Wissenschaft jenseits politischer Spannungen: VolkswagenStiftung fördert Sommerakademie an der Universität Kiel vom 20. bis 31. August
Vom 20. bis 31. August lernen gut zwei Dutzend Wissenschaftler und Studierende an der Universität Kiel die technischen, praktischen und theoretischen Grundlagen der Sprachdokumentation. Ihr Ziel ist es, künftig selbst Sprachen für die Nachwelt festhalten zu können. Konkret geht es dabei um bedrohte iranische Sprachen. Iranische Sprachen werden in Pakistan, im Iran, in Afghanistan, Tadschikistan, Usbekistan, im Irak und in der Türkei gesprochen - teilweise auch im Kaukasus und im Oman. Die meisten sind in hohem Grade gefährdet oder werden unwiderruflich aussterben. Ihre Vielfalt spiegelt sich wider in der Bandbreite der kulturellen Gegebenheiten, in denen sie gesprochen werden. Nicht zuletzt schließt das einige sehr kleine und bedrohte Religionsgemeinschaften ein - etwa die Zoroastrer, Ahl-i Haqq oder Yezidis.
Das Beispiel dieser Sprachen zeigt: Sprach- und Kulturdokumentation sind eng miteinander verwoben. "Die Arbeit erfordert daher ein hohes Maß an kultureller Sensibilität", betont der Linguist Dr. Geoffrey Haig, Initiator der Sommerschule am Seminar für Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft der Universität Kiel. "Allein der Anblick eines Mikrofons kann die Menschen vollkommen verschließen." Daher lernen die Teilnehmer nicht nur die wissenschaftlichen Methoden der Sprachdokumentation, sondern auch den sensiblen Umgang mit den Menschen bedrohter Sprachgemeinschaften. Das Programm der Sommerschule ist zu finden unter http://www.linguistik.uni-kiel.de/deil/index.htm.
Als Dozenten konnten vor allem Forscherinnen und Forscher gewonnen werden, die im Rahmen der Förderinitiative der VolkswagenStiftung zur "Dokumentation bedrohter Sprachen" seit sieben Jahren weltweit Dokumentationsprojekte vorantreiben. Die Stiftung finanziert nun ebenfalls die Sommerschule: mit rund 38.000 Euro. So wurde es ermöglicht, dass auch Interessenten aus dem Iran und benachbarten Ländern die Veranstaltung besuchen können. "Wir freuen uns besonders, dass der politischen Lage zum Trotz Teilnehmer sowohl aus dem Iran als auch aus England, den USA und Israel kommen", sagt die Mitinitiatorin der Veranstaltung Professorin Dr. Ulrike Mosel von der Universität Kiel. Auch Gäste etwa aus der Türkei und aus Azerbaidschan sind unter den angemeldeten Anthropologen, Sprach- und Musikwissenschaftlern.
Mit Blick auf die gesellschaftliche, wissenschaftliche und auch politische Bedeutung möchten wir interessierte Journalistinnen und Journalisten herzlich auf die Veranstaltung aufmerksam machen. Bei Interesse an weiteren Inhalten oder auch Interviewwünschen kontaktieren Sie bitte Dr. Geoffrey Haig unter Telefon: 0431/880- 3314 oder E-Mail: haig@linguistik.uni-kiel.de.
Etwa zwei Drittel der Sprachen im Mittleren Osten, so schätzen Experten, haben keinen gesicherten Status und könnten in den nächsten Jahrzehnten verschwinden, ohne im kulturellen Gedächtnis der Welt eine Spur zu hinterlassen. Ein wesentlicher Bestandteil des Programms ist nicht zuletzt deshalb die Zusammenarbeit mit Forschern an iranischen Hochschulen. "Um langfristig zu erreichen, dass die Sprachen erhalten bleiben, müssen die Menschen vor Ort die Sprache richtig dokumentieren lernen. Ein Forscher aus dem eigenen Kulturkreis hat es mit dem Informanten natürlich viel leichter", erläutert Haig. Ganzheitliche Aufnahmen, beispielsweise ein Video einer Hochzeit aufzuzeichnen, seien - wenn überhaupt - nur für einen Familienangehörigen möglich. "Im Idealfall gehen unsere Sommerschulteilnehmer zurück in den Iran, und ihnen gelingt auch das. Dann wissen wir: Sie wenden die erlernten Methoden erfolgreich an."
Die Sommerschule ist nur eines von drei aktuellen Projekten der Dokumentation bedrohter iranischer Sprachen, an denen die Universität Kiel beteiligt ist: Im Vorfeld zur Sommerakademie in Kiel findet vom 17. bis zum 19. August an der Universität Hamburg eine internationale Konferenz zur iranischen Linguistik statt, an der die Sommerschüler ebenfalls teilnehmen können. Schließlich sind die Kieler Linguisten daran beteiligt, das Gorani zu dokumentieren - eine bedrohte Sprache der Provinz Kermansah im Westiran. Auch dieses Vorhaben wird von der VolkswagenStiftung gefördert - mit rund 300.000 Euro. Nähere Informationen dazu in unserer Pressemitteilung vom 30. März 2007 unter www.volkswagenstiftung.de/service/presse.html?datum=20070330.
Beteiligt an diesem Projekt sind die Universitäten Hamburg und Göttingen.
Kontakt VolkswagenStiftung:
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Christian Jung
Telefon: 0511 8381 - 380
E-Mail: jung@volkswagenstiftung.de
http://www.linguistik.uni-kiel.de/deil/index.htm Programm der Sommerschule
http://www.volkswagenstiftung.de/service/presse.html?datum=20070807 PM auch als pdf
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Philosophie / Ethik, Politik, Recht, Religion, Sprache / Literatur
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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