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16.06.2000 00:00

Den typischen Sexualstraftäter gibt es nicht

Dipl. Biol. Barbara Ritzert Pressearbeit
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften

    (München) Der "typische" Vergewaltiger ist der Mann von nebenan. Gleichwohl lassen sich die Täter bestimmten Typen zuordnen, berichten Experten auf dem 53. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Psychisch und psychosexuell abnorme Täter sind jedoch eine Minderheit.

    "Den typischen Sexualstraftäter gibt es nicht", stellt der Arzt und Jurist, Professor Reinhard Wille, fest. "Die Gruppe der aggressiven Sexualstraftäter ist heterogen und sexualpathologisch recht unspezifisch." Mit den Feministinnen ist sich Wille an einem Punkt einig: "Der typische Vergewaltiger ist der "Mann von nebenan", der "schrecklich normale Mann". Gleichwohl, betont Wille, sei der Umkehrschluss nicht zulässig: "Nicht jeder normale Mann ist auch Vergewaltiger."
    In einer sexualmedizinisch-kriminologischen Feldstudie hat Wille im Jahr 1982 alle angezeigten sexuellen Aggressionsdelikte des Landgerichts Kiel untersucht. Resultat: Die Täter lassen sich in fünf Gruppen einteilen.

    Psychisch und psychosexuell abnorme Gewalttäter, Täter mit sadistischen Neigungen sind selten. Weniger als zehn Prozent der Männer ordnete Wille dieser Kategorie zu.

    Weiter zehn Prozent der Täter konnten sich mit weiblicher Dominanz im Zusammenleben nicht arrangieren. Sie reagierten ihre Frustration durch körperliche und schließlich auch sexuelle Gewalt nicht nur gegen die Partnerin, sondern auch gegen andere Frauen ab.

    Jeder fünfte Täter, 20 Prozent, ordnete Wille in der Gruppe der "spätpuberalen Jungtäter" ein, selbstunsicher, mit geringer sexueller Erfahrung, Frauen fürchtend.

    Rund 30 Prozent der Täter waren öfter einschlägig vorbestraft, obgleich sozial gut etablierte "Macho-Typen". "Sie halten sich in ihrer sexistischen Überheblichkeit für unwiederstehlich", urteilt Wille, "und sind überzeugt, dass jede Frau von so einem omnipotenten Idealmann wie ihnen verführt werden will."

    Bei weiteren 30 Prozent der Täter stellt Wille eine "unkontrollierte Bedürfnisbefriedigung, Rücksichtslosigkeit sowie vergröberte und undifferenzierte Persönlichkeitsstrukturen" fest.

    Wie reagieren die Opfer?

    Doch Wille hat auch die Reaktionen der Opfer bei der Erstattung der Anzeige untersucht: 40 Prozent wirkten äußerlich und innerlich kontrolliert, 30 Prozent waren je-doch völlig aufgelöst, weinten, machten sich Selbstvorwürfe, die restlichen 30 Prozent zeigten "paradoxe Reaktionen", kicherten, waren kaum ansprechbar.

    Und wie reagiert die Umwelt auf die Opfer von Vergewaltigungen? Dies hat Andrea Thom bei 35 Nachuntersuchungen im Rahmen ihrer Doktorarbeit ermittelt: Partner und Familienangehörige reagierten in 75 Prozent der Fälle nach anfänglicher Rat- und Hilflosigkeit rücksichtsvoll und unterstützend. Doch jede zehnte Frau erlebte am Arbeitsplatz Kälte, Abweisung und mangelnde Sensibilität. Ein Arzt verweigerte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung; gegen eine Klinik, die die Untersuchung eines Opfers verweigert hatte, wurde ein Strafverfahren wegen unterlassener Hilfeleistung eingeleitet.

    Bei Rückfragen:
    Prof. Dr. med. Dr. jur. Reinhard Wille
    Krummbogen 115
    24113 Kiel
    Tel.: 0431-682373
    Fax: 0431-641214

    Pressestelle DGGG-Kongress: Barbara Ritzert; ProScientia GmbH,
    Andechser Weg 17, 82343 Pöcking
    Tel.: 08157/93 97-0; Fax: 08157/93 97-97


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Psychologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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