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07.09.2000 11:03

Leibfried-Preise 2000 vergeben

Peter Schäfer Unternehmenskommunikation
Forschungszentrum Jülich

    Optische Sensoren, Turbulenzen in Feuerwehrschläuchen und Technologietransfer in der Kraftwerksindustrie haben auf den ersten Blick nichts gemeinsam. Und trotzdem lockten diese Themen am 1. September zahlreiche Interessenten in den Großen Hörsaal des Forschungszentrums Jülich. Dort berichteten drei ehemalige Doktoranden über die Ergebnisse ihrer Doktorarbeit. Eine Jury aus Wissenschaftlern und Journalisten stand dann vor der Frage, wer von ihnen die Aufgabe, für ein breites Publikum allgemein verständlich vorzutragen, am besten gelöst hatte. Die Wahl fiel auf Dr. Roland Rzehak vom Institut für Festkörperforschung für seinen Vortrag über Polymere als Schmiermittel, die auch beim Wassertransport eine Rolle spielen. Er erhält dafür bei der Jahrestagung des Forschungszentrums ein Preisgeld in Höhe von 6000 DM. Über je 2000 DM freuen sich Dr. Dietmar Knipp und Dr.-Ing. Joachim Müller-Kirchenbauer.

    Der seit 1990 verliehene Preis erinnert an Professor Dr. Günther Leibfried, einen langjährigen Direktor des Jülicher Instituts für Festkörperforschung. Der engagierte Professor, der 1977 verstarb, war maßgeblich am Aufbau des Forschungszentrums beteiligt. Noch heute denken viele an seine lebendige Art zurück, mit der er Forschungsthemen zu vermitteln verstand. Entsprechend werden mit dem Günther- Leibfried-Preis jene Doktoranden ausgezeichnet, die ihre Forschungsergebnisse für ein breites Publikum verständlich erläutern. Von den diesjährigen schriftlichen Bewerbungen um den Preis hatte die Jury im Vorfeld drei Nachwuchswissenschaftler für das mündliche "Finale" ausgewählt.

    Wer gut schmiert ...
    "Wer gut schmiert, der gut fährt". Dieser im allgemeinen Sprachgebrauch anders gemeinte Spruch hat einen ernst zu nehmenden Hintergrund: Innere Widerstände führen auch in Flüssigkeiten zu Reibungsverlusten. Deshalb müssen wir erhebliche Pumpleistungen aufbringen, um unser tägliches Wasser zum Hahn oder Öl durch lange Pipelines zu den Raffinerien zu befördern. Auch die Feuerwehrleute wissen davon ein Lied zu singen: Wird Wasser nämlich durch einen Schlauch gepumpt, so hängt die Reichweite des Strahls von den Reibungsverlusten im Schlauch ab. Verdopplung der Pumpleistung führt dabei nicht immer zur Verdopplung der Reichweite, weil das Wasser durch einen Schlauch gewöhnlich nicht glatt, sondern verwirbelt, also "turbulent" fließt. Dadurch steigen die Reibungsverluste mit zunehmender Pumpleistung steil an. Wunder wirkt aber schon ein Zusatz von nur 0,003 % Polyethylenoxid: Solche Polymere sind langkettige, fadenförmige und in sich verschlungene Gebilde aus überwiegend Kohlenstoff-Atomen und haben z.B. auf fließendes Wasser den Effekt eines Schmiermittels.

    So erfreulich es auch ist, derartige Tricks und Kniffe zu kennen: Die Fließeigenschaften von Polymeren sind außerordentlich komplex und noch längst nicht verstanden. Beispielsweise werden in den genannten turbulenten Zonen der Strömung die verschlungenen Polymerketten gestreckt. Wie genau aber sieht diese Streckung aus? Und wie verändert ein deformiertes Polymer die Strömung selbst? Dies sind zwei zentrale Fragen, die nur beantwortet werden können, indem einzelne Polymerketten in der Strömung untersucht werden.

    Technische Polymere sind für derartige Experimente meist viel zu klein. Daher wird als Modellpolymer die sehr viel längere DNS (Desoxyribonukleinsäure), die Trägerin der Erbsubstanz, benutzt. Jüngste Fortschritte in der Experimentierkunst ermöglichen es, ein DNS-Molekül an einem Ende in der Strömung fest zu halten und seine Deformation zu analysieren. Dr. Rzehak konnte diesen Vorgang mit Computersimulationen nachvollziehen und damit einige existierende abstrakte Modelle prüfen. Darüber hinaus ist ihm aber auch der zweite wichtige Schritt gelungen: den Einfluss des deformierten Polymers auf die Strömung selbst zu berechnen. Letzteres konnte in bisherigen Experimenten nicht gemessen werden, stellt aber einen weiteren wichtigen Schritt zum Verständnis fließender Polymerlösungen dar - einem Problem mit grundsätzlicher und auch ganz offensichtlicher praktischer Bedeutung.

    Vier gewinnt!
    "Gesiebtes Licht oder: Wie lernt ein optischer Sensor Farbensehen?" So war der Vortrag von Dr. Dietmar Knipp vom Institut für Schicht- und Ionentechnik überschrieben. Er hatte sich in seiner Doktorarbeit mit der Entwicklung eines neuartigen Farbsensors beschäftigt. Um dem Fernsehzuschauer den Eindruck hunderter Farbtöne zu vermitteln, wird bei konventionellen Kameras das Bild in grüne, blaue und rote Punkte zerlegt. Weil drei Punkte aber dreimal so viel Platz benötigen wie ein einziger, ist das Bild zum einen relativ grob und zum anderen treten Farbfehler auf, die man als Farb-Aliasing-Fehler bezeichnet. Beobachten kann man diesen Fehler zum Beispiel, wenn ein Fernsehsprecher ein karierte Krawatte trägt, die auf dem Bildschirm flimmert.

