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19.06.2000 14:25

Internationales Symposium "Kränkung und Krankheit"

Ingrid Godenrath Stabsstelle Zentrale Kommunikation
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

    Internationales Symposium zur KiP (Katathym-imaginativen Psychotherapie)
    vom 30. Juni bis 2. Juli 2000 im Melanchthonianum, Universitätsplatz 8/9, Halle/Saale

    Kränkungen und Krankheiten gehören ebenso zum Leben wie Wohlbefinden und Gesundheit. Doch heißt dies nicht, dass man sie widerstandslos hinnehmen muss. Besonders die Psychotherapeuten beschäftigen sich mit Erfassung, Linderung und Heilung nachweisbarer Zusammenhänge zwischen Kränkung und Krankheit, deren Wurzeln oft bis in unbewusste Tiefen frühester Kindheit reichen.
    Der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität kam bereits vor der Wende eine Vorreiterrolle in den Bereichen Psychotherapie, Psychosomatik und Medizinische Psychologie zu. Inzwischen ist Halle das mitteleuropäische Zentrum für die wissenschaftliche Arbeit mit imaginativer Bildtherapie.
    Das spiegelte sich schon im Juli 1990 im wissenschaftshistorisch bedeutsamen Kongress "Psychotherapie mit dem Katathymen Bilderleben" wider und erreicht nunmehr, zehn Jahre nach dem Mauerfall und wiederum in Halle, mit dem internationalen Symposium "Kränkung und Krankheit. Katathym-imaginative Psychotherapie (KiP) bei somatischen Erkrankungen und Missbrauchstraumen", zu dem 300 TeilnehmerInnen (darunter 76 ReferentInnen) aus Deutschland, Israel, Italien, den Niederlanden, Österreich, Russland, der Schweiz, der Slowakei und den USA erwartet werden, für Fachwelt und Öffentlichkeit einen neuen Höhepunkt.

    Was ist KiP?
    Frau Prof. Dr. Erdmuthe Fikentscher, die Direktorin der Universitätsklinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik, fasst den Inhalt dieses Fachterminus kurz und verständlich zusammen: Es handelt sich um ein tiefenpsychologisch fundiertes Psychotherapieverfahren, bei dem bildhafte Vorstellungen (die, meist unbewusst, in jedem Menschen schlummern) angeregt und therapeutisch bearbeitet werden. Mit dieser Tagtraumtechnik kann es gelingen, frühere (unverarbeitete und deshalb oft belastende) Erlebnisse ans Licht zu bringen, ihre Bedeutung gemeinsam mit den PatientInnen zu analysieren und so zu erhöhter Selbstwahrnehmung, vertiefter Selbsterkenntnis und besserer Verarbeitung vorzudringen.

    Was vermag die medizinische Kunst für die Seele zu tun?
    Traumata sind mit körperlichen und/oder seelischen Schmerzen verbunden. Kränkungen können häufig die Folge von beidem sein. Opfer von Gewalt, Lieblosigkeit und sexuellem Missbrauch leiden oft lebenslang unter dieser negativen Erfahrung. Je weiter sie zurückliegt, umso schwieriger ist es, sie mittels KiP zu ermitteln, ihre dauerhafte Bewältigung in Angriff zu nehmen und damit den Weg zu einer neuen, besseren Lebensqualität für die/den Betroffenen zu eröffnen. Damit gehen dann auch die gesteigerte Wahrnehmung und (wiedergewonnene) Akzeptanz des eigenen Körpers einher.
    Der leitende Oberarzt Dr. Tom Alexander Konzag zieht einen treffenden Vergleich zur High-Tech-Welt: Szenische Erinnerungen (beispielsweise traumatische Ereignisse in der Kindheit) und sinnliche Empfindungen (wie etwas riecht, schmeckt, sich anfühlt usw.) sind so im menschlichen Gehirn aufbewahrt wie ein Computer virtuelle Bilder speichert: Werden die richtigen Befehle eingegeben (oder wird das Unterbewusstsein aktiviert), ist alles wieder abrufbar - das eigene Innere wird neu oder gar erstmals erlebt.

