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29.11.2007 10:14

Entweder oder - Wenn die Wahl zu Qual wird

Dr. Ute Schönfelder Referat Öffentlichkeitsarbeit
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Interdisziplinäre Forschergruppe der Universität Jena untersucht Hirnstrukturen bei der Konfliktverarbeitung / Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert Projekt mit einer Million Euro

    Jena (29.11.07) Jeder tut es Dutzende Male täglich: Tee oder Kaffee, Bahn oder Auto, linke oder rechte Maustaste - Im Alltag müssen wir uns ständig zwischen Alternativen entscheiden. Oftmals geschieht das ganz spontan, ohne genau zu wissen, warum wir uns für eine Alternative entschieden haben. Das macht in der Regel nichts, denn sollte sich die getroffene Wahl einmal als falsch herausstellen, haben die meisten von uns kein Problem, daraus zu lernen und sich beim nächsten Versuch für das Richtige zu entscheiden.

    "Für Patienten mit bestimmten psychischen Störungen ist das ganz anders", weiß Prof. Dr. Wolfgang Miltner von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. "Für Schizophrenie-Patienten z. B. ist es oftmals sehr schwierig, sich selbst bei eindeutigen Alternativen für eine der beiden Möglichkeiten zu entscheiden", so der Inhaber des Lehrstuhls für Biologische und Klinische Psychologie weiter. Diese schwere psychische Erkrankung verändere maßgeblich das Denken, Handeln und Fühlen der Betroffenen. Typisch sei es, dass die Patienten bei der Entscheidungsfindung stark behindert sind.

    Als Ursache wird bei Schizophrenie-Patienten eine Störung in frontalen Hirnabschnitten vermutet, die für die Verarbeitung von Fehlern und die Lösung von Entscheidungskonflikten zuständig sind. "Doch wie genau diese Störung aussieht, wie sich die Hirnstrukturen dieser Patienten von Gesunden unterscheiden und wie die Kommunikation zwischen den beteiligten Hirnregionen funktioniert, darüber wissen wir bisher nur wenig", so Miltner.

    Dieser Fragestellung wird in den kommenden drei Jahren eine Forschergruppe der Friedrich-Schiller-Universität Jena intensiv nachgehen. Die Gruppe, an der Wissenschaftler aus vier universitären Einrichtungen beteiligt sind, wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) nach einem sehr kompetitiven Wettbewerb um Fördermittel mit rund einer Million Euro gefördert. In fünf Teilprojekten wollen die Forscher das Thema aus neurowissenschaftlicher, psychiatrischer, neurologischer und psychologischer Perspektive beleuchten. Neben dem Team aus dem Institut für Psychologie um Prof. Miltner, der gleichzeitig Sprecher der Forschergruppe ist, beteiligen sich Wissenschaftler der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und der Klinik für Neurologie an dem renommierten Vorhaben.

    So werden in zwei experimentellen Teilprojekten Schizophrenie-Patienten und Patienten mit Zwangsstörungen im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen untersucht. "In Computertests geht es darum, in Risikosituationen sich sehr schnell zwischen verschiedenen Verhaltensalternativen für eine angemessene bzw. richtige Lösungsstrategie zu unterscheiden", erläutert Prof. Miltner. Dabei schauen die Forscher den Versuchspersonen mittels EEG-Messungen und der funktionalen Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) direkt ins Gehirn. Auf diese Weise gewinnen sie Aufschlüsse darüber, wie sich die Hirnaktivität in Konfliktsituationen bei der Entscheidung für verschiedene Verhaltensalternativen bei den Patientengruppen und gesunden Personen unterscheidet. In den drei übrigen Teilprojekten wird es vor allem um die Aufklärung morphologischer Unterschiede in der frontalen Hirnregion zwischen Schizophrenie-Kranken, Patienten mit Zwangsstörungen und Gesunden gehen. So wollen die Wissenschaftler der Jenaer Universität etwa Abweichungen in der Faltung der Hirnstrukturen und ihrer Verbindungsstränge untersuchen.

    "Alle Projektpartner werden eng miteinander kooperieren und ihre Untersuchungen aufeinander aufbauen", so Miltner. Eine tragende Rolle dabei wird der leistungsstarke 3 Tesla Magnet-Resonanz-Tomograph spielen, der in diesem Jahr allein für Forschungszwecke an der Jenaer Universität in Betrieb ging. Aus den Erkenntnissen erwarten die Forscher nicht nur ein besseres Verständnis von Schizophrenie und Zwangsstörungen. Das Wissen wird ebenfalls zu einem besseren generellen Verständnis der Hirnprozesse bei der Lösung von Konflikten und dem Treffen von Entscheidungen beitragen.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Wolfgang Miltner
    Institut für Psychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Am Steiger 3, Haus 1, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 945140
    E-Mail: miltner[at]biopsy.uni-jena.de

    PD Dr. Ralf Schlösser
    Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Jena
    Philosophenweg 3, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 935284, 936696
    E-Mail: ralf.schloesser[at]med.uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-jena.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Psychologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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