 bis Ende 1996 Postdoktorandin der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften. Sie studierte und promovierte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Organisations- und Wirtschaftssoziologie, die Transformation in den neuen Bundesländern und Mittelosteuropa und der Wandel von Managementkonzepten im Kontext der Globalisierung.

    "Deutsche Einheit - ein Projekt" ist der Titel der 14. Ringvorlesung der Universität, die in diesem Sommersemester wieder gemeinsam mit der Fachhochschule veranstaltet wird. In der Ringvorlesung soll eine Zwischenbilanz versucht werden. Redner aus der Universität und der Fachhochschule, Wissenschaftler anderer Universitäten, aber auch Politiker wie Bernhard Vogel sowie der Schriftsteller Landolf Scherzer werden sich mit Fragen beschäftigen wie diesen: Was wurde richtig gemacht? Wo ist die Einheit gelungen? Wo sind nach 17 Jahren immer noch Defizite zu verzeichnen? Was hätte anders gemacht werden müssen angesichts der Chance zur Wiedervereinigung des seit 1945 faktisch geteilten Landes?
    Die mit Unterstützung der Sparkassenfinanzgruppe, der Stadtverwaltung Erfurt und der Universitätsgesellschaft Erfurt e.V. veranstaltete und von der Thüringer Allgemeine präsentierte populäre Reihe bietet jeweils dienstags (Beginn 18.00 Uhr im Rathausfestsaal) in insgesamt 11 Veranstaltungen Vorträge ausgewiesener Experten. Den Abschlussvortrag hält der ehemalige Thüringer Ministerpräsident Professor Dr. Bernhard Vogel.

    Nächster Termin der Reihe: 26.06.2007, 18.00 Uhr, Rathausfestsaal, "Grenzgänger", Landolf Scherzer, Schriftsteller und Publizist, Dietzhausen


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-erfurt.de/presse/veranstaltungen/ringvorlesung/


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Recht
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft, Studium und Lehre
    Deutsch


     

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