    Ostdeutsche Spezifika
    Sigmund Freuds Psychoanalyse wurde in der DDR offiziell als "bürgerlich" abgelehnt - obwohl ärztliche Psychotherapeuten und Psychologen auch damals ohne deren Kenntnis weder klinisch noch wissenschaftlich erfolgreich zu arbeiten vermochten.
    Findige Psychotherapeuten, Ärzte und Psychologen, zuerst die halleschen, nahmen Zuflucht zur KiP, der katathym-imaginativen Psychotherapie. Das klang, verglichen mit der verpönten Psychoanalyse, für fachunkundige Entscheidungsträger harmlos. Doch so gelang es bereits in den 70er und 80er Jahren, die Psychotherapie in der DDR so weit zu entwickeln und anzuwenden, dass die führenden Wissenschaftler - in Halle Prof. Dr. Erdmuthe Fikentscher und Prof. Dr. Heinz Hennig - nach der Wende und Wiedervereinigung nicht nur mühelos Anschluss an die bundesdeutsche Psychotherapieszene fanden, sondern vielfach sogar den Ton angeben konnten.
    Die veränderte Lebenswirklichkeit hat die Menschen der ehemaligen DDR - neben den allgemeinmenschlichen Problemen, die durchaus ähnlich in Ost und West auftraten - mit ganz unerwarteten Konfliktsituationen konfrontiert. Vor allem das Phänomen der Arbeitslosigkeit stellt eine bis dato unbekannte Quelle der Kränkung dar. Hinzu kommt, dass die gesamten individuellen Lebens- und Lerngeschichten plötzlich vollkommen anders interpretiert und weniger angemessen oder überhaupt nicht mehr anerkannt werden.
    All das empfindet aber die überwiegende Mehrheit der Betroffenen in den meisten Fällen als unverschuldet (etwa Arbeitslosigkeit durch Firmenpleite oder die Nichtanerkennung früher erworbener Berufs- und Bildungsabschlüsse) - und so wird die kränkende Lebenserfahrung zum Hindernis für die notwendige Anpassung an neue Gegebenheiten. Vielfach kommen dabei auch die negativen Folgen des ganz normalen DDR-Alltags zum Tragen: vor allem mangelnde Flexibilität infolge jahr(zehnt)elanger Gewöhnung an gleichförmige Lebensabläufe und vermeintliche "soziale Sicherheit".
    Außerdem erweist es sich als sehr langwieriger Prozess, die gesellschaftliche Stigmatisierung derjenigen, die "zur Therapie" gehen müssen, abzubauen.

    Sensibilisierung der Öffentlichkeit
    Einladung zur Pressekonferenz
    Im Rahmen des dreitägigen internationalen Symposiums über "Kränkung und Krankheit. Katathym-imaginative Psychotherapie (KiP) bei somatischen Erkrankungen und Missbrauchstraumen" findet am ersten Tag eine Pressekonferenz statt.
    Interessierte MedienvertreterInnen sind für Freitag, den 30. Juni 2000, um 13.00 Uhr, in das Tagungsbüro (Melanchthonianum, Universitätsplatz 8/9, Erdgeschoss links) eingeladen, wo auch die entsprechenden Tagungsmaterialen für sie bereit liegen werden.

    Ähnliche Problemkomplexe wie das Symposium stellt in allgemeinverständlicher Form eine Artikelserie in der "Mitteldeutschen Zeitung" vor. Der erster Beitrag erschien schon am 8. Juni 2000 (S. 20). Frau Professor Fikentscher stellte darin die psychosomatische Einheit
    des Menschen dar und leitete daraus die Nützlichkeit von "Ordnungstherapien" ab, indem sie die zugrunde liegenden Ideen bis zu den Wurzeln der Ganzheitstherapie bei Sebastian Kneipp zurückverfolgte.
    Vor dem Symposium findet am Mittwoch, 28. Juni 2000, 20.15 Uhr, ein Gesprächsforum zum Thema "Wie Träume der Seele helfen" für die interessierte Öffentlichkeit im halleschen "Haus des Buches" statt. Die Veranstalter (zugleich DozentInnen der Mitteldeutschen Gesellschaft für Katathymes Bilderleben) - Prof. Dr. Erdmuthe Fikentscher, Prof. Dr. Heinz Hennig, Dr. Ulrich Bahrke und Dr. Wolfram Rosendahl - nehmen 100 Jahre nach dem Erscheinen von Sigmund Freuds legendärer "Traumdeutung" den aktuellen Umgang mit Träumen und Imaginationen in der Psychotherapie unter die Lupe und geben Auskunft zu diesbezüglich interessierenden Fragen. Außerdem hält die Buchhandlung ein breites Spektrum einschlägiger Literatur für Fachleute und Laien bereit.
    Die Fachreferate und -diskussionen werden mit zwei öffentlichen Vorträgen komplettiert: Frau Dr. Hanni Salvisberg aus Bern gibt Antwort auf die Frage "Trägt eine Theorie des Geistes zu psychischer Gesundheit bei?"; Prof. Dr. Dipl.-Psych. Rolf Verres von der Universität Heidelberg stellt "Sehnsucht und Erfüllung - eine musikalische Phantasie zur Bedeutung von Kunst und Musik für die Heilkunst" vor. Zu dieser Veranstaltung sind alle Interessenten am Sonntag, dem 2. Juli 2000, 10.00 Uhr in den Freylinghausen-Saal der Franckeschen Stiftungen herzlich eingeladen.

    Die wissenschaftliche Öffentlichkeit wird den geplanten Tagungsband voraussichtlich auf der Leipziger Buchmesse im Frühjahr 2001 zur Kenntnis nehmen können.

    Dr. Margarete Wein

    Nähere Informationen:
    Prof. Dr. Erdmuthe Fikentscher
    Tel.: 0345 / 557 36 23
    Fax: 0345 / 557 36 97
    E-Mail: erdmuthe.fikentscher@medizin.uni-halle.de

    Anfragen zum wissenschaftlichen Programm:
    Dr. Wolfram Rosendahl
    Tel.: 0345 / 557 36 41
    Fax: 0345 / 557 45 70
    E-Mail: wolfram.rosendahl@medizin.uni-halle.de

    Anmeldung und Organisation:
    MEDCO GmbH
    Magdeburger Straße 23, 06112 Halle (Saale)
    Tel.: 0345 / 29 80 10
    Fax: 0345 / 29 08 155


    Weitere Informationen:

    http://www.medizin.uni-halle.de/medizin/aktuell/vpp_.htm


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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