    Abhilfe schaffen hier Sensoren, die die Farbinformation in der Tiefe detektieren - Bauelemente also, bei denen die Sensorkanäle zur Farbaufnahme übereinander und nicht nebeneinander angeordnet sind. Deren Neuerung besteht darin, dass nicht nur die vollständige Farbinformation an einem Ort, sondern auch sämtliche Sensorkanäle zur gleichen Zeit ausgelesen werden können. Diese beiden Bedingungen konnten bisher nicht gleichzeitig erfüllt werden. Entsprechend arbeiten die neuen Sensoren nach dem FZ-Jot-Prinzip: "Farbe zur selben Zeit an jedem Ort". Sie beruhen auf drei übereinander angeordneten Dioden. Einfallende Photonen kleiner Wellenlänge werden in der ersten Diode absorbiert, Photonen mittlerer und großer Wellenlänge in der zweiten bzw. dritten Diode. Hergestellt werden die Bauelemente aus amorphem Silizium. So lassen sich die optischen Eigenschaften von amorphem Silizium durch die Zugabe von Fremdatomen wie Kohlenstoff oder Germanium gezielt einstellen.

    Ein weiterer Fortschritt in der Farbaufnahme ist möglich, wenn die Anzahl der Sensorkanäle erhöht wird. Hersteller von Farbfilmen für die klassische Fotografie haben es vorgemacht, indem sie die Zahl der Emulsionsschichten von drei auf vier erhöht haben. Vier gewinnt!

    Kraftwerksbau in China nutzt heimischer Wirtschaft
    Den Technologietransfer in der Kraftwerksindustrie untersuchte im Rahmen seiner Dissertation Dr. Joachim Müller-Kirchenbauer in der Programmgruppe Systemforschung und Technologische Entwicklung.

    Deutschland, die USA und Japan haben die weltweit modernste und effizienteste Kraftwerkstechnik, bauen in ihren eigenen Ländern aber nur noch wenige Kraftwerke. Genau anders dagegen China und Indien: Dort werden in großem Umfang Kraftwerke - vor allem Kohlekraftwerke - gebaut, allerdings mit weit niedrigeren Standards. Aus diesem Gegensatz ergibt sich für die Übertragung der Techniken, also den Transfer von Technologie und Know-how, ein hohes Potential. Die Schwellen- und Entwicklungsländer würden davon profitieren, weil sie fortschrittlichste Technologien erhielten; in den Industrieländern könnten die Kraftwerkshersteller ihre Produktionskapazitäten besser auslasten sowie Wertschöpfung und Beschäftigung sichern.

    Wer von diesen Beteiligten in welchem Maße davon profitiert, hängt aber stark von der "Spielart", Geschwindigkeit und Tiefe des Technologietransfers ab. China und Indien könnten konventionelle Kohlekraftwerke heute fast vollständig selbst bauen; Zulieferungen würden heute nur etwa 20 Prozent der gesamten Investition ausmachen. Einen höheren Importanteil, nämlich ein Drittel, hätten moderne Gas- und Dampfturbinenkraftwerke, deren Turbinenschaufeln zum Beispiel höchste Werkstoffgüten und Gussverfahren erfordern, die in China und Indien noch nicht beherrscht werden. Den höchsten Importanteil hätten Kohlevergasungskraftwerke mit über 40 Prozent des Investitionsvolumens. Immer sind es jedoch nur ausgewählte Komponenten, die - aus Sicht der Industrieländer - exportiert werden könnten. Bei einfacheren Komponenten genügt oft der Transfer von Wissen und Plänen. Mit zunehmender Zeit sinkt für die Schwellen- und Entwicklungsländer der Importbedarf.

    Dr. Müller-Kirchenbauer ging auch der Frage nach, welche heimischen Produktionssektoren von dem Transfer profitieren würden. Die beschäftigungsintensiven Produktionssektoren Metall- und Maschinenbau sind in den Zielländern bis auf wenige Ausnahmen selbst verfügbar. Transferiert werden müssten hingegen kapitalintensvie Verfahren, zum Beispiel die Erzeugung von Stahl, vor allem in höheren Güten, sowie Schmiede- und Gussverfahren. Auch wissensintensive Bereiche, zum Beispiel Dienstleistungen in der Planung und Informationstechnik, würden profitieren.
    Zwar sinkt im Laufe der Zeit der Exportbedarf für die Industrienationen pro Kraftwerksbau. Die steigende Zahl der Projekte sorgt hier aber für einen guten Ausgleich. Fazit: Die Kraftwerksmärkte Chinas und Indiens werden auch in Zukunft im heutigen Umfang zur Schaffung und Sicherung von Beschäftigung in Deutschland und anderen Industrienationen beitragen können.

    (Foto auf Anfrage oder im WWW (s. URL))


    Weitere Informationen:

    http://www.fz-juelich.de/oea/PM2000/2000_24_Leibfried-Preis.html


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Informationstechnik, Mathematik, Physik / Astronomie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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