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03.07.2007 16:09

"Molekulare Spione": Methodenneuentwicklung der Jacobs University zur Bestimmung von Enzymaktivität

Dr. Kristin Beck Corporate Communications & Media Relations
Jacobs University Bremen (vormals International University Bremen)

    Forscher der Jacobs University Bremen entwickelten unter der Leitung von Werner Nau, Professor of Chemistry, eine neue, hocheffiziente, kostengünstige und schnelle Methode zur Erfassung von Enzymaktivität. Die Methode basiert auf der Einlagerung von Fluoreszenzfarbstoffen in große ringförmige Moleküle, sogenannte Makrozyklen oder Nano-Container. Diese "molekularen Spione", die als einfache Zusatzstoffe der Enzymreaktion beigegeben werden, ermöglichen zudem eine Direktbeobachtung des gesamten Reaktionsverlaufes. Darüber hinaus erfordert die Methode, die in der aktuellen Vorab-Online-Ausgabe von Nature Methods (doi:10.1038/nmeth1064) publiziert ist, deutlich weniger Optimierungsaufwand in der Vorbereitung als herkömmliche Assay-Methoden.

    Enzyme und ihre Aktivität sind in der biochemischen Grundlagenforschung sowie auch der angewandten pharmazeutischen Forschung von großer Bedeutung. Als Funktionsproteine führen sie im Körper in der DNA gespeicherte Arbeitsvorschriften aus, indem sie bestimmte Substrate in spezifische Produkte umwandeln. Funktionsstörungen von Enzymaktivität können häufig Ursache von Krankheiten sein, wie etwa Alzheimer, Arteriosklerose, Krebs, Diabetes oder Osteoporose. Ein Therapieansatz besteht darin, durch speziell entwickelte Medikamente die Aktivität des betreffenden Enzyms zu hemmen oder zu beschleunigen.

    Um Stoffe zu identifizieren, die als zukünftige Medikamente optimal als Enzyminhibitoren oder -aktivatoren wirken, müssen in der pharmazeutischen Industrie Millionen unterschiedlicher Chemikalien systematisch getestet werden. Eine wesentliche Herausforderung besteht darin, derartig umfangreiche "Substanzbibliotheken" mit möglichst schnellen, kostengünstigen und höchst zuverlässigen Methoden auf ihre Wirkungen auf die Enzymaktivität zu untersuchen. Derartige "Assays" werden zudem zum Testen von biotechnologisch veränderten Enzymen und Katalysatoren chemischer Reaktionen benötigt.

    Die von Werner Nau und seinen Mitarbeitern neu entwickelte Enzym-Assay-Methode beruht auf dem Einsatz von Makrozyklen, wie Cucurbiturile oder Calixarene, die mit Fluoreszenzfarbstoffen Komplexe bilden. Makrozyklen sind eine Klasse organischer Moleküle, deren aus zyklischen Untereinheiten gebildeter Hohlraum über reversible Bindungen ein "Gastmolekül" aufnehmen kann, und somit als Nano-Container Einsatz finden. Der enzymatischen Reaktion des Assays wird zu Beginn ein Makrozyklus-Fluoreszenzfarbstoff-Komplex zugesetzt, der, je nach Art der verwendeten Substanzen, leuchtend oder nicht leuchtend ist. Der Nano-Container wird dabei so gewählt, dass das Produkt der Enzymreaktion das Farbstoffmolekül aufgrund einer höheren Bindungsaffinität aus dem inneren Hohlraum des Containers verdrängen kann. Durch die Konzentrationszunahme des Endproduktes im Reaktionsverlauf werden somit zunehmend Farbstoffmoleküle freigesetzt, die hierbei ihre Fluoreszenzeigenschaften ändern: Waren diese im Komplex fluoreszierend, nimmt ihre Fluoreszenz ab, und umgekehrt. Diese schon während des Reaktionsverlaufes messbare Veränderung der Fluoreszenzintensität ist somit ein direktes Maß für die Enzymaktivität.

    Bisherige Analysemethoden erforderten den Einsatz von "Markern" - spezifischen Antikörpern, radioaktiven oder fluoreszierenden Markierungen - die z. T. unter hohem Arbeits- und Kostenaufwand hergestellt und an die Testsubstrate gekoppelt werden mussten, um am Endpunkt der Enzymreaktion ein quantifizierbares Signal für die enzymatische Umsetzung des Substrates zu liefern. Darüber hinaus waren diese Analysesysteme oft so spezifisch, dass sie nur auf eine spezielle Enzymreaktion angewandt werden konnten.

    Werner Nau über die Vorteile der neuen Methode: "Unsere 'molekularen Spione', wie wir die Nano-Container-Farbstoffkomplexe nennen, sind kommerziell erhältliche Substanzen, die sich für Analysen ganzer Enzymklassen eignen und nicht für jede Enzymreaktion spezifisch optimiert werden müssen. Zusammen mit der vergleichsweise einfachen Handhabung als reine Additive bedeutet der Einsatz unseres Systems, für das ganze Analyseverfahren betrachtet, eine Kostenersparnis von über 90 %." Darüber hinaus sei das Verfahren durch das Einsparen langwieriger Optimierungsschritte bedeutend schneller, als herkömmliche Methoden, und erlaube erstmals eine direkte Beobachtung der Enzymkinetik und nicht nur die Erfassung des Reaktionsendpunktes, so Nau weiter.

    "Ergebnisse meiner Doktorarbeit gleich auf Anhieb in einer so renommierten Zeitschrift, wie Nature Methods publizieren zu können, ist schon ein toller Einstieg, wenn man weiter in der Forschung arbeiten möchte", kommentierte Andreas Hennig, Erstautor der Nature-Veröffentlichung den Forschungserfolg. "Ohne die interdisziplinäre Ausrichtung der Arbeitsgruppe und die sehr gute Laborausstattung wäre das sicherlich nicht so ohne weiteres möglich gewesen", sagte Hennig weiter. Die Methodenentwicklung des neuartigen Enzym-Assays war ein wesentlicher Bestandteil der Dissertation des 29-jährigen Deutschen, der seit 2004 an der Jacobs University studierte und diesen Sommer seinen PhD-Abschluss erhält. Ab August wird Hennig eine Forscherstelle an der Universität Genf antreten.

    * Fragen beantwortet:
    Werner Nau | Professor of Chemistry
    Tel: 0421- 200 3233 | w.nau@jacobs-university.de


    Weitere Informationen:

    http://www.nature.com/nmeth/journal/vaop/ncurrent/abs/nmeth1064.html;jsessionid=D2BD886AF5CB334CAE4FB6D6CEF72240 Vorab-Online-Publikation von doi:10.1038/nmeth1064 in Nature Methods
    http://www.jacobs-university.de/directory/wnau/index.php Homepage Werner Nau


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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