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09.07.2000 20:47

Brustkrebs-Expertinnen: Frauen müssen aktiv werden

Dipl. Biol. Barbara Ritzert Pressearbeit
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften

    Selbstbewusste Patientinnen, die Fragen stellen und sich nicht abspeisen lassen, Ärzte und Ärztinnen, die den Frauen zuhören und auf ihre Bedürfnisse eingehen - dies wünschen sich die Präsidentinnen der deutschen, österreichischen und schweizerischen Gesellschaften für Senologie, deren erster gemeinsamer Kongress gestern in Lugano zu Ende ging.

    "Die geschlechtsspezifische Sozialisation prägt Frauen auch in ihrem Verhalten als Patientinnen", stellt Dr. Ingrid Schreer, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Senologie fest. Sie seien zurückhaltend, angepasst und schweigen lieber, statt zu fragen. "Umgekehrt", so die Radiologin an der Kieler Universitäts-Frauenklinik, "gelten in der Ärzteschaft jene Patientinnen, die kritisch nachfragen leider allzu oft als lästige und unbequeme Querulantinnen, die nur Zeit rauben."

    Durch die Arbeit in ihren interdisziplinären Fachgesellschaften hoffen die drei Wissenschaftlerinnen, dass sie auf alle beteiligten Fachrichtungen einwirken können, deren Aufgabe die Behandlung und Betreuung von Frauen mit Brustkrebs ist. "Wir Ärzte", erklärt Schreer, "müssen unsere Verantwortung in dieser Beziehung übernehmen und eine Atmosphäre schaffen, die den Frauen signalisiert, dass ihre Sorgen und Fragen willkommen sind und sie auffordert, sich mitzuteilen."

    Als Radiologin setzt sich Schreer vor allem für eine flächendeckende, qualitätsgesicherte Früherkennung von Brustkrebs ein. "Denn Frauen, deren Tumor früh erkannt wird, haben eine bessere Heilungschance."

    Allen Frauen raten die Senologinnen, sich von ihren Ärzten die Aufmerksamkeit zu holen, die sie benötigen, und ihnen all die Fragen zu stellen, die sie bewegen - angefangen von den Möglichkeiten zur Früherkennung, über die Diagnostik bis hin zur Therapie.

    Frauen sollten sich die Befunde erklären lassen

    "Brustkrebspatientinnen", rät die Wiener Pathologie-Professorin Angelika Reiner, "sollten sich ihre Befunde aushändigen lassen und so lange nach deren Bedeutung fragen, bis sie diese und deren Konsequenz für ihre Erkrankung sowie deren Behandlungsmöglichkeiten verstehen." Dies beträfe, so die Präsidentin der österreichischen Gesellschaft für Senologie weiter, insbesondere die Prognosefaktoren wie Befall der Lymphknoten durch Tumorzellen, Hormonrezeptorenbestimmung und andere Tumormerkmale.

    Bislang gibt es mehr als 90 Faktoren, mit denen Wissenschaftler die biologischen Eigenschaften eines Tumors beschreiben können. "Doch weniger als zehn werden zur Zeit routinemäßig bestimmt und für Therapiekonzepte genutzt", stellt Dr. Monica Castiglione, Präsidentin der Schweizer Gesellschaft für Senologie fest. Daran wird erkennbar, so die Onkologin vom SIAK Koordinationszentrum in Bern weiter, dass hier noch ein großes Potential für die Zukunft liegt. Darum rät sie: "Brustkrebspatientinnen sollten verlangen, dass Tumormaterial, das nicht für die Diagnostik aufgebraucht wird, aufgehoben wird. Denn dann kann darauf gegebenenfalls zur Austestung neuer Therapie-Ansätze zurückgegriffen werden." Ebenso rät die Expertin, dass Frauen, die sich an wissenschaftlichen Studien beteiligen, sich von den Ärzten ihre Studiendaten geben und erklären lassen sollten.

    Solche Studien, etwa mit Krebsmedikamenten aber auch mit immunologischen Strategien, sind unabdingbar, um die Brustkrebsbehandlung weiterzuentwickeln. Ein Beispiel hierfür ist etwa die so genannte neoadjuvante Therapie: Bei dieser Strategie geht eine medikamentöse Behandlung mit Krebsmedikamenten der Operation voraus. "Diese Strategie ermöglicht es, die Zahl der brusterhaltenden Operationen zu erhöhen", so Castiglione. Ebenso liefert diese Therapie den Ärzten Hinweise, ob ein individueller Tumor auf die Medikamente reagiert.

    Allerdings haben die Ärzte beispielsweise noch Schwierigkeiten, objektiv zu prüfen, ob eine solche Therapie im Einzelfall greift. Darüber hinaus überprüfen die Ärzte, ob auch Anti-Hormone zur neoadjuvanten Therapie eingesetzt werden können. Doch diese Strategie steckt noch in den Kinderschuhen klinischer Studien.

    Frauen sollten interdisziplinäre Fachkompetenz einfordern

    Und eine Botschaft liegt allen drei Senologie-Präsidentinnen besonders am Herzen: "Frauen sollten interdisziplinäre Fachkompetenz fordern und sich in solchen Zentren behandeln lassen, die bereits eine interdisziplinäre Sprechstunde anbieten." Gleichgültig ob in einer Klinik oder in einer Facharzt-Praxis helfen dabei drei Fragen an die Ärzte: 1. Wofür sind Sie zuständig? 2. Wofür sind Sie verantwortlich? 3. Was tun Sie für mich?


    Weitere Informationen:

    http://www.senologie2000.org


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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