Dr. Michael Beißwenger vom Dortmunder Institut für deutsche Sprache und Literatur hat eine grundlegende Studie zu den kommunikativen Besonderheiten des Chattens im Internet vorgelegt. Das Buch mit dem Titel "Sprachhandlungskoordination in der Chat-Kommunikation" ist soeben beim Berliner Wissenschaftsverlag de Gruyter erschienen. Beißwenger untersucht in seiner Studie, mit der er im März 2007 von der Fakultät Kulturwissenschaften mit Auszeichnung promoviert wurde, die Unterschiede zwischen Chats und mündlichen Gesprächen und deren Auswirkungen auf die Art und Weise, wie Chatter ihren sprachlichen Austausch organisieren.
Für seine Untersuchung hat Beißwenger in einem Multimedia-Labor eine Nutzerstudie durchgeführt, bei der er per Videoaufzeichnung und mit Screen Capturing-Verfahren Probanden beim Chatten beobachtete. Aufgezeichnet wurden dabei sämtliche Tastatureingaben sowie das Blickrichtungsverhalten und weitere nichtsprachliche Verhaltensweisen der Nutzer vor ihren Bildschirmen. Dieses in der Forschung zur internetbasierten Kommunikation bislang einzigartige Material erlaubt detaillierte Einblicke in die Strategien, die Chatter wählen, um sich möglichst effizient in Echtzeit per Tastatur auszutauschen. So konnte Beißwenger feststellen, dass rund 20 Prozent aller Texteingaben, die während der Chat-Teilnahme getätigt werden, nie abgeschickt werden, da sich ihre Relevanz zwischen Beginn und Ende der Textbearbeitung geändert oder erledigt hat. Da Chat ein schriftliches Medium ist und man nicht über einen längeren Zeitraum gleichzeitig neue Beiträge der Partner lesen und eigene neue Beiträge verfassen kann, kommt es zwangsläufig dazu, dass das, was man als Chatter zu einem bestimmten Zeitpunkt beitragen wollte, schon nicht mehr richtig "passt", wenn man den zugehörigen Beitrag fertig getippt hat. Um jeweils sinnvoll an den aktuellen Stand des Kommunikationsverlaufs anzuschließen, entscheiden sich Chatter daher häufig dafür, bereits getätigte Eingaben wieder zu löschen und statt dessen etwas Neues zu produzieren, was dem, was von den Partnern auf dem Bildschirm zu lesen ist, besser entspricht. Was auf den ersten Blick unökonomisch anmutet, erweist sich somit letztlich als eine Strategie, mit den besonderen Anforderungen schriftlicher Echtzeit-Kommunikation per Internet umzugehen und sich dabei jeweils angemessen zu dem zu verhalten, was man als letzten Beitrag der Chat-Partner am Bildschirm gelesen hat.
Am Lehrstuhl für Linguistik der deutschen Sprache und Sprachdidaktik (Prof. Dr. Angelika Storrer), an dem Beißwenger als Mitarbeiter tätig ist, bilden die internetbasierte Kommunikation (E-Mail, Chat, Foren, Wikis & Co.) und ihre Nutzung in Beruf, Bildung und Medien bereits seit mehreren Jahren einen Schwerpunkt in Forschung und Lehre. Ein Überblick über Projekte und Aktivitäten in diesem Bereich findet sich im WWW unter http://www.storrer.fb15.uni-dortmund.de/20_forschung/10_Projekte , eine umfangreiche und für Analysezwecke aufbereitete Sammlung von Chats wird von Prof. Dr. Storrer und Dr. Beißwenger unter http://www.chatkorpus.uni-dortmund.de bereitgestellt.
Ansprechpartner:
Dr. Michael Beißwenger
Institut für deutsche Sprache und Literatur
Tel.: 0231/755-2902
Mail.: michael.beisswenger@uni-dortmund.de
Literaturangabe:
M. Beißwenger (2007): Sprachhandlungskoordination in der Chat-Kommunikation. Berlin/New York: de Gryuter (Reihe Linguistik - Impulse & Tendenzen 26).
Nähere Infos zum Buch auf der Verlagshomepage unter http://www.degruyter.de/cont/fb/sp/detail.cfm?id=IS-9783110200508-1
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Sprache / Literatur
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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