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25.02.1998 00:00

Anpassung von Candida-Pilzen

Adolf Kaeser Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    "Ich habe Pilze im Darm" - diese Klage erregt zur Zeit die Gemueter, weil besagte Besiedlung des Darms als eine Art Modekrankheit gilt. Tatsache ist: Pilzinfektionen, verursacht durch Candida albicans und Candida glabrata, haben waehrend der vergangenen acht Jahre deutlich an Haeufigkeit und Bedeutung zugenommen.

    So spricht eine niederlaendische Studie allein bei Candida-Infektionen des Blutes von einer Verdoppelung der Faelle. Weiterhin wird geschaetzt, dass jede fuenfte Frau an einer chronisch wiederkehrenden vaginalen Candidose leidet.

    Candida-Arten gehoeren zu den Hefepilzen und kommen regelmaessig bei gesunden Menschen vor. Sie halten sich auf der Haut, in der Mundhoehle, im Magen, im Darm oder in der Vagina auf. Erst wenn das Gleichgewicht zwischen den Abwehrkraeften des Menschen und diesem Pilz aus der Balance geraet, kann Candida zu einem aggressiven, ja sogar potentiell lebensbedrohlichen Krankheitserreger werden, wie Dr. Fritz Muehlschlegel vom Institut fuer Hygiene und Mikrobiologie der Universitaet Wuerzburg sagt.

    Wann aber kommt es zu solchen "Gleichgewichtsstoerungen"? Das ist der Fall bei Menschen, die eine Organtransplantation hinter sich haben, bei Menschen mit Blutkrebs oder bei Patienten, die lange mit Antibiotika behandelt wurden. Auch Aids-Kranke sind anfaellig fuer Candida-Pilze. Schliesslich koennen bei Frauen auch Stoerungen des Hormonhaushaltes Wegbereiter fuer eine Candida-Infektion der Scheide sein.

    Doch nicht alle Hefepilze koennen den Menschen krank machen - dafuer ist die Baeckerhefe das beste Beispiel. Wie also unterscheiden sich Baeckerhefe und Candida? "Vielleicht hat sich Candida ueber einen langen Entwicklungszeitraum besser als andere Hefen an die unterschiedlichen Lebensraeume im Menschen angepasst", mutmasst Dr. Muehlschlegel. Vielleicht koenne Candida ihr Waffenarsenal aber auch anders oder effektiver einsetzen. Im Fall einer Stoerung des Gleichgewichts zwischen der Abwehr des Menschen und dem Pilz waere Candida dann sozusagen topfit und bereit, die Abwehr zu ueberrennen.

    Fuer derartige Anpassungsphaenomene interessieren sich die Wuerzburger Wissenschaftler. So muss sich Candida albicans waehrend der Besiedlung und Infektion des Menschen mit verschiedenen pH-Werten auseinandersetzen: Im Magen und der Vagina herrschen saure, in inneren Organen eher neutrale pH-Werte. An der Universitaet Wuerzburg werden in diesem Zusammenhang zwei Gene von Candida albicans analysiert: Eines wird hauptsaechlich bei neutralen pH-Werten angeschaltet und ist im sauren Bereich ausgeschaltet. Das andere verhaelt sich umgekehrt.

    Die Candida-Forscher haben jeweils eines dieser Gene inaktiviert, so dass dem Pilz auch das dazugehoerige Eiweissmolekuel fehlt. Die Folge: Es treten schwere Wachstumsdefekte bei denjenigen pH-Werten auf, bei denen das Gen angeschaltet sein muesste. Wird das Gen lahmgelegt, das normalerweise im sauren Milieu aktiv ist, hoert Candida bei sauren Werten sogar ganz auf zu wachsen. Dr. Muehlschlegel und seine Mitarbeiter haben herausgefunden, dass dieser Effekt nicht nur unter kontrollierten Bedingungen im Reagenzglas zu beobachten ist, sondern auch in einem Tiermodell fuer die vaginale Candidose, also bei sauren pH-Werten.

    Interessanterweise gibt es diese beiden Gene auch bei der Baeckerhefe - allerdings werden sie dort nicht vom pH-Wert reguliert. Somit koennte das beschriebene Modell ein Beispiel dafuer sein, wie sich der Pilz Candida albicans an die verschiedenen Nischen angepasst hat, denen er im Menschen ausgesetzt ist. Falls sich die Funktion der beiden pH-regulierten Gene klaeren laesst, so der Ausblick der Wuerzburger Forscher, koennte dies ein Ansatzpunkt sein, um medikamentoes gegen Candida albicans vorzugehen.

    Kontakt: Dr. Fritz Muehlschlegel, Telefon (0931) 201-3901, Fax (0931) 201-3445


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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