idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
08.10.1997 00:00

Ursachen langer Studienzeiten

Bernd Hegen Referat Kommunikation
Universität Koblenz-Landau

    Studium plus Job ist nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel

    Diplomanden der Universitaet Koblenz-Landau forschten nach den Ursachen der langen Studienzeiten an deutschen Universitaeten

    Im internationalen Vergleich sind die Studienzeiten an deutschen Universitaeten lang. Die vorgegebenen Regelstudienzeiten werden kaum noch eingehalten. Seit Jahren wird über Ursachen und Loesungsansaetze kontrovers diskutiert. Christian Falkenstein und Antje Vetterlein-Seraphin von der Universitaet Koblenz-Landau haben in ihrer Diplomarbeit dieses Thema aufgegriffen. Sie befragten Studierende des Fachs Psychologie in Landau nach den universitaeren und den privaten Rahmenbedingungen des Studiums. Dabei wurden auch persoenliche Faktoren miteinbezogen.

    Ein Ergebnis lautet: Die angehenden Psychologen in Landau sind mit ihrer Universitaet zufrieden. Zwar bemängeln sie die teilweise unzureichende Ausstattung der Universitaet, sehen darin aber keine Ursache für eine verlaengerte Studienzeit. Zudem betonen die Befragten die sehr gute individuelle Betreuung durch ihre Dozentinnen und Dozenten.

    Die Finanzierung des Studiums ist dagegen ein wesentlicher Faktor fuer die langen Studienzeiten. Nur knapp 16 Prozent der Studierenden erhalten BAfoeG, nahezu 60 Prozent werden durch die Eltern unterstuetzt und 84 Prozent gehen einer Arbeit neben ihrem Studium nach. "Es gibt dabei keinen Trend zum Teilzeitstudium, er ist bereits vollzogen", betont Falkenstein. 60 Prozent der Studierenden arbeiten mehr als 15 Stunden pro Woche, sowohl in der Vorlesungszeit als auch in den Semesterferien. Das entspricht einer Halbtagsbeschaeftigung. Dabei sind es nicht Luxusgueter oder Urlaubsreisen, für die gejobbt wird. Die Studierenden muessen vielmehr ihren Lebensunterhalt und die eigene Unabhaengigkeit finanzieren. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis: "Je mehr Arbeitszeit pro Woche, desto laenger dauert das Studium".

    Auch persoenliche Faktoren spielen eine Rolle. Angehende Akademikerinnen und Akademiker, für die das "Studentenleben" eine wichtige Rolle spielt, verbringen laengere Zeit mit ihrem Studium als solche, denen der schnelle Abschluß auch einige Entbehrungen wert ist. Die Landauer Diplomanden konnten haeufig vorkommende Merkmale von Langzeitstudierenden und Kurzzeitstudierenden ermitteln. Langzeitstudierende neigen eher dazu, sich durch Misserfolge aus der Bahn werfen zu lassen und brauchen dann neue Anlaufzeit. Es faellt ihnen schwer, eigene Ziele zu formulieren, diese zu verfolgen und sich entsprechender Mittel zu deren Erreichung zu bedienen. Im Extremfall erscheinen ihnen sowohl der Studienabschluss als auch das angestrebte Berufsziel nur schwer erreichbar oder wenig wichtig. Ihr Studium laeuft eher unstrukturiert ab. Dies kann zu einer geringen Zufriedenheit mit dem Studium fuehren und beguenstigt die Tendenz zum Orts- oder Fachwechsel.

    Kurzzeitstudierende verlieren auch nach Misserfolgen ihre Ziele nicht aus den Augen und suchen konstruktiv nach Loesungsmöglichkeiten. Sie haben meist klar formulierte Ziele, die sie konsequent verfolgen. Ihrem Studienabschluss wie auch ihrem Berufsziel messen sie neben einer hohen Wahrscheinlichkeit auch eine große Bedeutung bei. Ihr Studium verlaeuft eher strukturiert. Insgesamt sind sie meist mit ihrem Studium zufrieden und neigen dementsprechend kaum zum Orts- oder Fachwechsel.

    Studierende sind nach den Erkenntnissen der Autoren nicht von vornherein und unveraenderbar als Kurz- oder Langzeitstudierende festgelegt. Falkenstein und Vettelerlein-Seraphin schlagen daher vor, zu Beginn des ersten Semesters eine Einführungsveranstaltung anzubieten, die über Inhalte, Organisation und Chancen des Studiengangs informiert. Anschliessend sollte mit einem Fragebogen Aufschluß über moegliche Problembereiche des einzelnen gewonnen werden. In einem kurzen Beratungsgespraech erhielte jeder Studienanfaenger einen Vorschlag, welche "Basisveranstaltungen" er belegen sollte. Diese sollten Schluesselqualifikationen, wie z.B. Stressmanagement, Lerntechniken, Zeit- und Arbeitsmanagement sowie Persoenlichkeitsentwicklung, vermitteln. Der Aufwand für solche "fachfremden" Veranstaltungen duerfte sich nach Meinung der Autoren durchaus lohnen, da ein kuerzerer und erfolgreicherer Studienverlauf zu erwarten sei. Eine weitere Studie zur Umsetzung dieses Konzepts ist geplant.

    Kontaktadresse: Christian Falkenstein Institut für Kommunikationspsychologie/Medienpädagogik Tel.: 0 63 41 / 92 17-16


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Psychologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).