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31.05.2000 12:14

Molekularbiologie und Gentherapie bei Schilddrüsenerkrankungen

Peter Pietschmann Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Ulm

    Molekularbiologie und Gentherapie bei Schilddrüsenerkrankungen
    6. Internationales Reisensburg-Symposium

    Im sechsten einer Serie von Symposien, die sich mit den therapeutischen Möglichkeiten moderner Methoden der Molekularbiologie und Gentechnologie befassen, werden vom 3. bis 5. Juni 2000 auf Schloß Reisensburg Schilddrüsenerkrankungen diskutiert. »Thyroid 2000: From bench to bedside, from gene to patient - 6th Reisensburg International Symposium« nennt sich die Tagung, deren wissenschaftlicher Leiter Prof. Dr. Ulrich Loos, Oberarzt der Abteilung Innere Medizin I der Universität Ulm, ist. Der Veranstalter erwartet ca. 80 Experten aus Deutschland, weiteren europäischen Ländern, USA und Asien.

    Schilddrüsenhormone binden bei den verschiedenen Zielorganen oder Systemen wie Herz oder Fettstoffwechsel an Rezeptoren und lösen dadurch ihre spezifischen biologischen Wirkungen aus. Auf der Basis einer exakten Charakterisierung dieser Struktur/Funktions-Beziehungen wird nun versucht die Liganden (Hormone) strukturell so abzuwandeln, daß sie ihre Wirkung nur auf bestimmte Organe oder Stoffwechselprozesse ausüben können. In ähnlicher Weise werden bereits die Östrogene in ihrer Struktur derart verändert, daß sie förderlich zum Beispiel auf den Knochenstoffwechsel (Verhinderung der Osteoporose) oder das Gefäßsystem (Verhinderung der koronaren Herzkrankheit) wirken.

    Die Schilddrüse hat in ihren Zellmembranen einen Rezeptor, über den durch das Hirnanhangdrüsenhormon, das Thyreotropin (TSH), ihre Funktion und ihr Wachstum reguliert werden. Dieser TSH-Rezeptor kann im Krankheitsfall (Autoimmunerkrankung) Angriffspunkt für ein fehlgesteuertes Immunsystem werden: von Lymphozyten gegen den Rezeptor gebildete Autoantikörper koppeln am Rezeptor fest an und lösen dadurch eine dauerhafte Stimulierung der Schilddrüse aus. Das führt zu Überfunktion und Kropfbildung. Erstaunlicherweise kann der eigentlich Schilddrüsen-spezifische Rezeptor dann auch im Gewebe hinter dem Auge von seinem Gen exprimiert werden und hier zu einer Gewebswucherung und damit zum Vortreten der Augäpfel, den Basedow-Augen, führen. Es ist durch Vakzination mit dem TSH-Rezeptor gelungen, im Tier die Basedowerkrankung zu induzieren, was die Bedeutung des Rezeptors als Autoantigen für die Krankheitsentstehung belegt. An diesem Modell werden die Interaktionen zwischen Körpergewebe und krankem Abwehrsystem des Organs bei der Entstehung der Autoimmunerkrankungen studiert, um auf dieser Basis nach neuen therapeutischen Möglichkeiten zu suchen.

    Die Autoantikörper gegen den TSH-Rezeptor können aber auch dessen Funktionsübermittlung blockieren, wenn sie an bestimmten Stellen des Rezeptors binden, die sich örtlich von den Bindungsstellen für die stimulierenden Autoantikörper unterscheiden. Gesucht werden neue diagnostische Möglichkeiten für die Unterscheidung zwischen stimulierenden und blockierenden Autoantikörpern durch differentielle Erkennung der Bindungsstellen. Diese Untersuchungen bilden einen Schwerpunkt der Ulmer Gruppe mit Prof. Loos und Mitarbeitern.

    Ein Schilddrüsen-spezifisches Eiweiß ist der sogenannte Jodtransporter. Sein Gen wurde kürzlich kloniert, so daß nun molekularbiologische Untersuchungen zu seinen spezifischen Wirkungen möglich sind. Dieser Jodtransporter ist in der Lage, das funktionell erforderliche Jod in die Schilddrüse zu pumpen und dort eine Konzentration des Spurenelements auf das 40fache gegenüber dem Blut zu erzeugen. Diese Wirkung der Jodpumpe kann zur Behandlung der Schilddrüsenüberfunktion genutzt werden. Durch Applikation von radioaktivem Jod läßt sich die Überfunktion dämpfen. Im Fall des Schilddrüsenkarzinoms ist eine hochdosierte Radiojodtherapie möglich, die auf der strahlungsbewirkten Radiolyse der Zellen beruht. Dies setzt allerdings voraus, daß die Jodpumpe noch funktioniert. Ist das nicht der Fall, wird versucht, die Genexpression der Jodpumpe anzuregen. Hilfreich ist die in Ulm gelungene Klonierung des Genschalters, das heißt derjenigen Eiweiße, mit deren Hilfe die Genexpression in Gang gesetzt werden kann. Unter bestimmten Bedingungen läßt sich das Gen auch in anderen, vor allem drüsigen Geweben bzw. deren Tumoren aktivieren und diese so der genannten Radiojodtherapie unterwerfen. In Zell- und Tierexperimenten werden deratige gentherapeutische Ansätze derzeit erprobt.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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