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26.07.2000 10:41

Dem Heilwissen der Nonnen und Mönche auf der Spur

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Jahrhundertelang war die Klostermedizin der Mönche und Nonnen in Europa die einzige Heilkunde, mit der kranken Menschen zu helfen war. Während das hohe ärztliche Wissen der Antike, etwa auf dem Gebiet der Chirurgie, mit dem Untergang des Römischen Reiches fast ganz verloren gegangen war, konnte das antike Wissen über Arznei- und Heilpflanzen in den mittelalterlichen Klöstern weitgehend bewahrt werden. Mit Heilkundebüchern aus dieser Zeit setzen sich Würzburger Forscher auseinander.

    Die bundesweit bislang einzigartige "Forschergruppe Klostermedizin" wurde von der Universität Würzburg und der Pharmafirma Abtei, einer Tochter des britisch-amerikanischen Pharmakonzerns SmithKline Beecham GmbH, ins Leben gerufen. In ihr arbeiten unter der Leitung des Medizinhistorikers Prof. Dr. Dr. Gundolf Keil Mediziner, Botaniker, Chemiker, Pharmazeuten und Historiker zusammen.
    Die Forschergruppe erschließt alte Text- und Bildüberlieferungen mit dem Ziel, sie der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Zweck der Kooperation ist vor allem aber auch, das historische Heilwissen der Klöster aufzuarbeiten und gegebenenfalls für moderne Therapien nutzbar zu machen.

    "Selbst als eingeweihter Forscher ist man immer wieder erstaunt, wie wenig von den alten Erkenntnissen bisher wissenschaftlich aufgearbeitet worden ist", sagt der Koordinator der Arbeitsgruppe, Johannes G. Mayer. Der promovierte Philologe und Wissenschaftshistoriker mit der Zusatzausbildung Medizingeschichte ist vor allem für das Entziffern der lateinischen und griechischen Handschriften zuständig. "Einen Katalog, in dem alle alten Texte zur Pflanzenheilkunde systematisch gesammelt sind, gibt es noch nicht."

    Am Würzburger Institut für Geschichte der Medizin begannen die Wissenschaftler bereits vor fünf Jahren damit, sämtliche in alten Schriften beschriebenen Heilpflanzen zu erfassen. "Mittlerweile sind wir bei 450 angelangt", sagt Mayer. Aber helfen die gegen allerlei Wehwehchen empfohlenen Pflanzenextrakte auch wirklich? Darüber gebe es nur wenig gesicherte Erkenntnisse: "Bisher ist eine Wirksamkeit nur bei etwa 120 Pflanzen wissenschaftlich nachgewiesen worden."

    Hierzu nennt Prof. Keil ein Beispiel: "Im Umfeld Karls des Großen hat unser Institut ein Rezept gegen ein 'fressendes Geschwür' untersucht, das immer wieder in neuen Varianten auftaucht. Dabei streute man das Pulver der Herbstzeitlose in die Geschwüre. Seitens der modernen Medizin zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat man sich lange darüber lustig gemacht, was denn dieses Pulver bewirken solle - bis man herausfand, dass es Colchicin und damit ein Zellgift enthält. Dieses hindert schnell wachsendes Gewebe daran, sich weiter auszubreiten. Das Mittel kann äußerlich durchaus gut als Therapeutikum bei Hautkrebs eingesetzt werden."

    Die Forschungsaktivitäten der Würzburger Gruppe sollen sich nicht nur auf die europäischen Klöster, sondern auch auf die Kulturkreise im arabischen und chinesischen Raum erstrecken. Dort harren Hunderte weiterer Heilpflanzen auf ihre Neuentdeckung. Mayer ist sich sicher: "Es wird noch viele Überraschungen geben."

    Weitere Informationen: Johannes G. Mayer. T (0931) 79 678-16, Fax (0931) 79 678-78, E-Mail:
    johannes.mayer@mail.uni-wuerzburg.de


    Bilder

    Historische Abbildung des Johanniskrauts. Mit der Geschichte dieser und anderer Arzneipflanzen befasst sich die "Forschergruppe Klostermedizin". Das Bild stammt aus dem "Kodex Guarini Brixiensis 1522-1534".
    Historische Abbildung des Johanniskrauts. Mit der Geschichte dieser und anderer Arzneipflanzen befas ...

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Geschichte / Archäologie, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Historische Abbildung des Johanniskrauts. Mit der Geschichte dieser und anderer Arzneipflanzen befasst sich die "Forschergruppe Klostermedizin". Das Bild stammt aus dem "Kodex Guarini Brixiensis 1522-1534".


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